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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 10. Maerz 2009; 17:36
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Kapitalismus/Ganz Rechts:

> Der starke Mann

Es wird wieder nach starken Maennern gerufen. Wenig ueberraschend
kommt der Ruf aus den Reihen der FPOe. Der Ring Freiheitlicher
Wirtschaftstreibender (RFW) fordert unverhohlen die Diktatur auf Zeit.

"Wir koennen den Wirtschaftsstandort nur dann nachhaltig sichern, wenn
wir die Sozialpartner sowie die Politik fuer die Dauer der Krise
karenzieren, damit nicht noch mehr Unheil angerichtet wird". Zitat aus
einer Resolution, die der Bundesvorstand der RFW am Freitag in
Salzburg verabschiedete. Der unverhohlene Ruf nach der Diktatur -
offiziell nur auf Zeit: "Aufgrund der nicht mehr reparierbaren
Vertrauenskrise in die Politik verlangen wir vom Parlament den
Beschluss eines Notgesetzes. Den Betrieben muss erlaubt sein,
eigenstaendig und ohne Einfluss der Sozialpartner und der Politik,
einzig und allein im Einvernehmen mit allen im Betrieb Betroffenen,
massgeschneiderte Ueberlebensstrategien zu treffen und umzusetzen".
Der Nationalrat soll sich selbst ausschalten, die Gewerkschaften haben
in der Krise nichts mitzureden. Einzig der Unternehmer entscheidet.
Eine Forderung des RFW aus dem Maerz 2009. Die Sprache erinnert an
gluecklicherweise vergangene Zeiten: "Denn genau dort (in den
Unternehmen, Anm.) wird der Ueberlebenskampf gefuehrt. An dieser Front
muessen die Entscheidungen getroffen werden und nicht in den
Tintenburgen der Verwaltung und der Politik".

Die freiheitliche Arbeitnehmerorganisation scheint sich an derartigen
Sagern nicht zu stossen. Keiner der FPOe-"Gewerkschafter" hat auf die
Diktatur-Forderungen der Parteikollegen reagiert (ich kann mir gerade
noch den Ausdruck Parteigenossen verkneifen). Offener Widerspruch
sieht anders aus. Die "Freiheitlichen Arbeitnehmer", wie sie offiziell
heissen, werben auf ihrer Homepage lieber mit Slogans wie "Arbeit ist
Heimat". Die Wirtschaftskrise findet aus Sicht dieser "Gewerkschafter"
offenbar nicht statt.

Auch FPOe-Chef Heinz Strache sieht offenbar keinen Widerspruch zu
seiner angeblichen politischen Linie, den "kleinen Mann" zu vertreten.
Offenkundig ist die RFW-Forderung, was er sich unter "Sozial statt
sozialistisch" vorstellt. Inserate mit diesem Slogan laesst Strache in
Wiener Medien schalten. Im "Kampf um Wien". Im Interview mit der
Gratis-Zeitung "Heute" fordert er eine 5-Milliarden-Steuerreform fuer
Lohnabhaengige und uebt sich in platter Kapitalismus-Kritik. Ein
Schuss Rassismus darf nicht fehlen. Migrantenkinder sollen zwei
Vorschuljahre machen muessen, findet Heinz Strache. Die
Diktatur-Forderungen seines RFW sind keine Silbe wert. So stellt man
sich Politik fuer Lohnabhaengige vor. Vollmundige Interviews geben und
abseits der Oeffentlichkeit das Gegenteil beschliessen. Der
Freiheitliche mit seiner vor dem Spiegel eingeuebten Mimik geht
offenbar davon aus, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter, um deren
Stimmen er buhlt, den offenen Widerspruch zwischen dem Plakatierten
und den offenbar wahren Zielen nicht erkennen.

Eine Hoffnung, die nicht unbegruendet sein duerfte. Die politischen
Mitbewerber haben bislang ebenfalls nicht auf die RFW-Forderungen
reagiert. Vielleicht haben sie sie uebersehen. Vielleicht nimmt man
den RFW nicht sonderlich ernst. Seit dem Rosenstingl-Skandal irgendwie
nachvollziehbar. Es wird aber nicht der letzte Ruf nach dem Starken
Mann in der Krise sein, der aus dieser Ecke kommt. Es wird nicht die
letzte Anlehnung an NS-Jargon sein. Und es wird nicht nur der RFW
sein, der die Diktatur des Kapitals fordert.

Ohne in Panik zu verfallen - ein wenig Gegenarbeit leisten koennte man
schon. Die RFW-Forderungen eignen sich als Instrument, um die Blauen
in ihrer Widerspruechlichkeit und Ignoranz vorzufuehren. Das
funktioniert nur, wenn sich ernstzunehmende politische Parteien nicht
wieder zu fein sind, den ideologischen Kampf auch mal mit einer
Polemik zu fuehren. Es geht nicht darum, einen Schoenheits- oder
Fairnesspreis zu gewinnen. Es geht darum, dem Rechtsradikalismus in
diesem Land das Wasser abzugraben. Vornehme Zurueckhaltung ist fuer
philosophische Zirkel in Kaffeehaeusern geeignet. Nicht fuer die
politische Diskussion auf der Strasse.
*Viktor Englisch*



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