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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 6. Mai 2008; 17:32
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EU:

..., es ist die Verfassung, es ist nicht die Verfassung, ...

Bundespraesident Heinz Fischer hat letzte Woche das Verfassungsgesetz
ueber den Reformvertrag von Lissabon unterzeichnet. Damit ist die
Ratifizierung des Vertrages durch Oesterreich abgeschlossen. Fischer
habe den Vertrag "nach gewissenhafter Pruefung aller Gesichtspunkte"
unterschrieben, teilte die Praesidentschaftskanzlei in einer
Aussendung mit.

Interessant dabei: Die Praesidentschaftskanzlei wies darauf hin, dass
der Reformvertrag "inhaltlich nahezu identisch" mit der gescheiterten
EU-Verfassung sei. Und diese sei in Oesterreich vor drei Jahren
"problemlos und ohne Aengste ratifiziert" worden. Die damaligen
Argumente haetten auch heute ihre Gueltigkeit. Eine Volksabstimmung
sei nicht noetig, da es sich beim Vertrag von Lissabon um keine
Gesamtaenderung der oesterreichischen Verfassung handle.

Allerdings: Problemlos war die Ratifikation 2005 auch deswegen
gewesen, weil die heute dagegen opponierenden FPOe und BZOe damals in
einer ganz anderen politischen Lage waren: Die koalitionstreue
FPOe-Parlamentsriege hatte sich gerade wenige Wochen vor der
Beschlussfassung im Nationalrat in das BZOe neugegruendet und war
damit endgueltig zum Beiwagerl der OeVP mutiert, das sich erstmal
ueberlegen musste, wofuer es ueberhaupt politisch stehen koennte --
auf alle Faelle aber nicht fuer irgendetwas, was den grossen Partner
haette veraergern koennen. Die Rest-FPOe war waehrenddessen damit
beschaeftigt, ihre Parteistruktur zu retten, und hatte fuer grosse
Kampagnen keine Zeit und kein Geld.

Von ausserparlamentarischer linker Seite kam allerdings aber auch
damals sehr wohl Protest. Man fuerchtete sich sogar etwas davor: Eine
Petition, die im Nationalrat zur Forderung nach einer Volksabstimmung
eingereicht worden war, wurde zwar an den Verfassungsausschuss zur
Behandlung zugewiesen, dort dann aber nicht auf die Tagesordnung
gesetzt. Sogar als ein SP-Abgeordneter sie doch noch urgieren wollte,
wurde dies durch die Regierungsmehrheit abgeschmettert (s. akin
6/2005). So natuerlich war die Sache "problemlos" zu machen.

Fassen wir zusammen: Waehrend also beispielsweise in Frankreich auf
eine neuerlich Volksabstimmung verzichtet wurde, weil der Vertrag
nicht ident mit der Verfassung sei, ist in Oesterreich der Verzicht
auf eine solche Abstimmung nur logisch, weil der Vertrag sehr wohl mit
der Verfassung ident waere.
*Bernhard Redl*


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