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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 7. September 2010; 23:00
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Film:

> Sehnsucht nach der Revolution

Nica-Brigaden-Erinnerungen im Stadtkino

"Einmal mehr als nur Reden" ist der Titel eines Filmes von Anna
Katharina Wohlgenannt, der Spuren einer oesterreichischen
Nicaragua-Brigade nachzeichnet. Anhand ausgewaehlter
InterviewpartnerInnen wird die Geschichte von 50 OesterreicherInnen
beschrieben, die im Februar 1984 die Arbeitsbrigade "Februar 34"
gegruendet hatten und fuer etwa einen Monat nach Nicaragua
aufgebrochen waren, um unter schwierigen Bedingungen ein
Gemeindezentrum zu errichten. Der politische wie persoenliche
Hintergrund der ProtagonistInnen ist gekonnt gewaehlt und spiegelt die
Vielfalt der unterschiedlichen Motive wider, sich an diesem Projekt zu
beteiligen. Ein ehemaliger Pfarrer aus Linz, etwa, welcher der
Befreiungstheologie nahe steht, katholisch gepraegte, junge
Christinnen, Architektinnen, eine spaetere Psychotherapeutin, ein
kommunistischer Arbeiter und AktivistInnen aus autonomen
Basisbewegungen vermitteln die unterschiedlichen Zugaenge zum
gemeinsamen Ziel, dem Aufruf der sandinistischen Befreiungsfront FSLN
1983 nach internationaler Solidaritaet und Unterstuetzung in einer
Situation nachzukommen, in der die USA die Contras bereits mit
militaerischen Mitteln aufgeruestet hatte und das Land von
US-amerikanischen Kriegsschiffen umstellt wurde, eine kriegerische
Intervention war nicht mehr auszuschliessen.

Die InterviewpartnerInnen vermitteln ihre Sehnsucht, an einem
revolutionaeren Prozess unmittelbar beteiligt zu sein; dass eine
Revolution machbar ist, beeindruckte vor Ort, die Ernuechterung setzte
spaeter ein. Die ProtagonistInnen erzaehlen 2010 von ihren
Sehnsuechten und konkreten Erlebnissen, als haetten sie sich erst
gestern zu diesem Abenteuer entschlossen, so nah scheint die
Erinnerung. In allen gemeinsam lebt der Wunsch weiter, die Welt
veraendern zu wollen. Bei der Zuseherin/dem Zuseher entsteht
unweigerlich der Eindruck, dass es sich lohnt, zu kaempfen, bzw. fuer
die eigene Ueberzeugung einzustehen. Es draengt sich einem die
Botschaft auf: 'Wer kaempft, kann verlieren, wer nicht kaempft, hat
schon verloren.' Charmant herausgearbeitet wird das Bestreben der
ProtagonistInnen, sich mit ihren Erfahrungen konkret in Oesterreich
einzubringen, auch um das in den buergerlichen Medien, allen voran im
Staatsfunk vermittelte Bild der SandinistInnen zu relativieren. Sehr
passend fliesst eine Club 2-Diskussion ein, welche die sandinistische
Befreiungsfront diskreditiert. Es wird das Verhaeltnis von Herrschaft
und ihren Handlangern, den buergerlichen Medien vor Augen gefuehrt.
Die Schlussszene beruehrt und rundet den Kontext ab, dass Widerstand
und der Versuch, eine alternative Lebensform zu finden ueberall
passieren kann, sogar in Wien, vermittelt durch die Einblendung von
Archivmaterial zur Raeumung der Aegidi-Gasse. Man/Frau moechte mehr
erfahren, Fragen stellen. Welchen Einfluss hatte das
Nicaragua-Abenteuer konkret auf die weitere Lebensplanung, den
weiteren Lebensentwurf? Was hat sich im Denken veraendert? Man/Frau
moechte mehr erfahren ueber die politischen Grundhaltungn und
Ueberzeugungen, diese bleiben ueber weite Strecken sehr im Allgemeinen
und sind damit fuer vorurteilsbehaftete, schubladisierende Denkmuster
offen. Basisinformationen ueber die heute gelebte politische
Grundhaltung und wie diese mit dem sich im Jetzt befindenden
Lebensentwurf sowohl in Einklang als auch im Widerspruch steht, werden
ebenso offen gelassen wie die konkreten politischen Ueberlegungen,
nach Nicaragua aufzubrechen. Langer Rede kurzer Sinn: Es ist schade,
den ProtagonistInnen nur 72 Minuten lang zuhoeren zu duerfen.
*Rosalia Krenn*

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EINMAL MEHR ALS NUR REDEN ab 08.10. im Wiener Stadtkino
Fotos, Interviews und Texte zum Film: http://www.geyrhalterfilm.com



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