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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 6. April 2010; 23:26
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Wien/Kommentar/Arbeit/Jugend:

> Haeupl, Oxonitsch und die Kinderfeinde Wiens

Beim Verein Wiener Kinder-und Jugendbetreuung drohen
Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen


Am 18.Maerz 2010 gab die Geschaeftsfuehrerin des SPOe-nahen Vereins,
Brigitte Kopietz, mittels einer Aussendung an die Dienststellen
bekannt, massive Eingriffe in die Arbeitszeitregelung der
MitarbeiterInnen zu planen. Der Verein sei von der MA 56 beauftragt
worden, ab dem Schuljahr 2010/11 die Betreuung der SchuelerInnen von
ganztaegig gefuehrten Volksschulen, sowie seiner Lern-und
Freizeitklubs, in den Semester-und Osterferien neu zu organisieren.
Kuenftig wuerde die Betreuung in diesen Ferien durch MitarbeiterInnen
des Vereins zu leisten sein. Das ist neu, denn bislang erfolgte die
Betreuung in den Wiener Horten.

Fuer die MitarbeiterInnen des Vereins bedeutet dies zunaechst einmal
Ungewissheit in Bezug auf die Planung von "Urlauben" in den
Semester-und Osterferien 2011, aber auch in Hinblick auf die
kuenftigen Arbeitsbedingungen. "Genauere Informationen sowie die
Umsetzungsdetails" wuerden "gesondert und zeitgerecht mitgeteilt"
werden.

Urspruenglich waren die Semester-und Osterferien arbeitsfreie Zeit,
die waehrend des Schuljahres eingearbeitet werden musste. Eine erste
Veraenderung, und bezueglich des Erholungswertes eine eindeutige
Verschlechterung, brachte bereits die Einfuehrung von verpflichtenden
Weiterbildungsmassnahmen in den Semesterferien. Dies betraf allerdings
nicht die gesamte Dauer, sondern nur einen Teil der Ferien. Nun sei,
laut einer Betriebsrats-Aussendung, von der Geschaeftsfuehrung
geplant, jedE MitarbeiterIn eine Woche, abwechselnd in den
Semester-oder in den Osterferien, fuer Betreuungsdienste
heranzuziehen. Die bisher uebers Jahr einzuarbeitenden 30 Stunden
wuerden durch die neue Regelung wegfallen. Diese sind zur Bewaeltigung
des Betreuungsaufwandes aber unbedingt notwendig und darum gaebe es
kuenftig die "Moeglichkeit" bis zu 30 Mehr- bzw. Ueberstunden zu
machen.

Hinzu kommt, dass die ohnehin aberwitzig hohe zulaessige Anzahl von
Kindern (25/Gruppe und BetreuerIn!!) nicht selten und manchmal bis zu
30 bis 40% ueberschritten wird. Und das im Regel- und nicht im
Notfall!! Den Verantwortlichen des Vereins ist dies wohl bewusst und
so bedankt man sich fuer das "grosse Engagement im Bereich der
Betreuung von Kindern" und lobt die Flexibilitaet der MitarbeiterInnen
"gerade in Zeiten grosser Personalknappheit". Ein feuchter
Haendedruck, nicht mehr! Denn den meisten MitarbeiterInnen des Vereins
droht nun schlecht bezahlte Mehrarbeit. Angemerkt sei noch, dass, laut
Geschaeftsfuehrung, die Weihnachts- und Sommerferien nicht zur
Diskussion stuenden - noch...


Interessant ist die Vorgehensweise in dieser Angelegenheit: Scheinbar
gibt es im 23.Bezirk in der Bendagasse eine Art Pilotprojekt, in
dessen Rahmen eine Ferienbetreuung auf - noch - freiwilliger Basis
durchgefuehrt wird. Es ist daher nicht sehr wahrscheinlich, dass der
Auftrag der MA 56 gaenzlich ueberraschend und unerwartet kam.

Auch ist bekannt, dass die Wiener Stadtregierung seit Jahren den Abbau
von Hortplaetzen plant. Die HortnerInnen werden heute bei Bedarf von
der Gemeinde Wien angehalten in die Kindergartenbetreuung zu wechseln.
Diese sind ausgebildete KindergaertnerInnen, die sich dazu
entschlossen haben Volkschulkinder in Horten zu betreuen und deswegen
eine zusaetzliche Ausbildung absolvieren mussten. Berufswuensche von
MitarbeiterInnen scheinen die Gemeinde Wien aber nicht weiter zu
kuemmern.

Dahinter stehen nicht zuletzt die wahlkampftauglichen
"Gratiskindergaerten" Buergermeister Haeupls, die jetzt offensichtlich
durch den Abbau der Betreuung in den Horten finanziert werden sollen.
Die besser ausgebildeten, zu besseren Arbeitsbedingungen arbeitenden
und daher teureren HortnerInnen sollen demnach sukzessive durch die
billigeren NachmittagsbetreuerInnen des Vereins Wiener Kinder-und
Jugendbetreuung ersetzt werden.

