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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. Juni 2010; 19:32
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Palaestina-Debatte:

> Auch unsere Verantwortung

Es ist ein Trauerspiel. Letzte Woche dachte ich noch, dass es sinnlos
waere, in der akin zu den juengsten Vorfaellen im Palaestina-Konflikt
irgendwas zu sagen. Es ist ja doch schon alles gesagt. Und wie die
Debatten laufen werden, war auch klar.

Aber die Debatten und Manifestationen hier in Oesterreich werden immer
katastrophaler. Da haelt ein Demonstrationsteilnehmer bei der Wiener
"Free Gaza"-Demo am 1.Juni ein Schild hoch auf dem steht "Wach auf,
Hitler!" -- und niemand schmeisst ihn raus (1). Da wird von der
anderen Seite jeder, der Kritik am israelischen Angriff uebt, als
Antisemit, Islamist oder Idiot geoutet, wie "Cafe Critique" es tut
(2).

Das ist alles unertraeglich! Seit 6 Jahrzehnten gibt es diesen
Konflikt in Palaestina und die Reaktionen sehen so aus? Dazu kommen
noch die Kommentatoren, die diskutieren, wer denn nun recht habe in
dieser Auseinandersetzung.

Ja, auch ich habe dazu eine Meinung, naemlich dass es in der
israelischen Verantwortung steht, den Palaestinensern endlich ein
faires Angebot zu machen -- nicht, weil der Staat Israel die Boesen in
diesem Konflikt repraesentiert oder die, die mehr Unrecht auf sich
geladen haetten, sondern weil Israel einfach die staerkere der beiden
Konfliktparteien ist. Der Staerkere muss nachgeben, der Schwaechere
kann es nicht. Aber das ist eben keine Schuldzuweisung, denn eine
solche bringt niemandem mehr etwas.

Dass die Betroffenen dieses staendigen Low-Intensity-Kriegs selbst nur
mehr schwer ueber ihren Schatten springen koennen, ist bedauerlich,
doch nur allzu verstaendlich. Aber warum muessen wir hier das alles
nachstellen? Haetten wir hier nicht stattdessen die Verantwortung,
andere Zeichen zu setzen?

Mir kommt es so vor, als haetten die hiesigen wirklichen oder
vermeintlichen Stellvertreter der Fuehrer der Konfliktparteien
ueberhaupt kein Interesse mehr daran, dass irgendwann einmal Frieden
in Palaestina herrscht -- es sei denn unter der Praemisse der totalen
Vertreibung des jeweils anderen. Interessiert sich ueberhaupt noch
jemand fuer die juedischen und arabischen Menschen in diesem Gebiet,
die wie alle Menschen das Recht haben, in Frieden leben zu duerfen?
Oder kocht hier einfach jeder sein politisches Sueppchen, weil es ihm
gerade so oder so schmecken will?

Es ist naemlich nicht egal, was wir hier tun. Es waere wichtig, dass
denen, die sich so grossartig immer "Zivilgesellschaft" nennen, einmal
klar wird, dass sie genau diese Frontstellung immer wieder
unterstuetzen.

In Israel wie in den palaestinensischen Gebieten gibt es heute eine
starke Friedensbewegung und die wird dort auch gehoert. Und sowohl bei
der israelischen Regierung als auch bei der Hamas ist sie nicht
beliebt. Diese Friedensbewegung braeuchte internationale
Unterstuetzung, mit deren Forderungen muessten wir zehntausende
Menschen auf die Strasse bringen und zwar einem Aufruf folgend, der
vielleicht sogar von der Antiimperialistischen Koordination und der
Israelitischen Kultusgemeinde und all den anderen gemeinsam formuliert
worden ist.

Ja, ich traeume. Aber wahrscheinlich ist das manchmal notwendig.
*Bernhard Redl*

*

(1) Hitlerplakat auf der Gaza-Demo in Wien:
http://www.youtube.com/watch?v=M2nfjSSkF8M
(2) Zum Beispiel in:
http://cafecritique.priv.at/blog/2010/06/06/unnutzer-idiot-henning-mankells-abrechnung-mit-israel/


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