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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 22. Mai 2007; 17:27
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Berlin:

> KOePI vor dem Aus oder was?

Ein besetztes Areal in der Berliner Koepenicker Strasse wechselte wieder
einmal den offiziellen Eigentuemer. Das Projekt ist damit erneut bedroht.

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Am 8.Mai 2007 kaufte die "VRB B-44 GmbH & Co. KG", eine sogenannte
Vorratsgesellschaft, das Grundstueck Koepenicker Str. 133-138 in der
Berliner City (im vormaligen Ostteil der Stadt). Das Spannende daran: Darauf
befindet sich das selbstverwaltete Kultur- und Wohnprojekt KOePI, das vor 17
Jahren nach dem Fall der Mauer durch eine Besetzung entstand. Heute wohnen
rund 100 Menschen in den Haeusern und auf den Bauwagenplatz.

Dubioses Firmenkonglomerat

Wie und ob das Projekt weiter existieren kann, ist damit fraglich - wie
schon so oft in der Geschichte des KOePI. Von den BewohnerInnen wird
angenommen, dass der Kaeufer eher von der unserioesen Art sein duerfte.
Erstens deswegen, weil das Grundstueck, das - eben wegen der Besetzung -
niemand haben wollte, ploetzlich - wie kolportiert wird, zu einem
Spottpreis - doch einen Kaeufer fand und zweitens ein Blick ins
Handelsregister nichts Gutes verspricht: Die VRB 8-44 GmbH & Co. KG wurde
von der Plutonium 114 GmbH 6 Tage vor der Versteigerung gekauft - die KOePIs
vermuten, um die Kaeufer zu verschleiern. Im Handelsregister sind fuer die
Plutonium GmbH Renate Nehls als Gesellschafterin und ihr Sohn Siegfried als
Geschaeftsfuehrer eingetragen. Bis Ende 2006 war diese Firma als Vitalis
Altbauten GmbH registriert. Die Firma "Vitalis", in der die Familie Nehls in
mehreren Positionen taetig ist, hat einen Anhang von mindestens 50
Unterfirmen und ist verstrickt mit der Firma "Sanus AG". Die angegebene
Adresse der jetzigen "Plutonium 114 GmbH" (und ihrer Unterfirmen) in der
Lietzenburgerstr 83 existiert nicht wirklich, alle Adressen der Firma
"Vitalis Altbauten GmbH & Co" sind verwaist. Dafuer hat die Sanus AG Ihre
Adresse in einem noblen Haus am Kurfuerstendamm.

Die KOePIs wollen sich aber auch weiterhin nicht vertreiben lassen. Auch der
neue Kaeufer wird mit Widerstand rechnen muessen. Denn seit 1990 wollten
schon viele das lukrative Objekt der marktwirtschaftlichen Verwertung
unterwerfen, wie ein Blick in die Geschichte des KOePI zeigt. Eine
Geschichte, in der sich paradigmatisch der Umbruch von der DDR in ein
Territorium des "Freien Westens" spiegelt:

Rueckblick

Am 23.2.1990 besetzten in der Ostberliner Hausbesetzungsszene anfangs
unbeliebte "Westler" das Haus in der Koepenickerstr. 137* im Bezirk Mitte.
Das Haus war gerade entmietet worden und sollte abgerissen werden. Die
Verwaltung des Hauses unterlag der KWV (Kommunale Wohnungsverwaltung). Im
Fruehling und Sommer zogen immer mehr Menschen in den Ostteil der Stadt und
besetzten viele, viele Haeuser. Nach der Liquidierung der DDR im Oktober
1990, gab es die ersten gewaltsamen Raeumungen.

Nach der Raeumung der Mainzer Strasse gab es im Bezirk Mitte einen runden
Tisch, der fuer die Haeuser nach friedlichen Loesungen suchte. Im Sommer
1991 wurde zwischen den NutzerInnen/BewohnerInnen und der WBM
(Nachfolgeeinrichtung der KWV) Vorvertraege, 1993 endgueltige Vertraege fuer
einen Teil des Projekts ausgehandelt.

Am 1. Oktober 1995 uebernahm die Hausverwaltung Petersen und Partner KG die
Verwaltung des Gelaendes. Ein Jahr spaeter kamen Kuendigungen und dann auch
Raeumungsklagen. Hintergrund der Geschichte waren die Bauplaene der
Petersen&Partner KG. Der Garten sollte einem Buerokomplex mit
Eigentumswohnungen und Tiefgarage weichen. Doch es kam nicht zur Umsetzung,
da Petersen inzwischen Konkurs anmelden musste. Neuere Plaene stehen im
Zusammenhang mit dem 'Media Spree'-Projekt. Der Umbau des Spreeareals ist
bereits in vollem Gange.

Schliesslich leiteten Petersens Glaeubiger ein Zwangsversteigerungsverfahren
am Amtsgericht Mitte ein. Die letzten beiden Versteigerungstermine waren
bereits im Vorfeld abgesagt worden. Offizieller Grund: Keine Interessenten!
(koepi.squat.net/akin)


*Anmerkung: In Berlin werden die Hausnummern nicht wie bei uns ueber die
Strasse wechselnd vergeben, sondern hintereinander, so dass die Hausnummer
137 neben der Hausnummer 138 zu liegen kommt.


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