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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 26. August 2008; 14:11
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Nachruf:

> Keine Angst!

"Ich fahre wieder heimwaerts, / durch eine Stadt aus Stahl." Erst vor
ein paar Wochen hab ich diesen Song wieder gehoert und wie schon als
Jugendlichen gingen mir bereits die ersten Zeilen durch Mark und Bein.
Ich wusste, was dann kommt: "Keine Angst!" Eine Parole, sie auf
Haeuser zu malen oder aber nur laut rauszubruellen. Angst, das ist das
wichtigste Machtmittel der Welt. Dagegen anzugehen, heisst die
Maechtigen der Welt herauszufordern -- das hatte ich ganz intuitiv
schon als 15jaehriger begriffen.

Hansi Lang, von dem dieser Song stammte, ist tot. Gestorben an einem
Schlaganfall. Normalerweise ist mir der Tod von Menschen, die ich
nicht persoenlich gekannt habe, egal. Nur diesmal war es anders. Da
starb eine Stimme des Protests aus meiner Jugend. Und da war
ploetzlich doch sowas wie Trauer da.

Hansi Lang war nicht so eine Siegerfigur wie Falco oder Ambros. So
bruechig wie seine Stimme war er selbst. Irgendwie war er ein bisserl
eine maennliche Janis Joplin: Wut und Angst in seiner Stimme und
seinen Songtexten. Drogengeschichten, Abstuerze, das Leben mit dem
Bleifuss. Cry just a little bit louder! Aber er hat sich immer
irgendwie erfangen, ein Stehaufmanderl, also doch keine Janis.

1997 habe ich dann gehoert, er trete am Donauinselfest auf. Also
unbedingt hin. Und er spielte seine ganzen alten Hadern: "Keine
Angst!", "Ich spiele Leben", "Montevideo". Ich war wieder 15 und ich
genoss seinen Beat, aber auch seine mitunter recht
kryptisch-poetischen Texte, die allein, ganz ohne Musik, oft genug
Stuecke kraftvoller, wuetender Lyrik waren.

Am Donauinselfest praesentierte er aber auch seine neuen,
englischsprachigen Songs. Das Publikum fing damit gar nichts an.
Ehrlich: Ich auch nicht. Auch mit dem spaeteren Slow Club-Projekt
konnte ich mich nicht anfreunden. Vielleicht waren diese Songs und
seine Interpretation nicht so stark wie die aus seiner Jugend.
Vielleicht lag es aber auch daran, dass diese Songs nicht aus MEINER
Jugend stammten. Was weiss ich...? Aber ich habe mich fuer Hansi Lang
gefreut, dass er mit dem Slow Club Erfolg hatte -- Menschen, die an
der Kaelte ihrer Umgebung zu zerbrechen drohen, aber dagegen
ankaempfen, ohne selbst kalt zu werden, fuer die muss man einfach ein
zaertliches Gefuehl entwickeln.

"Ich fahre wieder heimwaerts, / durch eine Stadt aus Stahl." Unsere
Staedte sind seither nicht menschenfreundlicher geworden -- im
Gegenteil, statt Menschenfreundlichkeit ist Sauberkeit angesagt.
Writer werden als Schwerverbrecher gebrandmarkt und "Keine Angst!"
wuerde heute nicht mehr auf Oe3 gespielt, sondern die
Staatsanwaltschaft wuerde wegen "Aufforderung zu mit Strafe bedrohter
Handlungen" ermitteln.

Lieber Hansi Lang, wo immer du jetzt sein moegest, dein Imperativ des
Widerstands wird dich ueberleben: Keine Angst!
*Bernhard Redl*


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