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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. Mai 2010; 17:01
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Antifaschismus/Gedenken/Debatte:

> Befreiung oder Kapitulation?

Der 8.Mai 1945 war der Tag der Unterzeichnung der Kapitulation
Nazideutschlands vor der Roten Armee. An diesem Tag wurde "wir
befreit". Aber was heisst das heute? Wie frei sind wir jetzt? Und wer
nutzte 2010 diesen 65.Jahrestag zu welchen Aussagen?

Wir drucken zwei sehr kontroversielle Texte zu diesem Thema ab. Der
eine ist ein Aufruf (vom 13.April) zur Befreiungsdemo, der andere ist
eine Kritik daran durch die Gruppe Gegenstandpunkt.

Der Widerspruch dieser beiden Texte kann vielleicht den aktuellen
Stand, aber auch die Verwerfungen dieser Diskussionen widergeben.

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> "Wer nicht feiert, hat verloren!"

"Sie wollten den totalen Krieg haben. Wir haben ihnen gegeben worum
sie gebettelt haben." - Sir Arthur Harris

Am 8. Mai 2010 jaehrt sich zum 65. Mal die Zerschlagung der
nationalsozialistischen Herrschaft. An diesem Tag feiern wir die
Niederlage des deutschen Reiches, das Ende von Mord und
Unterdrueckung, die Befreiung der Gefangenen aus den Konzentrations-
und Vernichtungslagern - und trauern um die Ermordeten der Shoah.
Ebenso trauern wir um die ermordeten Homosexuellen, Roma und Sinti,
Euthanasie-Opfer, "Asozialen" und politischen Gegner_innen des
Nationalsozialismus. Am 8. Mai feiern wir diejenigen und danken
denjenigen, die diesem Treiben ein Ende setzten. Gleichzeitig bleibt
aber das Entsetzen, dass die Niederlage der Nazis um so vieles zu
spaet erfolgte und dass essenzielle "Errungenschaften" des NS bis
heute weiterbestehen.

Die Alliierten, welche in Oesterreich und Deutschland 1945 die
Einfuehrung einigermassen zivilisierter Zustaende erzwangen, werden
immer noch als Besatzer_innen und nicht als Befreier_innen gesehen.
Die personelle Kontinuitaet nach 1945, das Buhlen der Parteien um die
Stimmen der "Ehemaligen" ist bloss ein Symptom fuer die ideologische
Kontinuitaet.

Resultate des NS, wie die Stiftung einer Volksgemeinschaft, ihre
innige Beziehung zum Staat, sowie duerftige Bemuehungen, offenen
Antisemitismus durch andere Formen wie den Antizionismus zu verdecken,
bestimmen den Charakter der Nachfolgestaaten. Das Schweigen ueber die
eigene Beteiligung an der Shoah wirkt einigend und entlastend; die
Behauptung, erstes Opfer des Nationalsozialismus gewesen zu sein,
wurde zur Gruendungsluege Oesterreichs, die vor allem gegen die
Ueberlebenden der Verfolgung oft in Stellung gebracht wurde und noch
immer wird.

Waehrend die oesterreichische Oeffentlichkeit gar nichts bis wenig zum
65. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus zu sagen hat -
positive Ausnahme davon bildet die antifaschistische Befreiungsfeier
in Klagenfurt - sind die Einzigen, die am 8. Mai oeffentliche
Gedenkveranstaltungen abhalten, Rechtsextreme, Burschenschaften und
Neonazis, die der untergegangenen Volksgemeinschaft hinterher trauern.
So kuendigt die neonazistische NVP rund um Robert Faller einen
sogenannten "Trauermarsch" in Oberoesterreich an, ein neonazistisches
Spektakel, das der rechtsextremen Szene in Oberoesterreich eine
weitere Moeglichkeit zur oeffentlichen Verherrlichung des
Nationalsozialismus bietet. Doch auch in der "Weltstadt" Wien findet
das jaehrliche Totengedenken, organisiert vom Wiener Korporationsring
(WKR), statt. Die deutsch-voelkischen bis rechtsextremen Maennerbuende
begehen den 8. Mai als "Tag der totalen Niederlage", als Redner treten
immer wieder hochrangige FPOe-Politiker in Erscheinung, wie H.C.
Strache (2004) oder der Europaparlamentarier Andreas Moelzer (2006).
Dabei zeigt sich die Funktion rechtsextremer Burschenschaften als
Bindeglied zwischen der parlamentarischen FPOe und der militanten
Neonazi-Szene. So finden sich unter den Zuhoerer_innen bekannte
Neonazigroessen wie etwa der Ex-VAPO-Fuehrer Gottfried Kuessel. Er
gilt als einer der engsten Vertrauten des vom Dokumentationsarchiv des
oesterreichischen Widerstands als rechtsextrem eingestuften Horst
Jakob Rosenkranz, Ehemann der FPOe-Praesidentschaftskandidatin Barbara
Rosenkranz, die sich der oeffentlichen Unterstuetzung durch die NVP
gewiss sein kann, liege sie ja "voll auf NVP-Linie". Am 8. Mai zeigt
sich, was in Oesterreich Normalitaet heisst: Der Ausdruck eines
vollstaendigen Fehlens einer von den Alliierten betriebenen
Reeducation, eines der wesentlichsten Unterschiede zur BRD.

