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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. Dezember 2008; 23:56
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Deutschland:

> US-Deserteur will Asyl

Ein Techniker der US-Armee erkannte in seiner Arbeit im Irak einen
Beitrag zu einem Tun, das nichts mehr mit seinem Eid gemein hat. Er
zog die Konsequenzen und verliess die Armee unentschuldigt. In seiner
Heimat koennte ihm dafuer sogar die Todesstrafe drohen. In Deutschland
erhofft er sich Asyl. Erklaerung von André Shepherd auf einer
Pressekonferenz in Frankfurt am Main.

Mein Name ist André Shepherd. Ich war Mitglied der US-Armee, bis mir
klar wurde, dass mein Gewissen mir nicht laenger erlaubt, dort weiter
zu dienen. Ich bin zur Zeit unerlaubt abwesend (AWOL) und werde in
Deutschland politisches Asyl beantragen. Ich bitte Sie fuer dieses
schwierige Unterfangen um Ihre Unterstuetzung. Im Januar 2004 ging ich
zur Armee, begann als einfacher Soldat und arbeitete mich zum
Spezialisten hoch, bis ich meine Einheit im Juni 2007 verliess. Die
meiste Zeit meines Dienstes war ich in Katterbach (Deutschland) beim
412. Luftwaffenunterstuetzungsbataillon stationiert.

Von September 2004 bis Februar 2005 wurde ich mit meiner Einheit in
den Irak versetzt. Dort lautete mein Auftrag, Hubschrauber des Typs
Apache AH-64 zu reparieren und instand zu halten. Sie wurden dann
benutzt, um die Infanterie zu unterstuetzen oder "feindliche Kaempfer"
zu finden und zu vernichten. Mein Job schien harmlos zu sein, wenn man
nicht beruecksichtigt, welche Zahl von Toten und welche Zerstoerung
diese Hubschrauber bei den Zivilisten im Irak verursacht haben. Als
ich las und hoerte, wie Menschen von den Maschinengewehren zerfetzt
oder von den Hellfire-Raketen regelrecht in Stuecke gerissen wurden,
und erfuhr, wie Gebaeude und Infrastruktur zerstoert wurden, begann
ich mich zu schaemen fuer das, was ich da tat. Es war ein widerliches
Gefuehl, mir eingestehen zu muessen, dass ich im Grunde Tag fuer Tag
am Abschlachten von stolzen Menschen beteiligt war. Der zweite Kampf
um Falludscha ist ein markantes Beispiel dafuer, welche Zerstoerung
diese und andere Waffen unter der Bevoelkerung anrichten koennen. Ich
glaube, dass die Apache-Hubschrauber fuer einen bedeutenden Teil der
getoeteten Zivilisten im Irak verantwortlich sind, deren Zahl zuletzt
auf 500.000 geschaetzt wurde. Ich bin beschaemt, dass ich an diesen
abscheulichen Handlungen beteiligt war, und ich schwoere, dass ich
diesen Fehler niemals mehr machen werde.

Als ich zur Armee ging, legte ich den Schwur ab, "die Verfassung der
Vereinigten Staaten gegen alle Feinde im Ausland oder im Land selbst
zu stuetzen und zu verteidigen". Nach meiner Verlegung in den Irak
begann ich mich aber zu fragen, ob das, was ich dort tat, wirklich
meinem Eid entsprach. Viele Monate lang habe ich nach den Gruenden
fuer die Kriege im Irak und in Afghanistan und fuer das, was das
US-Militaer in diesen Laendern tut, geforscht. Ich kam zu dem Schluss,
dass beide Invasionen nach dem US-Recht und auch nach internationalem
Recht illegal waren. Wir haben Nationen zerstoert, fuehrende
Persoenlichkeiten getoetet, Haeuser gepluendert, gefoltert, entfuehrt,
gelogen und nicht nur die Buerger und fuehrenden Politiker der
feindlichen Staaten, sondern auch die unserer Verbuendeten
manipuliert. Ich kann nicht mehr mit gutem Gewissen weiter Dienst in
der US-Armee leisten.

Das US-Militaer bietet denjenigen keine Moeglichkeit der Entlassung
an, die davon ueberzeugt sind, dass man sie in einen illegalen Krieg
schickt, die aber glauben, dass angemessene Gewalt gelegentlich
notwendig ist. Ich musste waehlen: Entweder musste ich meine
Ueberzeugung ignorieren oder das Militaer unerlaubt verlassen. Fuer
mich war der richtige Weg eindeutig: Ich musste das Militaer
verlassen.

Gerade in Deutschland!

Es passt vielleicht, dass ich gerade in Deutschland Asyl beantrage,
dem Land, in dem vor 60 Jahren die Nuernberger Prozesse begannen.
Eines der wichtigsten Prinzipien, auf die diese Verfahren sich
stuetzten, war, dass niemand sein Handeln damit rechtfertigen kann, er
habe lediglich Befehle befolgt. Wenn ich in der US-Armee geblieben
waere und weiter an den Kriegen in Irak und Afghanistan teilgenommen
haette, koennte ich nicht rechtmaessig argumentieren, ich haette nur
meinen Job gemacht. Hier in Deutschland wurde festgestellt, dass jede
und jeder, auch eine Soldatin oder ein Soldat, die Verantwortung fuer
ihre und seine Handlungen uebernehmen muss, ganz gleich, wie viele
Vorgesetzte die Befehle dazu gegeben haben.

Ich rechne damit, dass das US-Militaer versuchen wird, mich wegen
Desertion zur Vermeidung gefaehrlicher Dienstpflichten in Kriegszeiten
anzuklagen. Wenn ich dieses Vergehens schuldig gesprochen werde, hat
das US-Militaer gemaess den geltenden Vorschriften das Recht, mich zum
Tod zu verurteilen. Dennoch traf ich die Entscheidung, die ich fuer
richtig halte.

Es gibt viele Deutsche, die die Kriege im Irak und in Afghanistan
rechtswidrig und unmoralisch nennen. Es ist nur logisch, daraus zu
folgern, dass die an diesen Kriegen beteiligten Soldaten ebenfalls
rechtswidrig und unmoralisch handeln. Die Frage ist nun, ob
Deutschland den Soldatinnen und Soldaten, die sich diesen Kriegen
verweigern, zur Seite stehen und Asyl gewaehren wird.

Keine Hoffnung auf Obama

Barack Obama wird im Januar der naechste Praesident der Vereinigten
Staaten werden. Er betrieb seinen Wahlkampf mit der Botschaft der
Veraenderung und hat erklaert, dass er den Irakkrieg beenden will.
Wiederholt sagte er, dass er als Praesident die Truppen vom Irak nach
Afghanistan verlegen wird. Das aber ist nicht mit Verstaendnis
gegenueber denen zu verwechseln, die sich weigern, an einem illegalen
Krieg teilzunehmen. Ich glaube nicht, dass es eine Amnestie geben
wird, bevor beide Konflikte beendet sind. Mehr noch, Robin Long, der
sich als Soldat unerlaubt von der Truppe entfernt hatte, wurde
kuerzlich aus Kanada in die USA abgeschoben. Dort sitzt er nun im
Militaergefaengnis. Herr Obama hat weder die Absicht erklaert, die
Doktrin von Bush zu aendern, noch erkennen lassen, dass er die
Regierung von Bush fuer ihren Teil der kriminellen Aktivitaeten
rechtlich zur Verantwortung ziehen will. Sein Stillschweigen sagt viel
ueber seine Position gegenueber den Verweigerern aus.
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Quelle sowie weitere Infos: http:\\www.connection-ev.de



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