Die Bezahlung der NachmittagsbetreuerInnen ist schlecht. Ein Grund
diese Arbeit trotzdem zu machen, sind sicher die vergleichsweise
guenstigen Urlaubs- und Freistellungszeiten. Trotzdem findet der
Verein schon heute nur sehr muehsam Arbeitssuchende, die sich fuer die
Ausbildung zur NachmittagsbetreuerIn interessieren. Darunter leiden
die MitarbeiterInnen des Vereins, da im Falle von Krankenstaenden
Springerpersonal fehlt und die zu betreuenden Kinder in solchen
Faellen auf das - noch - nicht kranke Personal aufgeteilt werden
muessen. Es ist klar, dass sich solche Maengel auf die Qualitaet der
Betreuung und somit auf die Kinder selbst negativ auswirken muessen.
Eine Verschlechterung bei den - noch - arbeitsfreien Zeiten wird die
Attraktivitaet des Arbeitgebers wohl kaum erhoehen und so das
Interesse am Beruf deR NachmittagsbetreuerIn nicht steigern koennen.

Dies muss den Verantwortlichen bewusst sein. Im Sinne der Kinder und
seiner MitarbeiterInnen muesste sich der Verein gegen die
fortschreitende Verschlechterung im Bereich der Kinderbetreuung
wehren. Aktivitaeten in diese Richtung sind aber keine bekannt.
Vielleicht rechnet man aber auch mit mehr Bewerbungen, wenn sich die
Wirtschaftskrise am Arbeitsmarkt staerker bemerkbar machen und der
Druck seitens des AMS weiter verschaerfen wird. Vielleicht wissen die
Parteifreunde da schon mehr. Vielleicht hat man aber auch einfach nur
keine Konzepte und versucht diese Situation irgendwie zu ueberstehen.
In der Hoffnung, dass sich seitens der betroffenen SchuelerInnen,
Eltern, LehrerInnen, DirektorInnen, HortnerInnen, KindergaertnerInnen
und NachmittagsbetreuerInnen kein allzu grosser Widerstand regt.

Am Beispiel des Vereins Wiener Kinder-und Jugendbetreuung wird die
SPOe-Politik sichtbar. Dem Erbe des Schulreformers Otto Gloeckel (†
1935) spottend, spricht der Stadtrat Christian Oxonitsch von einem
"Arbeitgeber mit hoher sozialer Verantwortung, der bestrebt ist,
seinen MitarbeiterInnen die bestmoeglichen Arbeitsbedingungen zu
bieten" (1) Die Wiener Volksschulen bezeichnet er gar als eine
"Schulwelt" die "noch absolut in Ordnung" sei(2). Diese Darstellungen
sind mehr als nur peinlich und verzerrt. Sie sind eine Leugnung der
Realitaet und lassen fuer die Zukunft nichts Gutes erahnen.
Chronischer Personalmangel, zu hohe Kinderanzahl pro Gruppe/Klasse und
daraus resultierender Stress sind die tatsaechliche Realitaet an den
Wiener Volksschulen. Dass unter diesen Bedingungen die paedagogische
Arbeit leiden muss, erklaert sich von selbst. Wenn Herr Oxonitsch die
Welt der Wiener Volksschulen so schlecht kennt, dann sollte er sich
doch das Ergebnis "Wiens groesster Schulbefragung" zu Herzen
nehmen(2): Mehr als zwei Drittel der LehrerInnen fuehlen sich teils
stark unter Druck Der Herr Stadtrat haette auch die
NachmittagsbetreuerInnen befragen koennen. Hat er aber nicht! Warum
noch mehr Steuergeld fuer kostspielige Umfragen verschwenden, wenn
ohnehin alles fest im (Partei)Griff ist...


Angesichts der Folgen der Wirtschaftskrise stellt sich die Frage nach
der Zukunft der Schule und generell der Kinderbetreuung dringender
denn je. Auch die Diskussion um die Ganztagsschule muss aus diesem
Blickwinkel gefuehrt werden. Ohne den chauvinistischen bzw.
rassistischen Bildungsvorstellungen von OeVP und FPOe das Wort reden
zu wollen, muss darueber offen diskutiert werden! Denn der kommende
Kahlschlag im Sozialbereich, den politische
"VerantwortungstraegerInnen" mit schoenen Reden von heilen
(Schul)Welten verschleiern wollen, wirft die Frage auf, ob das
Ganztagsschul-Modell, beim herrschenden chronischen Personal- Raum-und
Geldmangel, nicht Gefahr laeuft in einer Art Schulkasernen-Modell zu
verkommen. Droht der Rueckfall in eine reaktionaere Paedagogik?
(Anonymus namens "it ain´t funny" auf Indymedia)

Fussnoten
1.) http://netzwerke.oegb.at/br_wiener_kinderbetreuung/ContentServer?
pagename=Netzwerke/Index&nw=br_wiener_kinderbetreuung&
L0=09f4097c90ebcea3e938110a15ea960b&L1=e87325cf0f94276b624a86471a2f6706&

2.) http://oxonitsch.at/101-5-Maerz-2010-Das-sind-die-Ergebnisse-aus-Wiens-groesster-Schulbefragung.html

Quelle: http://austria.indymedia.org/node/17806





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