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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 6. April 2010; 23:12
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Fremde/Recht/EU:

> Widerstand gegen Illegalisierung und Abschiebung

Was in einer Woche alles so passieren kann -- ohne Anspruch auf
Vollstaendigkeit

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Holland, Rotterdam: Besetzung eines im Bau befindlichen
Abschiebezentrums

Es ist fuenf Uhr morgens am 25.3. als etwa 50 AktivistInnen mit der
Besetzung des zukuenftigen Abschiebezentrum Zestienhoven beginnen,
welches 100 Meter vom Flughafen entfernt liegt.

Das "DC 16" ist derzeit noch im Bau, und soll ab naechstem Juni 576
Maennern, Frauen oder Kindern als Unterkunft "dienen", bevor sie
abgeschoben werden. Einige AktivistInnen ketteten sich an die
Hauptpforten, 25 andere steigen aufs Dach des Gebaeudes. Sie breiten
das Transparent "Schande!" aus und dringen in die Raeumlichkeiten ein.
Die Polizei ist schnell vor Ort, die Medien ebenfalls.

Bei blockiertem Zugang zur Baustelle werden alle Arbeiter (wovon
einige Migranten sind) nach Hause geschickt. Die Exekutive verhandelt
vergeblich um den Zugang zum Gebaeude. Tatsaechlich besteht die
Befuerchtung, die Aktivisten koennten Gasdepots auf dem Gelaende zur
Explosion bringen. Bereits letzten Sommer hat ein gelegter Brand die
Baracke der Baustelle zerstoert.

Als die Polizei realisiert, dass niemand gekommen ist, um was auch
immer zur Explosion zu bringen und dass nichts die AktivistInnen dazu
bringen wird, sich zu bewegen, schreitet sie zur Tat (mit grosser
Helikopterverstaerkung). Als sie intervenieren, ist schon wertvolle
Zeit zur Verlaengerung der Besetzung gewonnen.

Wenn auch alle AktivistInnen von den PolizistInnen waehrend des Tages
fotographiert wurden, so konnte doch erreicht werden, dass alle nicht
angeketten AktivistInnen beim Weggehen weder kontrolliert noch
perlustriert wurden. Nach nutzlosen Befehlen begannen die Cops dann
das Zerschneiden der Ketten, alle angeketteten Personen wurden
verhaftet. Darauf folgte die Ueberpruefung der Personalien der
AktivistInnen auf den Daechern, die weitere Stunden beanspruchte und
tatsaechlich, erst gegen 17.15 Uhr (nach zwoelf Stunden Besetzung)
gelingt es der Polizei, die Gruppe auf dem Dach zu verhaften. Um
hochzugelangen, mussten sie sich einer Tonne, die vom Kran aufs Dach
gestellt wurde, verstecken! (1)

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Italien, Ponte Galeria: Warnschuesse bei Revolte in
Abschiebegefaengnis

In der Nacht zum 30. Maerz ist es im Identifikations- und
Abschiebezentrum in Ponte Galeria bei Rom gegen halb ein Uhr Nachts zu
einer Revolte gekommen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Polizei
unter Anderem mit Warnschuessen reagierte. Das sagte ein Migrant, der
mit einem freien Radio telefonierte (im Hintergrund der Unterhaltung
waren deutlich Knalklgeraeusche zu hoeren, der Migrant betonte immer
wieder, es werde nur in die Luft geschossen).

Ein anderer Migrant berichtete am 31.3., von einer "Ueberpruefung" zur
Identifizierung der Akteure der Revolte, weshalb er persoenlich
erleben konnte, wie etliche Mitinsassen nach Regina Coeli gebracht
wurden. Ihn selbst hat man nicht mitgenommen. Die Migranten, die
zumindest theoretisch keine Haeftlinge sind, waren auch am Abend des
31. noch in ihren Zimmern eingeschlossen, bewacht von Carabinieri,
Polizia und Finanzpolizei. Er berichtete von ausgiebigem Gebrauch von
Schlagstoechen und von Beleidigungen waerend der "Ueberpruefungen".

Im vergangenen Monat ist es in zahlreichen Identifikations- und
Abschiebezentren zu Protesten und auch zu Aufstaenden gekommen.
Mithilfe der Aufzeichnungen der Ueberwachungskameras wurden etwa 15
Migranten identifiziert, die nun offenbar von den anderen getrennt
wurden.

Am spaeten Abend des 29. Maerz war es dann zu einem Aufstand gekommen.
Migranten berichteten, dass es Probleme mit der Polizei gab, weil
diese nicht erlaubt haben soll, dass ein Migrant sich Schmerzmittel
aus der Ambulanz holt. Dass die Lebensumstaende untertraeglich sind,
das sagen die Migranten immer wieder. Die Regionalstadtraetin Anna
Pizzo hatte nach einer Revolte am 13. Maerz die Anstalt besucht und
unter anderem berichtet, ein junger Migrant habe jeden Tag in der
Ambulanz vorgesprechen muessen, um seine Finger- und Zehennaegel
schneiden zu koennen. Dies habe man ihm verweigert, weil man dafuer
nicht ausgestattet sei und ihm unmoeglich eine Nagelschere geben
koenne. Anna Pizzo berichtete, dass der Anstaltsleiter, den sie hierzu
befragt hatte antwortete, man habe an alles gedacht, aber nicht an die
Nagelscheren. Das spricht nicht gerade fuer die Bedingungen im
Abschiebezentrum. (2)

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Frankreich, Paris: Sans Papiers geraeumt

Am 1. April wurde in Paris im 6ten Arrondissement in der Rue du Regard
ein Haus geraeumt, dass von 250 ArbeiterInnen der Sans Papiers besetzt
war, die sich im Streik befanden.

Seit Dezember hatten sich die vorwiegend vom Kontinent Afrika
stammenden Menschen im Haus versammelt und gewohnt und ihre
Legalisierung gefordert. Die meisten von ihnen arbeiten ohne Papiere
im Bausektor.

Am Morgen des 1. Aprils, dem Tag der Raeumung, waren nach Angaben
eines CGT-Vertreters etwa 100 Menschen in dem Gebaeude, die sich im
Innern verbarrikadiert hatten. Die Polizei drohte damit die Menschen
mit Gewalt aus dem Haus herauszuholen. Bereits im Februar hatten sich
mehrere hundert Persoenlichkeiten aus Film und Fernsehen, aber auch
Politiker zusammengetan, um die Einwanderer zu unterstuetzen.

Vergangenen Oktober hatten tausende illegale Einwanderer in Frankreich
eine gross angelegte Bewegung mit Streiks und der Besetzung von
Baustellen begonnen, um gegen ihren illegalen Status zu protestieren.
Insgesamt arbeiten nach offiziellen Schaetzungen 200.000 bis 400.000
Menschen ohne gueltige Papiere. Seit 6 Monaten befinden sich 6.000 der
ArbeiterInnen im Streik. (3)
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Alle Berichte bearbeitet, Originaltext-Quellen:
(1) http://ch.indymedia.org/de/2010/03/74711.shtml
(2) mit weiteren Links: http://de.indymedia.org/2010/03/277036.shtml
(3) http://de.indymedia.org/2010/04/277355.shtml


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