Das wesentliche Merkmal des NS war der rassische
Vernichtungsantisemitismus in Verbindung mit voelkischem Gedankengut.
Vom Grossbuerger_innentum bis zur Arbeiter_innenklasse - alle waren
mit dabei: Zuschauen, wegschauen, mitmachen, wegmachen. Im
Antisemitismus kam die Volksgemeinschaft zu sich selbst. Nach 1945
wurde das "Wegmachen" zwar von den Alliierten gestoppt, die
ideologische Basis des Antisemitismus blieb aber erhalten. Das zeigt
sich auch heute noch etwa im vergangenen FPOe-Wahlkampf in Vorarlberg
an Wirtshaustischen und in Internetforen. Gerade weil offener
Antisemitismus aber in zivilisierteren Regionen Oesterreichs
mittlerweile nicht mehr zum guten Ton zaehlt, kam es zur Herausbildung
neuer Erscheinungsformen, z.B. des "sekundaeren Antisemitismus", der
vor allem der Abwehr der "eigenen" Schuld dient: Juedinnen und Juden
werden nun dafuer kritisiert, immerzu von der Shoah zu sprechen und
staendig Entschaedigungen zu verlangen, anstatt einmal einen
"Schlussstrich" zu ziehen und "die Vergangenheit ruhen zu lassen".
Besonders offensichtliches Beispiel ist der antisemitische Reflex des
Kunstsammlers Rudolf Leopold, dessen "Sammlung Leopold" sich weigerte,
arisierte Kunstwerke an ihre juedischen Besitzer_innen zurueckzugeben,
denn: "Diesen Leuten [d.h. den Juden, Anm.] geht es nur ums Geld."

Der "sekundaere" Antisemitismus wird auf internationaler Ebene durch
den Antizionismus ergaenzt. Jenem Staat, der nicht zuletzt als
Konsequenz aus der Shoah gegruendet wurde, um Juedinnen und Juden
relative Sicherheit vor dem weltweiten Antisemitismus zu bieten,
schlaegt als dem "Juden unter den Staaten" weltweiter Hass entgegen.
Dabei bedient sich der Antizionismus ganz aehnlicher Stereotypen wie
der Antisemitismus. Werden die Juden und Juedinnen als abstrakt,
entwurzelt, hinterlistig und kuenstlich imaginiert, so betrachtet der
Antizionismus Israel als einen "kuenstlichen", nicht "organisch
gewachsenen" - sprich unnatuerlichen - Staat (gerade so, als ob es
ueberhaupt irgendwelche natuerlichen Staaten gaebe), der sich nur
aufgrund besonderer Skrupellosigkeit, Unterdrueckung und seiner
diversen Lobbys halten koenne. Der arabische, palaestinensische und
islamische Antisemitismus wird als "natuerliche Reaktion" gegen die
israelischen Niedertraechtigkeiten betrachtet, ohne dessen
pathologische Zuege auch nur ansatzweise erkennen zu wollen. Der
kleine palaestinensische Bub, der alleine mit Steinen gegen die
herannahenden IDF-Panzer kaempft, bietet die ideale Projektionsflaeche
fuer linke wie rechte Revolutionsromantik. Auch fuer postkoloniale
"Feminist_innen" ist was dabei: Die Gleichberechtigung der Hamas kennt
keine Grenzen - auch Frauen duerfen sich in die Luft sprengen. At
least the subaltern can bomb.

