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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. Juli 2008; 13:19
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Kaernten: > Ein netter Kriegsverbrecher

Ein Kriegsverbrecher der kroatischen Ustascha darf sich offen in
Oesterreichs Fanzonen zeigen - die Klagenfurter Justiz schaut zu und
der Kaernter Landeshauptmann schaetzt den Mann, der fuer den Tod
Tausender verantwortlich ist, und findet ihn nett.
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Die Welt im Buero des Kaerntner Landeshauptmanns Joerg Haider (BZOe)
muss eine eigene sein. Fuer diese von mir lange gehegte Vermutung hat
das LH-Buero den Beweis geliefert. Ich habe dem Pressesprecher Haiders
einen kurzen Fragenkatalog zukommen lassen, als ich im "Standard"
gelesen habe, dass Haider den Kriegsverbrecher Milivoj Ashner (ich
versuche hier mangels Hatchek die slawische Schreibweise zu
transkribieren) als netten Mann bezeichnet. Die Antworten kamen
innerhalb weniger Stunden. Sie zeigen, wie man im Klagenfurter
Landhaus die Welt sieht.

"akin: Wieso nimmt LH Haider oeffentlich einen Kriegsverbrecher in
Schutz?"
"Antwort: Das hat er nicht getan."

Milivoj Ashner war als Ustascha-Polizeikommandant von Pozega dafuer
verantwortlich, dass Tausende Serben und Roma wie Vieh in die KZ's der
kroatischen Klerikalfaschisten gekarrt und dort ermordet wurden. So
jemanden im Standard-Interview mit den Worten zu beschreiben: "Er soll
seinen Lebensabend bei uns verbringen duerfen. Er ist seit Jahren ein
Klagenfurter Buerger, der friedlich bei uns lebt. Das ist eine nette
Familie. Wir schaetzen diese Familie sehr", wuerde ich als
oeffentliche Inschutznahme werten. Haider spricht sich eindeutig
dagegen aus, dass Ashner verhaftet und an die kroatische Justiz
ausgeliefert wird. Er bescheinigt dem Mini-Eichmann seine
Wertschaetzung. Was soll das sonst sein als eine oeffentliche
In-Schutz-Nahme? Eine Distanzierung etwa?

Nur, was hat Haider zu den Aussagen bewogen? Zustaendig fuer die Causa
fuehlt er sich nach eigenen Angaben nicht.

"akin: Inwieweit hat sich das LH-Buero mit der Causa befasst, vor
allem mit inhaltlichen Fragen? Waren die Ashner zur Last gelegten
Kriegsverbrechen seit der Flucht Ashners nach Kaernten jemals
Gegenstand von Eroerterungen im LH-Buero?"
"Antwort: Das ist ausschliessliche Sache der Justiz. Das Buero des
Landeshauptmannes hat daher keinerlei Aktivitaeten gesetzt."

"akin: Wie gedenkt das LH-Buero in dieser Causa weiterzuverfahren?"
"Antwort: Die Causa liegt nicht in unserem Verantwortungsbereich,
sondern ist ausschliessliche Sache der Justiz."

Wenn der Fall "ausschliessliche Sache der Justiz" ist, warum fordert
der Kaerntner Landeshauptmann diese oeffentlich auf, Ashner nicht an
Kroatien auszuliefern? Haider formuliert als Landeshauptmann und nicht
als Privatperson Erwartungshaltungen an eine unabhaengige Behoerde.
Das sind Aussagen, die ein amtierender Landeshauptmann taetigt, der
einen Eid auf die Verfassung geleistet hat. Die sieht auch in Kaernten
eine Gewaltentrennung vor. Wenn er nicht zustaendig ist, hat er auch
nichts zu sagen. Schon gar nicht zur Verteidigung von
Kriegsverbrechern.

"akin: Stecken hinter LH Haiders Aeusserungen (im Standard, Anm.)
politische Ueberlegungen?"
"Antwort: Nein."

"akin: Hat die freundliche Haltung LH Haiders irgendetwas damit zu
tun, dass die Kroaten waehrend des Zweiten Weltkriegs von der NSDAP
bzw. ihren staatlichen Organen zu Ariern erklaert wurden?"
"Antwort: Wir weisen diese Darstellung insgesamt zurueck."

Was neuerlich die Frage unbeantwortet laesst, was Haider zu seinen
Aussagen bewogen haben koennte. Die Groesse, ueber die Verbrechen von
Mini-Eichmann Ashner hinwegzusehen, und ihn "nett" zu finden - das
alles selbstverstaendlich als Privatperson (als die ihn der Standard
nicht interviewt hat) und unter Ausblendung des historischen
Hintergrundes - folgt man den Ausfuehrungen von Haider-Pressesprecher
Petzner.

Fuer Asylwerber dagegen hat der Kaerntner Landeshauptmann kein
Verstaendnis. Er fordert staendig, dass sie abgeschoben werden sollen,
sobald nur eine Strafanzeige vorliegt. Davon, dass wie im Fall Ashners
ein internationaler Haftbefehl vorliegt und der Betroffene auf der
Liste der meistgesuchten Kriegsverbrecher steht, ist gar keine Rede.

"akin: Wie vertraegt sich diese freundliche Haltung gegenueber einem
Kriegsverbrecher mit den Aeusserungen seitens LH Haider und des BZOe,
Asylwerber nach Eingang einer Strafanzeige abzuschieben, auch wenn
ihnen bedeutend weniger schwere Delikte zur Last gelegt werden? Sehen
Sie bzw. sieht LH Haider die Moeglichkeit, dass das als Widerspruch
ausgelegt werden koennte?"
"Antwort: Hier besteht keinerlei Zusammenhang" .

Wird einem Nigerianer vorgeworfen, eine Semmel gestohlen zu haben -
weg mit ihm. Unabhaengig davon, ob er verurteilt wird. Zurueck in ein
Heimatland, in dem sein Leben nicht geschuetzt wird. Ganz zu schweigen
von seinen Menschenrechten. Auch wenn, wie im Fall von Arigona Zogaj,
dem oder der Betroffenen nichts Strafrechtliches zur Last gelegt
werden kann - heim mit ihnen. Verwaltungsuebertretungen sind
gefaehrliche subversive Akte. Wird einem Faschisten vorgeworfen,
Tausende Serben und Roma in die Vernichtungslager geschickt zu haben
und wuerde er in seiner Heimat ein ordentliches Gerichtsverfahren
bekommen - verbring doch bitte mit deiner netten Familie deinen
Lebensabend hier. Alles halb so wild. Wir schaetzen dich.
*Viktor Englisch*


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