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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. Maerz 2008; 18:50
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Debatte:

> Nichtphysische Gewalt gegen Frauen

Guter Ansatz, kaum vollziehbar

Ein Artikel im "profil" ueber das von Frauenministerin Doris Bures und
Justizministerin Maria Berger geplante neue Gewaltschutzgesetz
veranlasste mich zu einem Brief an das Frauenministerium, weil ich
eher Zweifel daran hatte, dass und ob sich nicht-koerperliche Gewalt
ueberhaupt juristisch ahnden laesst. Denn wie soll -- was bei einem
Gesetz wesentlich ist -- eine Frau beweisen, dass sie missachtet,
herabgesetzt, beschimpft, beleidigt, auch verbal bedroht worden ist?

In einem sehr ausfuehrlichen Antwortschreiben definierte Herr Erich
Enengl vom Frauenministerium zunaechst ausfuehrlich die wesentlichsten
Formen von nicht-physischer Gewalt gegen Frauen (strukturelle, soziale
und psychische Gewalt sowie Gewalt durch Sprache) und stellte dann das
neue geplante Gesetz vor:

Dieser neue Straftatbestand soll das Gesamtunrecht von
Gewaltbeziehungen erfassen; waehrend bisher die einzelnen
Gewaltdelikte abgehandelt und der Urteilsfindung zugrundegelegt
wurden -- wodurch Misshandlungen ohne Verletzungsfolgen nicht
beruecksichtigt wurden, soll sich nunmehr die Unrechtserfahrung des
Opfers als Ganzes wiederfinden: in der Weise, dass auf die Gesamtheit
der Gewalttaten -- also aller Formen von Gewalt -- die waehrend eines
bestimmten Zeitraumes stattfanden, abgestellt wird.

Abgesehen von der wesentlichen Frage der Beweisbarkeit (z.B. von
Demuetigungen, Verleumdungen, willkuerlichen Verboten, staendiger
Kontrolle, Abwertung von Personen, die der Frau viel bedeuten,
absichtliches Kaputtmachen von "Lieblingsdingen" etc.) halte ich das
grundsaetzlich fuer einen sehr guten neuen Ansatz.
*Gerhard Lehner/gek.*

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> Gesetze koennen nicht alles

Anmerkung der Tipperin zu Obigem

Warum sollte nichtphysische Gewalt gegen Maenner und Kinder erlaubt
sein? Grade verbal koennen Frauen oft recht "gewalttaetig" sein. Aber
eigentlich glaube ich nicht, dass eine Verrechtlichung persoenlicher
Beziehungen der richtige Weg aus solchen verkorksten Beziehungen ist.
Jede Person sollte so aufwachsen, dass er/sie gar nicht in eine solche
Beziehung geraten kann oder -- wenn es schon passiert -- er/sie sich
auch selbst wieder daraus befreien kann.

Viel wirksamer als jede Verrechtlichung sind gesellschaftliche Regeln
des Umgangs miteinander, was gesellschaftlich akzeptiert wird und was
nicht, was sich "gehoert" und was nicht. Beispiel Krawatte: Es gibt
kein Gesetz, in dem was ueber das Tragen von Krawatten steht, aber
jeder Mensch weiss, dass kein Mann ohne Krawatte Bankdirektor werden
kann.

Dass eine Person, die andere runtermacht oder auf andere Weise
schlecht behandelt, gesellschaftlich akzeptiert wird, liegt einerseits
an der hierarchischen Struktur der Gesellschaft -- Chef darf zu denen
"drunter" verbal ziemlich grauslich sein, Angestellte(r) darf zum Chef
nicht grauslich sein -- und in unserer Gesellschaft gibt es immer noch
ein "Wertgefaelle" Mann-Frau-Kind. Aber andererseits ist das verbale
Runtermachen und Grauslich-sein oft die Waffe, die Frauen entweder
gegen Maenner waehlen, weil sie glauben, sich nicht anders wehren zu
koennen oder gegen Kinder, weil sie den auf ihnen lastenden Druck an
die schwaecheren weitergeben.

Unser Ziel muesste eine nichthierarchische Gesellschaft sein, in der
niemand akzeptiert wird, der andere schlecht behandelt. Ob das durch
diese Gesetze erreicht werden kann -- daran hab ich Zweifel.
*Ilse Grusch*


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