Im internationalen Politikbetrieb herrscht strikte Arbeitsteilung:
Waehrend das Terrorfundraising von supranationalen Organisationen wie
der EU uebernommen wird, liefern die Sharia-Rackets des
UNO-"Menschenrechts"rates(1) die legistischen Grundlagen und
"unabhaengige" NGOs wie Amnesty International oder Human Rights Watch
das passende Datenmaterial mit Statistiken, Fotos und Coverstories
fuer Funk und Fernsehen - um Israel das vorzuwerfen, was jeder andere
Staat, der einer aehnlichen Situation der permanenten Bedrohung
ausgesetzt waere, genauso machen wuerde. Dass Israel als besonders
hinterhaeltig und boesartig dargestellt und angesehen wird, ist dabei
voellig unabhaengig vom empirisch beobachtbaren Verhalten Israels. Wer
es darauf anlegt, wird immer etwas finden, mittels dessen die
Beweisfuehrung gelingt, dass Israel der eigentlich Schuldige am ganzen
Nahost-Desaster sei und dass man mit Hamas und anderen
Terrororganisationen verhandeln muesse - immerhin seien sie ja
"demokratisch" legitimiert.(2)

Die eigentlich existentielle Bedrohung fuer Israel geht derzeit aber
von der islamischen Republik Iran aus, deren Atomwaffenprogramm sich
immer mehr seinem Ziel naehert. Das fuehrt aber nicht zu
entschlossenen Schritten gegen die von den Mullahs geplante
Vernichtung. Angesichts dieser globalen antisemitischen Bedrohung
stellt unbedingte Solidaritaet mit Israel als dem Staat der
Shoah-Ueberlebenden und als potentielle Schutzmacht von Juedinnen und
Juden weltweit die notwendige Konsequenz dar, damit der Imperativ "Nie
wieder Auschwitz" nicht zu einer hohlen Phrase verkommt. Es ist
bezeichnend, dass dies gerade in Oesterreich immer wieder gefordert
werden muss und bei weitem keine Selbstverstaendlichkeit ist.

Der 8. Mai soll als jener Tag erinnert werden, an dem das gross
angelegte nationalsozialistische Projekt zur Vernichtung von Menschen
um der Vernichtung Willen erfolgreich zurueckgedraengt worden ist. Wir
erinnern daher an den Einsatz der US-amerikanischen und britischen
Streitkraefte, der franzoesischen Resistance, der
Partisan_innenverbaende, der Deserteur_innen und der
Widerstandskaempfer_innen, die gegen das nationalsozialistische Regime
kaempften. Wir erinnern im Besonderen an den Einsatz der Roten Armee,
die mit ihrem Beitrag zur Befreiung die groessten Opfer hinnehmen
musste. Aus diesem Grund treffen wir uns beim Denkmal der Roten Armee
am Schwarzenbergplatz, um die militaerische Niederlage des
Nationalsozialismus zu feiern und gleichzeitig daran zu erinnern, dass
die Moeglichkeit der Barbarei ebenso fortbesteht wie die
Verhaeltnisse, die sie schon einmal hervorbrachten.

Dennoch: Einmal war der Weltgeist auf unserer Seite und hat den
Muellers und Maiers in Stalingrad und in der Normandie die
Herrenmenschenphantasien mit Gewalt vorlaeufig ausgetrieben und die
Welt vor noch Schlimmeren bewahrt.

In diesem Sinne: Wer nicht feiert, hat verloren! NS-Kontinuitaeten
brechen!
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Fussnoten:
1. Er heisst tatsaechlich so, obwohl er genau das Gegenteil von dem
betreibt, was sein Name suggeriert, was aber kein Wunder ist, wo doch
die Mehrzahl seiner Mitgliedsstaaten seinen Buerger_innen noch nicht
einmal die basalen Grundrechte gewaehrt.
2. Wuerde eine derartige - rein auf die formale Legitimitaet
ausgerichtete - Argumentation auch z.B. auf die FPOe angewendet
werden, die ja genauso "demokratisch" legitimiert ist, wuerden Linke -
ganz zurecht - laut aufheulen. Bei der Hamas ist so eine Argumentation
hingegen ploetzlich voellig in Ordnung.

Quelle: http://8termai.blogsport.de/2010/04/13/8-mai-ein-fest-der-befreiung-2/


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> Befreiungstheorien

Befreiung - 1

Einerseits ist die These von der "Befreiung" am 8. Mai eine schlichte
Geschichtsfaelschung, sozusagen die Befreiungsluege; sie
korrespondiert uebrigens mit der Anschauung von Oesterreich als einem
Opfer des Nationalsozialismus, das befreit wurde. Dem Aufruf "8. Mai:
Ein Fest der Befreiung" ist dabei durchaus zu entnehmen, dass die
Insassen der Lager die einzigen waren, die befreit wurden.

