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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Maerz 2008; 18:30
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Postelectorale Glossen:

> Es bleibt die Proellerei

Warum Verschiebung zu Schwarz-Blau - Zu wenig Ansagen fuer echte
Alternativen zum Proell-System - Nur FP in (Schein)-Opposition -
Proellerei kein Naturgesetz

Purkersdorf an zweiter Stelle bei Gruenstimmen in NOe - Positiv: immer
groesserer Mobilitaet der WaehlerInnen

Gut, das Proell-System hat einen Prozentpunkt gewonnen, aber bei der
Kontrolle ueber die Medien und bei diesem massivsten Geldeinsatz hat
dieses Machtsystem mit ihren Strukturen bis ins letzte Dorf ja nicht
wirklich gepunktet, und die medial angefachte Begeisterung dafuer ist
schon - gekonnt - wieder Teil des Proell-Systems.

Die Machtmaschine laeuft weiter wie bisher. Die "Klarheit" ist
abgesichert: will heissen: wer offen widerspricht (das wird in der
Propaganda als "Streit und Zank" hingestellt), bekommt wie bisher
Beton, wird gemobbt wie die jetzige Staatssekretaerin Kranzl, und
zieht sich jedenfalls warm an.

Sicher, eine Verschiebung zu Schwarz-Blau ist nicht erfreulich; aber
geht es weiter wie bisher. Das Grundproblem liegt darin, dass weder
die SP noch die Gruenen eine Alternative (die NOe-Gruenen haben das
"Alternative" ja konsequent gestrichen) sind bzw. zu wenig glaubhaft
machen koennen, oder auch sonst nichts Organisiertes existiert. Wenn
sie am Hofe Proells mitregieren wollen, dann wird einfach der
Alternativanspruch unterminiert. So war die "Klarheit" wirklich ein -
unfreiwilliges - Geschenk.

Leider hat nur die FP hier die Opposition in den Raum gestellt, wobei
die Unterschiede auch oft fliessend sind. Otto Penz, ein - nicht mehr
lebender Freund - hat mir frueher oefter gesagt, bei Wahlergebnisse
soll man nicht nur mit der letzten Wahl, sondern auch etwa mit der
vorletzten Wahl vergleichen. Beherzige ich dies, so sehe ich, dass die
FP aber einfach wieder auf das fruehere Niveau gezogen ist. Und warum?
Weil sie eben am meisten als Protestpartei wahrgenommen wurde, und SP
und VP kaum oder keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der
FP-Ideologie betreiben, sondern sich oft anbiedern, oder durch Tricks
a la Schuessel glaubten, das Potential der FP inhalieren zu koennen.
Doch trotz Spaltung in FP und BZOe blieb vor allem die Ideologie in
Auslaendern und Minderheiten Suendenboecke zu sehen, die "dritte
Kraft", und das zeitweilige Ueberholen der Gruenen war so nur formal.

Onodi ist sicher nicht die Alternative zu Proell, aber ihre allgemeine
Abwertung teile ich nicht. Sie ist wirklich ein Person mit Herz, und
hat auch bei der letzten Wahl deutlich gewonnen gehabt. Es kann nicht
hauptsaechlich an ihrer Person liegen, es ist die ganze Partei der
SP-NOe, wo ein Teil vor allem an Funktionen haengt, ein Teil sich mit
Proell arrangiert, und wo andere aus Angst vor der Rache des Herrn
Proell sich nicht aus der Deckung traut. Eine wirkliche
Alternativstrategie ist seit Jahren nicht entwickelt worden.

Ein positives Beispiel, das zeigt, dass die Proellerei aber kein
Naturgesetz ist: die Gemeinde, wo die SP am zweitmeisten Zugewinne
(+4,4 %-Punkte) machen konnte (Zugewinne der SP gab's insgesamt nur in
13 Gemeinden) ist Waldkirchen. Dort gibt es einen Karl Boden, von
Beruf aktiver Lokfuehrer, Bundesrat, aber nicht abgehoben, sondern
offen fuer Anliegen der Bevoelkerung, und ein Kaempfer fuer den
oeffentlichen Verkehr. - Und solche Leute gibt es auch in NOe gar
nicht so wenig.

Demgegenueber find ich es merkwuerdig, dass sich Parteigroessen wie
Gusi zu gut fuer eine Wahlunterstuetzung in Niederoesterreich waren;
oder mein bekannter Ex-Innenminister und Buergermeister, der sich den
Wahlkampf entspannt fussfrei ansah.

Es wird nicht leichter: Das bis zur Wahl zurueckgehaltene
Proell-Programm fuer massiven Einstellungen von Nebenbahnen in NOe
oder geplante Privatisierungen werden eine massive Gegenwehr
erfordern.

Dass die KP insgesamt auf beschraenktem Niveau geblieben ist, obwohl
Einzelpersonen beachtliches leisten, zeigt, dass die Linke in NOe
leider sehr vereinzelt und wenig vernetzt ist; was aber nicht heisst,
dass hier nicht auch grosses Potential da waere. In finde, dass die
Wahlergebnisse der Linken in Westdeutschland vom Inhalt durchaus auch
bei uns moeglich waeren, weil die ganze Struktur nicht wirklich anders
ist; aber auch in Deutschland war es laengerer Weg.
*Josef Baum / gek.*

http://baum.puon.at/blog/baum.php?itemid=78


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