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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Oktober 2007; 16:39
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Kapitalismus/Recht:

> EU will schwedische Verfassung veraendern

Das Oeffentlichkeitsprinzip gefaellt der Kommission nicht. Anlass ist die
Akteneinsicht von Greenpeace in Dokumente ueber den Monsanto-Konzern

Laut Dagens Nyheter (1) erhielt die schwedische Regierung ein Schreiben der
EU-Kommission, in dem sie dazu aufgefordert wird, sich an EU-Recht
anzupassen. Das aber ist nur moeglich, wenn Schweden das in der Verfassung
verankerte Oeffentlichkeitsprinzip (2) aufgibt.

Das Oeffentlichkeitsprinzip machte es moeglich, dass Greenpeace Einsicht in
Informationen ueber gentechnisch veraenderten Mais des Saatgutkonzerns
Monsanto (3) bekam. Die EU-Kommission sieht darin einen Verstoss gegen die
EU-Richtlinie zu genveraenderten Organismen.

In den Niederlanden war das Anliegen von Greenpeace zuvor abgelehnt worden.
Auch die schwedische Regierung weigerte sich anfangs, Akteneinsicht zu
gewaehren: Erst nachdem ein Gericht sie mit Hinweis auf das
Oeffentlichkeitsprinzip dazu verpflichtete, konnte Greenpeace die
Informationen einsehen.

Nun muss die schwedische Regierung innerhalb von zwei Wochen eine
Stellungnahme abgeben. Knickt das Kabinett Reinfeldt (4) nicht sofort ein,
wird der Fall wahrscheinlich zum EuGH gehen. Allerdings gibt es auch
Anhaltspunkte dafuer, dass es der schwedischen Regierung nicht ganz unrecht
ist, wenn die Nachpruefbarkeit des Verwaltungshandelns auf dem Umweg ueber
die EU eingeschraenkt wird: Im Europarat soll derzeit eine Konvention ueber
den Zugang zu Dokumenten der oeffentlichen Verwaltung entstehen. Obwohl
Schweden den Vorsitz inne hat, kamen von dort kaum Vorstoesse, um das
Oeffentlichkeitsprinzip zu verteidigen. Der Vorgaenger Reinfeldts, Goeran
Persson, verweigerte dagegen 2001 unter Verweis auf das
Oeffentlichkeitsprinzip die Unterzeichnung eines Dokuments, das die
Kommunikation zwischen EU-Institutionen unter Geheimnisschutz stellen
sollte.

Kritik an der EU kommt mittlerweile nicht nur von schwedischen Medien und
Journalistenverbaenden, sondern auch von Transparency International (5). Der
Fall laesst Beteuerungen, dass neue EU-Regelungen keine von den
Landesverfassungen gewaehrten Rechte einschraenken (6) wuerden, in einem
etwas seltsamen Licht erscheinen. Johannes Eisenberg (7) kam anhand eines
anderen von Monsanto bestimmten Falles zu dem Schluss (8): "Reformieren kann
man ein solches System nicht. Das ist die wahrhaft traurige Perspektive fuer
Europa: Die EU in der Form, in der wir sie vorfinden, muss zerschlagen
werden."
(Peter Muehlbauer, telepolis, 15.10.2007, uebermittelt von Werkstatt Freiden
und Solidaritaet)

Quelle: Telepolis Artikel-URL:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26403/1.html

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Anmerkungen/Links:
(1) http://www.dn.se/DNet/jsp/polopoly.jsp?d=1042&a=702090
(2) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25669/1.html
(3) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/18/18303/1.html
(4) http://news.bbc.co.uk/2/hi/europe/5355938.stm
(5) http://www.transparency-se.org/
(6) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24954/1.html
(7) http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26214/1.html
(8) http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2006/01/17/a0118


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