Eine offizielle Variante will den Deutschen ans Herz legen, sie
sollten sich ueber die Niederlage freuen, da sie die "Befreiung
von..." bedeute, naemlich von "Unterdrueckung und Terror des
Nazi-Regimes". Dabei handelt es sich sachlich betrachtet um eine
offene Luege: Das deutsche Volk war sich einig mit seiner damaligen
Herrschaft, litt keineswegs unter deren "Terror" und wollte auch nicht
"befreit" werden, sondern siegen.

Befreiung - 2

Die Sache mit der "Befreiung" ist weiters ein US-amerikanischer Scherz
mit ernstem Hintergrund. Bekanntlich fuehren die USA schon die
laengste Zeit ihre Befreiungskriege - aktuell im Irak und in
Afghanistan, frueher in Vietnam, zwischendurch indirekt in Nicaragua
etc. usw. Diesen eigenartigen Sinn fuer Humor hatten uebrigens auch
die Nazis, die - heutzutage vielleicht nicht mehr so gelaeufig - sogar
"den Russen" von der bolschewistischen Fremdherrschaft befreien
wollten. Das ist naemlich guter imperialistischer Brauch - den eigenen
Krieg als das Beduerfnis der Bekriegten zu feiern. Gar nicht lustig
ist der Anspruch, der sich in so einer Befreiungsveranstaltung geltend
macht: Die USA gehen mit der groessten Selbstverstaendlichkeit davon
aus, es sei das ureigenste Beduerfnis aller guten Voelker dieser Erde,
als Erfuellungsgehilfe, Satellitenvolk oder Verbuendeter der USA
seinen Gang durch die Geschichte zu gehen. Wo sich so ein gutes Volk
dann glatt Widerspenstigkeiten und Unbotmaessigkeiten erlaubt,
schliesst das amerikanische Volk, vertreten durch seine Regierung,
messerscharf darauf, dass dieses gute Volk wohl von seiner eigenen
Regierung unterdrueckt wird, und nur deswegen sein angeborenes
Beduerfnis nach Amerikafreundlichkeit und Amerikahoerigkeit nicht
ausleben kann - weshalb es folgerichtig befreit werden muss, durch
uniformierte Teile des amerikanischen Volkes, die es "in die Steinzeit
zurueckbomben".

Befreiung - 3

In Deutschland und Oesterreich war die "Befreiung" am 8. Mai
jahrzehntelang kein Thema. Das hat sich zumindest in Deutschland nach
dem Mit-Sieg im Kalten Krieg und nach dem Anschluss der DDR gruendlich
geaendert, da wird spaetestens seit dem 50. Jahrestag der Niederlage
der deutsche Erfolg in Sachen Revanchismus gefeiert. Der damalige
Kanzler Kohl hat sich 1995 sozusagen den alliierten Siegesfeiern und
den Siegerfotos aufgedraengt. (Oesterreich dackelt, wie oft in Sachen
Vergangenheitsbewaeltigung, zeitverzoegert und weniger intensiv nach;
es hat auch keinen Landgewinn zu feiern.)

