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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 22. September 2009; 18:51
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Glosse:

> Sausi und Dr. Joe im Netz

Spaetestens seit Obamas erfolgreicher Kampagne twittern und facebooken
auch Oesterreichs Politiker. Selbst solche Kanzelprediger wie Herbert
Sausgruber und Josef Puehringer kommen nicht drum herum, sich auch in
diesen Foren zu betaetigen -- oder besser betaetigen zu lassen, denn
dafuer hat man ja seine Leute.

Wenn man sich allerdings deren Facebook-Repraesentanzen ansieht, wird
klar: Sie verstehen das Medium nicht. In Sausgrubers Facebook-Gruppe
geht es sehr bieder zu. Alle lieben "Sausi", ist der Tenor, diskutiert
wird nicht. Die Eintraege wirken irgendwie wie das Protokoll einer
OeVP-Ortsgruppensitzung. Ausser guten Wuenschen fuer die (bis vor
kurzem noch) bevorstehende Wahl gibt es eigentlich nur Infos von
deklarierten VPlern zum Wahlkampf und ueber einige
VP-Teilorganisationen. Sonderlich spannend fuer wankelmuetige Waehler
ist das nicht -- aber zumindest nicht krampfhaft auf jugendlich
getunt, was durchaus nicht unangenehm erscheint. Innovation ist hier
aber sicher nicht zuhause.

Anders bei Puehringer. Dessen Repraesentanz ist eine einzige
Peinlichkeit. Er hat auch keine "Gruppe", also ein Forum fuer
Gleichgestellte, ins Netz gebracht, sondern eine "Fanpage". Wer hier
hineinschreiben moechte, muss sich daher zuerst einmal als "Fan"
deklarieren -- als waere Puehringer ein Popstar. Dementsprechend
schauen auch die Postings aus: "ALLES FUeR OBEROeSTERREICH!" schreibt
da einer in Blockbuchstaben. Ein anderer dichtet: "Ho!Ho!Ho! Doktor
Joe! OOe Go! Weiter so!" Eine Dame wird richtig hymnisch: "Josef
Puehringer ist einzigartig, ehrlich, geradlinig, direkt, hat
Handschlagqualitaet und ist DER RICHTIGE Mann, der unser Land in die
Zukunft fuehrt!" Das sind keine Ausnahmen, sondern die Mehrzahl an
Postings ist in der Art. Ein Unternehmer meinte diese Seite gar fuer
Gratiswerbung benutzen zu koennen: "Sauber-Sauber die Politik unseres
Herrn Landeshauptmann genau so wie unser Firmenname und unsere
Richtung in Bezug auf Waescherei und Textilreinigung." Das konnte
problemlos stehen bleiben, doch so manche aetzende Bemerkung von
Kritikern (die es doch wagten, auf den "Ein Fan werden"-Button zu
klicken) wurde geloescht mit der Bemerkung: "Politische Diskussion ist
auf dieser Facebook-Seite sehr erwuenscht. Wir bitten Sie aber diese
auf einem Niveau zu fuehren, das niemanden beleidigt oder
herabwuerdigt, und ersuchen um Verstaendnis, dass Kommentare, die
diese Grenzen ueberschreiten, geloescht werden muessen ..."

Daneben hat man dann noch hie und da die Werbung fuer
Wahlkampfauftritte Puehringers oder ein Bild, wo man den Landesherren
beim "Internationalen Lederhosentreffen" sieht. Das schoenste aber ist
ein viereinhalbminuetiges Promotionvideo mit huebschen
Landschaftsbildern und dem schmalzigen Lied "Unser Dahoam", wo
Puehringer in die Kamera laechelt, als haette er am siebenten Tage
Oberoesterreich erschaffen.

Das kommt halt heraus, wenn die Alt-Herren-Riege der OeVP versucht,
Obama zu kopieren. Obama war bei seinem Wahlkampf tatsaechlich einem
Popstar nicht unaehnlich, aber er nutzte das Medium auch tatsaechlich
zur Diskussion -- was OeVP-Landesfuersten nie einfiele. Dabei kann
eben, wie bei Sausgruber, nur ein fades "Ich bin auch in Facebook"
oder, wie bei Puehringer, eine schlechte Kopie herauskommen -- aber
nicht von Obama, sondern von Strache.

Dass derlei Netzaktivitaet ueberhaupt keine Attraktivitaet fuer
politisch interessierte Nicht-OeVPler darstellt, kann uns ja nur recht
sein. Zu bedenken ist aber, dass genau solche Politiker auch Medien-
und Bildungspolitik betreiben und glauben, sie haetten eine Ahnung
davon.
*Bernhard Redl*



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