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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Maerz 2008; 18:17
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Polizei/Recht:

> Erschrecken erlaubt

Hoechstgericht entschied: Polizeibeamte duerfen auch bei einer
richterlichen Hausdurchsuchung nicht einfach die Sau rauslassen und
wenn sie es doch tun, hat der UVS eine diesbezuegliche Beschwerde
ernstzunehmen.
*

"Erfolgen rassistische Beschimpfungen durch Polizeiorgane bei ihrem
Einschreiten im Dienste der Strafjustiz, kann grundsaetzlich nicht
angenommen werden, sie waeren vom richterlichen Befehl gedeckt."
Eigentlich sollte man dies als selbstverstaendlich erachten, jedoch
brauchte es offensichtlich den Verwaltungsgerichtshof (VwGH), aus
dessen Erkenntnis dieses Zitat stammt, um diese
Selbstverstaendlichkeit dem richterlichen Personal am Unabhaengigen
Verwaltungssenat (UVS) Wien nahezubringen.

Der diesbezuegliche Beschwerdefall liegt ueber 5 Jahre zurueck. Im
November 2002 stuermte die Alarmabteilung der Wiener Polizei (WEGA)
mit der ihr eigenen Zartfuehligkeit eine Wohnung zum Zwecke der
Durchsuchung auf Rauschdrogen. Als die Beamten die -- im uebrigen
unversperrte -- Tuer eintraten, nahm der Bewohner des Etablissements
dieses Eindringen nicht mit der gebotenen stoischen Ruhe hin, sondern
erschrak ungebuehrlich und streckte die Arme nach den Beamten aus.
Diese werteten die Bewegung als versuchten Widerstand, ramponierten
den Verdaechtigen ein wenig und -- so gab der Beamtshandelte spaeter
zu Protokoll -- beschimpften ihn rassistisch.

Der Verpruegelte wandte sich an den UVS. Dieser gab ihm zwar insofern
recht, dass er das Recht habe, zu erschrecken und intuitiv
Abwehrbewegungen zu machen, dennoch haetten die Beamten richtig
gehandelt, als sie diese Bewegung als Widerstand werteten und ihn zu
Boden warfen. Aus dem Bescheid: "Das Eindringen der Polizeibeamten in
die vom Beschwerdefuehrer bewohnte Wohneinheit ... war durch einen
Hausdurchsuchungsbefehl gedeckt und, da es sich bei einem solchen
Hausdurchsuchungsbefehl um einen Gerichtsakt handelt, der
Pruefungsbefugnis durch den Unabhaengigen Verwaltungssenat Wien
entzogen. Der Unabhaengige Verwaltungssenat Wien hatte jedoch zu
ueberpruefen, ob es im Zuge des durch den Hausdurchsuchungsbefehl
gedeckten Vorgehens der Beamten der Bundespolizeidirektion Wien zu
ueberschiessendem Vorgehen, zu einem sogenannten Exzess, gekommen war.
Derartiges war, wie bereits die Schilderung des
entscheidungsrelevanten Sachverhaltes hat erkennen lassen, zu
verneinen. Es entspricht zwar den Tatsachen, dass das Vorgehen der
Beamten der Bundespolizeidirektion Wien gegenueber dem
Beschwerdefuehrer gewaltsam und mit relativer Haerte gewesen ist,
dieses Vorgehen hat sich der Beschwerdefuehrer allerdings selbst
zuzuschreiben." Den Vorwurf der Beschimpfung ignorierte der UVS
geflissentlich.

Die Sache landete beim VwGH. Der beschied dem UVS eben, dass es sehr
wohl Inhalt einer Beschwerde gegen eine Amtshandlung sein koenne, sich
beschimpft zu fuehlen, und dass eine solche Beschwerde auch zu
behandeln waere. Ebenso erkannte der VwGH zu Recht, dass, wenn eine
Abwehrhaltung beim Eintreten einer Tuer verstaendlich sei, dies ja
wohl auch Polizisten verstaendlich sein muesste und diese nicht das
Recht haetten, automatisch Widerstand anzunehmen. Daraus folgend
haette der UVS die Beschwerde nicht als unzulaessig abweisen duerfen.

Der angefochtene UVS-Bescheid wurde daher wegen Rechtswidrigkeit
infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
*Bernhard Redl*

Das zitierte Erkenntnis:
http://www.vwgh.gv.at/Content.Node/de/aktuelles/pressemitt/2008/2004_01_0133.pdf


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