GegenStandpunkt 2-1995 dazu: Als deutscher Gedenktag erscheint der
8.Mai, die Besiegelung einer Niederlage, denkbar ungeeignet, handelt
es sich dabei doch um die ureigenste Angelegenheit der Sieger: Sie
wuerdigen sich und ihre einmal ueberlegene Gewalt, die einen
gefaehrlichen Gegner niedergeworfen hat - das spricht fuer eine
Nation, fuer ihre Groesse, und traegt ihr den Respekt anderer Nationen
ein. Der Verlierer hat auf solchen Feiern nichts verloren. Und wenn er
seinen eigenen Gedenktag abhaelt, so ist dessen Inhalt allemal
Revanchismus - gleichgueltig, ob die Revision der nationalen Schande
nun offen angekuendigt, in Termini des Voelkerrechts eingekleidet oder
als Wiedergutmachung eines Unrechts an einer besonderen Volksgruppe,
den Vertriebenen, hingestellt wird. Nationen tun dabei gerne so, als
muessten sie sich vor Vergesslichkeit warnen, in Wirklichkeit deuten
sie darauf, wie tief der Stachel sitzt und dass er heraus muss. Die
Bedeutungen solcher Gedenktage, die nicht aufs selbe Datum fallen
muessen, aber inhaltlich aufeinander bezogen sind, sind bei Siegern
und Verlierer also genau entgegengesetzt. Deutschland will dies im
Jahre 1995 aber - endgueltig - nicht mehr so sehen. ... Die andere,
eigentlich gemeinte Variante der "Befreiung", die "Befreiung zu...",
konzentriert sich denn auch gleich auf die mit diesem Startschuss
eroeffnete Karriere und auf das rundum gelungene Resultat - es
herrscht der "Stolz auf das Erreichte". Deutschland, Aggressor und
Verlierer zweier Weltkriege, sieht sich nicht mehr als Verlierer und
will sich auch von aussen nicht mehr als Verlierer sehen lassen - es
ist im Verlaufe seiner Nachkriegsgeschichte zur Siegermacht geworden.
Deutschland beansprucht und geniesst in der aktuellen
imperialistischen Weltordnung Gleichrangigkeit. Und nicht nur das:
Seine Aufnahme in das System von "Marktwirtschaft & Demokratie", sein
Mithelfen bei dessen Erfolg, hat sich so sehr gelohnt, dass es seinen
werten Partnern mittlerweile einiges an Vorschriften machen bzw.
manche von deren Wuenschen und Interessen einfach ignorieren kann.
Deutschland ist eine bestimmende Kraft des siegreichen Imperialismus,
in einer Art, wie sie z.B. Frankreich und Grossbritannien -
anfaengliche Siegermaechte - nicht (mehr) so einfach fuer sich
beanspruchen koennen. Die Definition der Kapitulation als "Befreiung
zu..." weist - unter dem durchsichtigen Schleier "Demokratie,
Menschenrechte, Frieden..." - genau darauf hin: Diese Nation hat sich
in der Rangfolge der Nationen sehr weit nach vorn gearbeitet ... der
deutsche Staat schreibt sich dies als seine Leistung zu, er kehrt sie
nach dem Motto "Der Erfolg gibt Recht" demonstrativ heraus und er
sieht sich dementsprechend berechtigt, anderen Staaten ihren Rang
zuzuweisen, d.h. ihnen Handlungsmoeglichkeiten und -grenzen
vorzuschreiben. ... die Rede vom "gewachsenen Deutschland, dem auch
groessere weltpolitische Verantwortung zufaellt" hat sich in einer
Mischung aus methodischem Groessenwahn und tatsaechlicher Verschiebung
der Kraefteverhaeltnisse voll bewahrheitet.

Befreiung - 4

Dann gibt es noch die Trittbrettfahrer des Aufrufs "8. Mai: Ein Fest
der Befreiung", die den Anlass ein wenig uminterpretieren, was ohne
groebere Geschichtsverbiegungen nicht zu haben ist: Der Zweite
Weltkrieg war dieser skurrilen Sicht zufolge ein erfolgreicher Krieg
gegen den "Antisemitismus" - "einmal war der Weltgeist auf unserer
Seite" -, was zumindest die eine Siegermacht heiligt und alle ihre
gegenwaertigen und zukuenftigen Kriege, weswegen der Zweite Weltkrieg
auch nicht schon laenger vorbei ist, sondern ueberall weitergeht, wo
die USA oder Israel zuschlagen. Dass die hierzulande "Befreiten" schon
wieder einem neuen deutschen bzw. oesterreichischen, also einem
verdaechtigen Nationalismus froenen, und nicht dem durch den Sieg
ueber den "Antisemitismus" legitimierten israelischen, das gilt dem
Aufruf als Ausdruck einer noch nicht fertigen, nicht gefestigten
"Befreiung", und da wird es wieder komisch: Einerseits "Bomber-Harris"
positiv zitieren, wenn der sich zum Sieg im totalen Krieg bekennt -
und dann von den Besiegten verlangen, sie muessten sich doch "befreit"
vorkommen? Was denn nun? Einerseits den heutigen Oesterreichern das
unterstellen, was der Aufruf sich unter "Antisemitismus" vorstellt -
um dann von denselben "antisemitischen" Oesterreichern "Solidaritaet"
mit Israel zu fordern? Was denn nun?

"Wer nicht feiert, hat verloren!" - Ach so. Wer will schon ein
Verlierer sein, wenn es so einfach ist, es als eingebildeter Sieger
einmal richtig krachen zu lassen? Man muss sich nur mit der Weltmacht
identifizieren, die schon einmal fuer so einen supertollen "Weltgeist"
unterwegs war, und deren vergangene und gegenwaertige Kriegsluegen
verbreiten. Opportunisten aller Laender, vereinigt Euch in der Feier
des Grundsatzes, dass der Sieg Recht gibt? Haette das Dritte Reich
gewonnen - Sieg heil?
*GegenStandpunkt*


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