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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 13. Oktober 2009; 19:57
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Buecher:

> Aufgefrischte Defizite

Christine Werner:
Die Arbeitslosenpolizei.
Arovell, 2009, 150 Seiten
ISBN-10: 3902547766
ISBN-13: 978-3902547767

"Den Erwerbslosen wird schliesslich auch etwas gegoennt: die
regelmaessige Kopfwaesche beim Arbeitsmarktservice." - Christine
Werner beschreibt in ihrem Buch "Die Arbeitslosenpolizei" den
AMS-Alltag, insbesondere in Kurseinrichtungen:
Datenschutzverletzungen,
"Besuchst-du-den-Kurs-dann-wirst-du-Arbeit-finden"-Erfolgsluege,
arbeitsrechtliche Verstoesse in Praktikums-"Boersen", psychische
Gewalt und andere AMS-Auswuechse mehr. Illustrationen von Carina
Klammer ergaenzen die pointierten Berichte.

Das auf Recherchen basierende Buch reiht sich damit in die seit Jahren
geuebte Kritik von Erwerbsloseninitiativen ein. So beschreibt die
Autorin exemplarisch Ereignisse und Dynamiken beim Ablauf eines
mehrwoechigen Kurses. Diese so genannten Aktivierungs- oder
Fortbildungsmassnahmen, die laut Kursunterlagen beispielsweise die
"Auffrischung schulischer Defizite" zum Inhalt haben koennen
(Christine Werner: "Vielleicht werden ja wirklich Defizite
aufgefrischt."), fasst die Autorin als "disziplinierende
Beschaeftigungstherapie" zusammen: "So ein Heer von
Beschaeftigungslosen braucht eine Beschaeftigungstherapie, muss
regelrecht eingesperrt werden, damit es sich nicht gegen das System
verschwoert."

Disziplinierung wiederum findet vielfach durch Entwuerdigung und
Demuetigung, andererseits durch Androhung von Strafen gegenueber den
KursteilnehmerInnen statt. "Die am haeufigsten ausgesprochene Drohung
gegenueber Erwerbslosen ist also die Streichung des Taggelds.
Fallbeispiele fuer frei erfundene Gruende, warum ein Erwerbsloser
Gefahr laufe, seine Bezuege zu verlieren, sind zahlreich und immer
wieder haarstraeubend." Dass diese Strategie funktioniert, liege am
mangelnden Wissen ueber die eigenen Rechte als
ArbeitslosengeldbezieherIn. Auch die Rechte der Kursinstitute sind den
Arbeitslosen zuwenig bekannt - sie sind jedenfalls bei weitem weniger
umfassend als gerne behauptet. Gerade diese Mischung aus Unkenntnis
und Machtgehabe mache die Situation schwierig. Doch, so Christine
Werner, wichtig sei vor allem "die Unterscheidung zwischen
gesetzlicher Auflage und Schikane. Um diese Unterscheidung treffen zu
koennen, braucht es ein Training zum muendigen Staatsbuerger und
sichere Kenntnisse ueber die Rechtslage. Ein AMS-Kurs ist zwar das
Gegenteil davon, ereignet sich aber hervorragend zum Ueben."

In diesem Sinne bietet die Autorin Handlungsanleitungen an. Mit
Hinweisen auf die ARGE Datenschutz oder das Arbeitsinspektorat gibt
die Lektuere Anregungen, sich zur Wehr zu setzen. In dem vorgefuehrten
Kursbeispiel nehmen zwei Kursteilnehmerinnen den Kampf gegen das
Kursinstitut auf und setzen - allen Blockaden und Hinhaltetaktiken zum
Trotz - die Loeschung von Eintraegen ueber ihr Verhalten waehrend des
Kurses aus den so genannten Entwicklungsboegen durch. Die
Kursinstitutsleitung hatte vorwurfsvoll gejammert, sie wisse nicht,
wie sie das Fehlen dieser Daten dem AMS erklaeren solle.

Christine Werner moniert das Fehlen einer Vertretung von
Erwerbsloseninteressen im Parlament und in den Gewerkschaften. Dieses
Manko wird auch bei den anstehenden Novellen der Novellen der
Arbeitslosenversicherungsgesetze wirksam sein und zur weiteren
Aushoehlung von Erwerbslosenrechten fuehren. Die Lektuere des
vorliegenden Buches sei auch jenen RealitaetsverweigerInnen empfohlen,
die, wie zuletzt eine SPOe-Abgeordnete, Berichte ueber Missstaende
beim AMS sowie Kritik an den Kursen als "staedtische Legenden"
abqualifizierte. Denn, so ihre "Erklaerung", waere all dies wahr,
waere das Agieren des AMS doch glatt eine Verschwendung von
Steuergeldern!
(Daniela Koweindl, IG Kultur)


Quelle: http://igkultur.at/igkultur/kulturrisse/1251290502/1251384651


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