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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 15. Mai 2007; 17:32
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Kenia/Nord-Sued:

> Arbeitsleid und Umweltverschmutzung bluehen

Suedwind-AktivistInnen berichten aus den Blumenfarmen Kenias

Rund um den Muttertag hatte das Schnittblumengeschaeft in Oesterreich
Hochkonjunktur. Geschaetzte acht Millionen Rosen verschenken die
Oesterreicherinnen und Oesterreicher, um damit das "Mutterherz" zu erfreuen.
Kaum jemand weiss, dass viele dieser Rosen aus Kenia stammen, wo sie in der
Regel unter menschenunwuerdigen Arbeitsbedingungen produziert werden.

Ende April reiste das Suedwind-Aktionsteam im Rahmen des Programms "Handeln
fuer Eine Welt" in das ostafrikanische Land, aus dem mindestens jede vierte
in Oesterreich verkaufte Blume kommt. In den letzten Jahren ist die
Schnittblumenindustrie zum zweitwichtigsten Devisenbringer Kenias
aufgestiegen. Sie verzeichnet ein jaehrliches Wachstum von 20% und bietet 50
bis 70.000 Menschen Arbeit. Ein Lokalaugenschein in der Region um den
Naivasha-See, wo der Grossteil von Kenias Blumenfarmen liegt, laesst das
Bild eines bluehenden Wirtschaftssektors, von dem vor allem die Bevoelkerung
profitiert, schnell verblassen. Der See (ca. 3x so gross wie der Attersee)
wird durch die Abwaesser aus den Blumenfarmen stark verschmutzt und ist im
Begriff auszutrocknen. Die Region erlebt eine Bevoelkerungsexplosion, mit
der die lokalen Gemeinden nicht zurechtkommen. Die Infrastruktur ist
mangelhaft, immer mehr slumartige Siedlungen entstehen. Von den umgerechnet
ca. 300 Mio. Euro, die jaehrlich durch das Blumengeschaeft erwirtschaftet
werden, profitieren hauptsaechlich die meist auslaendischen
FarmbesitzerInnen.

"Wenn man bedenkt, wie viel die Blumen den Farmen an Gewinn bringen und wie
wir Arbeiterinnen leben! Der Lohn ist viel zu niedrig!" kritisiert Teresia,
eine 28-jaehrige Blumenarbeiterin, die das Suedwind-Aktionsteam zu Hause
besuchte. In ihrer 3x3m grossen Lehmhuette gibt es weder Strom noch
Fliesswasser. Hier lebt die Alleinerzieherin mit ihrer sechs Monate alten
Tochter und ihrem kleinen Sohn. Fast 14 Stunden arbeitet sie taeglich,
mitunter sieben Tage die Woche. Dafuer bekommt sie ca. 50 Euro im Monat.
Abzueglich Miete und Transport zur Arbeit bleiben ihr knapp 1,5 Euro am Tag
fuer Essen, Kleidung und die Deckung anderer Grundbeduerfnisse ihrer
Familie. Sexuelle Belaestigung durch Vorgesetzte, so Teresia, ist auf ihrer
Farm an der Tagesordnung. Eine Befoerderung koenne man kaum ohne sexuelle
Gefaelligkeiten erreichen.

Im Wissen, dass Teresias Schicksal kein Einzelfall ist, besuchte das
Suedwind-Aktionsteam die groesste Blumenfarm Kenias. Hier werden pro Jahr
600 Mio. Stiele produziert - das entspricht 30% der gesamten kenianischen
Blumenexporte. Die in hollaendischem Besitz stehende Farm, deren
Gewaechshaeuser die Groesse von Fussballfeldern haben, beschaeftigt rund
8.000 Menschen. Von den Missstaenden, die Suedwind im Vorfeld von
ArbeiterInnen berichtet worden waren, war jedoch nichts zu sehen: Sie hatten
Schutzkleidung an, es gab Umkleideraeume und getrennte Toilettenanlagen und
laenger als 8 Stunden am Tag musste angeblich niemand arbeiten.

Dass sich hinter der makellosen Oberflaeche, die den
Suedwind-Mitarbeiterinnen auf der Farm praesentiert worden war, zahlreiche
haarstraeubende Zustaende verbergen, wurde bei einer von der Organisation
Workers Rights Watch einberufenen Versammlung bestaetigt. Ueber 80
BlumenarbeiterInnen waren gekommen, um mit den OesterreicherInnen ueber die
tatsaechlichen Arbeitsbedingungen zu sprechen. Sie berichteten von
21-Stunden Arbeitstagen, unbezahlten Ueberstunden, sexueller Belaestigung
und unzureichender oder nicht vorhandener Schutzkleidung. Beim Transport mit
den farmeigenen Bussen wuerden sich zahlreiche Unfaelle ereignen, weil statt
30 in der Regel 100 Personen transportiert wuerden.

Faire Blumen

Suedwind macht auf Kaufalternativen aufmerksam. Viele Supermaerkte in
Oesterreich verkaufen Rosen mit dem Fairtrade-Guetesiegel. Etwa 100
oesterreichische FloristInnen fuehren Blumen, die vom Flower Label Programm
(FLP) zertifiziert sind. Wer eine solche Blume kauft, kann sicher sein, dass
bei der Produktion internationale arbeitsrechtliche und oekologische
Standards eingehalten werden, dass die ArbeiterInnen faire Loehne erhalten,
dass keine Kinderarbeit im Spiel ist.
(Suedwind/gek.)

Naehere Infos zu fairen Kaufalternativen
http://www.fian.at/projekte_fian.html#flp_blumen_fian
http://www.fairtrade.at/phps/index.php?thema=produkte&zo=produkte_detail&nr=120





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