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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Maerz 2008; 18:19
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Medien/Kommentar:

> Steuergelder fuer gescheiterte Privatsender?

*Stellungnahme von FREIRAD Innsbruck*

Mit grossen Vorbehalten muss man die Entwicklungen rund um das von der
Bundesregierung angekuendigte Foerdersystem von kommerziellen und
nichtkommerziellen Radio- und Fernsehsender sehen. Ein Kommentar von
Radio Freirad Innsbruck

Waehrend europaweit der Sektor der BuergerInnen- oder Community-Medien
zusehends Anerkennung findet (wie kuerzlich eine Studie im Auftrag des
EU-Parlamentes aufzeigte), ist Oesterreich wieder einmal dabei, eine
echte Chance zu verspielen.

Tatsache ist: Die Freien Radios haben sich in den vergangenen Jahren
eine klare und einzigartige Rolle in der Medienlandschaft erarbeitet.
Ein erfolgreiches Beispiel aus Innsbruck: Bei FREIRAD 105.9 gestalten
400 Menschen Inhalte, die im kommerziellen Radio praktisch nicht
vorkommen: u.a. Sendungen von und fuer Kinder und Jugendliche oder
aelteren Menschen, muttersprachliche Programme von MigrantInnen,
Sendungen, in denen Kulturschaffende, KuenstlerInnen und Sozialvereine
ueber ihre Arbeiten und Angebote berichten. FREIRAD 105.9 gibt den
BuergerInnen Tirols die Moeglichkeit 24 Stunden am Tag, 365 Tage im
Jahr ihr eigenes Programm zu machen, ihre Kritik, ihre Zufriedenheit
und ihre Anregungen am kulturellen, sozialen, politischen und
gesellschaftlichen Leben zu formulieren und zu verbreiten.

Die Medienarbeit der Freien Radios ist aus diesen und noch vielen
anderen Gruenden ganz eindeutig im oeffentlichen Interesse und muss
von daher schon voellig anders gesehen werden als kommerzielle
Privatsender. So ist es etwa in den Niederlanden von allen
Parlamentsparteien mitgetragene jahrzehntealte Praxis, dass lokale
nichtkommerzielle Radios den Status von unabhaengigen "public service"
also oeffentlich-rechtlichen Medien haben.

Es ist daher nicht nur dringend notwendig, sondern auch in der
Verantwortung der Bundesregierung, Medienvielfalt und die Freiheit der
Meinungsaeusserung zu garantieren - dass der oesterreichische Staat
mit der geplanten Medienfoerderung fuer die ausreichende und
angemessene Finanzierung von Freien Radios sorgt. In der Schweiz oder
in einigen deutschen Bundeslaendern werden Freie Radios mit Betraegen
von € 150.000 bis € 300.000 pro Jahr gefoerdert.

Voellig unverstaendlich ist aber die Absicht der Bundesregierung,
auch, und (wie man leider befuerchten muss) VOR ALLEM kommerzielle,
auf Gewinn ausgerichtete ProgrammanbieterInnen zu subventionieren. So
sieht es zumindest der Entwurf fuer den
"Privatrundfunkfoerderungsfonds" vor. Und OeVP und kommerzielle Sender
haben sich schon mehrfach klar gegen die Foerderung von Freien Radios
ausgesprochen. Die Bundesregierung ist auch international gesehen auf
dem Holzweg. Nirgendwo sonst ist es ueblich, profitorientierte
Privatsender derart grosszuegig mit Steuergeldern aus der Patsche zu
helfen und so Konzepte, die nicht der Meinungsvielfalt dienen
kuenstlich am Leben zu erhalten.

Waehrend die BuergerInnensender (Freie Radios) ihre Leistungen "im
oeffentlichen Interesse" und fuer das Gemeinwohl erbringen, geht es
den vielfach international aufgestellten Konzernen hinter den
kommerziellen Privatsendern voellig klar um Profite.

Wenn private Medien keine Gewinne machen sollen sie halt zusperren!
Wer es am oesterreichischen Rundfunkmarkt nicht schafft, weil sich die
Werbeeinahmen nicht lohnen, sollte seine Gelder anders einsetzen. Es
kann nicht Aufgabe der SteuerzahlerInnen sein, voellig austauschbare
Formate ohne qualitativ berurteilbare Inhalte zu finanzieren.

Es ist im Uebrigen auch illusorisch zu glauben, dass es den
profitorientierten Unternehmen in irgend einer Form um die besondere
Qualitaet in der oesterreichischen Medienlandschaft ginge. Gesendet
wird allein was der Werbung nuetzt. Die Inhalte selbst sind nur Mittel
zum Zweck. Das wissen nicht nur KommunikationswissenschaftlerInnen.
Das Programm und die Qualiaet der Information bleiben auf der Strecke.
Auch die derzeit diskutierte Inhaltefoerderung (die den Grossteil des
Rundfunkfoerderungsfond ausmachen soll) wird ohne nachpruefbare
Qualitaetskriterien an dieser selbstverstaendlichen Logik nichts
aendern.

Die Einzigen, die tatsaechlich kontinuierlich Inhalte und nicht nur
automatisierte Musikflaechen liefern (koennen und wollen!) und so die
Meinungs- und Medienvielfalt garantieren, sind die Freien Radios.

Es kann nicht sein, dass gerade diese zu Gunsten von rein
kommerziellen und in ihren Inhalten voellig austauschbaren Mainstream
Medien benachteiligt werden. (gek.)
*

Kontakt: Freies Radio Innsbruck - FREIRAD 105.9 MHz, Hoettingergasse
31, 6020 Innsbruck, Tel.: 0512 / 56 02 91, Fax: 0512 / 56 02 91-55,
wir{AT}freirad.at
http://www.freirad.at

***

> Die Freien Radios in Oesterreich (derzeit on air):

AGORA 105.5
Klagenfurt
http://www.agora.at

Apollo FM 106,2 MHz
Verein Campusradio Klagenfurt
http://www.apollofm.org

Campusradio 94.4
Fachhochschule St. Poelten
http://www.campusradio.at

Freies Radio Freistadt - FR 107.1
http://www.frf.at

FREIRAD 105.9
Innsbruck
http://www.freirad.at

Freies Radio Salzkammergut
100.2 / 107.3 / 104.2 / 107.5 / 105.9 / 106.0
http://www.freiesradio.at

Gym-Radio Hollabrunn 94.5 / 102.2
http://www.gymradio.at

ORANGE 94.0
Wien
http://www.o94.at

PRO-TON 104.6 / 95.9
Dornbirn
http://www.radioproton.at

Radiofabrik 107.5
Salzburg
http://www.radiofabrik.at

Radio FREEQUENNS 100.8
http://www.freequenns.at

Radio FRO 105.0
Linz
http://www.fro.at

Radio Helsinki 92.6
Graz
http://www.helsinki.at


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