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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. Februar 2010; 20:49
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In eigener Sache/Glosse/Aufruf:

> Ratlos

Es gibt Bewegungen, wo mein klassisches Einteilungsmuster versagt. Ja,
stimmt, ich brauche Schubladen. Schliesslich moechte ich doch wissen,
ob ich mich solidarisch, kritisch solidarisch oder ablehnend verhalten
soll.

Okay, manchmal muss man akzeptieren, dass man einfach zwei oder mehr
Seelen in der Brust hat. Das kann bisweilen sogar ein willkommener
intellektueller Stachel sein, um wieder einmal das eigene Wertesystem
auf seine Tauglichkeit zu ueberpruefen. Ganz fuer mich privat ist das
also kein Problem -- aber wie gehe ich damit in der akin um?

Der konkrete Fall: Wir bekommen immer wieder in die Redaktion
Aussendungen iranischer Oppositionsgruppen -- und sind damit ein wenig
ueberfordert. Denn natuerlich ist die iranische Regierung schon noch
ein gutes Stueck schlimmer als die meisten anderen staatlichen
Obrigkeiten. Nicht wegen der moeglichen Atombombengefahr --
schliesslich haben eine ganze Menge Staaten ein weit groesseres
Arsenal als der Iran wohl jemals haben wird, und diesen Staaten traue
ich genauso zu, dass sie bereit sind, die Bombe auch wirklich
einzusetzen (1). Aber die Steinigungen von Frauen und jetzt die
Hinrichtungen von Oppositionellen koennen mir nicht egal sein.

Doch gerade dieser jetzt medial so hofierte Teil der Opposition ist ja
politisch auch nicht wirklich koscher -- er unterscheidet sich
inhaltlich kaum von den Regierungskraeften und seine Fuehrer sind auch
nur Mitglieder der frueheren Nomenklatura der Islamischen Republik.
Der einzige Unterschied zwischen Ahmadinejad und beispielsweise
Mussawi scheint ja wohl zu sein, dass die "Internationale
Gemeinschaft" sich von diesem mehr Unterwerfungshaltung erwartet.

So kommt da also der Demoaufruf (2) einer Gruppe zu uns, die sich
"Junge Gruene Bewegung in Wien" nennt. Identifizieren sich diese Leute
mit den "gruenen" Oppositionsfuehrern im Land? Oder sehen sie sie nur
als kleineres Uebel? Und: Wie sollen wir zu dieser Gruppe stehen?
Sollen wir deren Inhalte zumindest ansatzweise auch in der akin
verbreiten, obwohl sie uns nicht koscher erscheinen? Oder sollen wir
solche Demos nicht einmal im Terminkalender erwaehnen?

Das fragte ich den Rest der Redaktion -- Antwort kam aber keine, weil
auch die anderen nicht wussten, wie damit umzugehen sei. Doch wir
bilden uns ja ein, dass zur akin auch ihr p.t. Publikum gehoert und
daher fragen wir Euch: Was denkt ihr, wie die akin oder generell die
Linke mit dieser Bewegung umgehen sollte?
*Bernhard Redl*

*

(1) Siehe auch Bericht ueber die Atomabruestungsdebatten in diesem
akin-pd: "Strahlende Zukunft: Routenplan zur atomwaffenfreien Welt"

(2) Die angesprochene Demo trifft sich am 11.2. um 17h beim
Museumsquartier, um dann zur Iranischen Botschaft zu marschieren.



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