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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. Mai 2007; 13:50
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Soziales:

> Auch Erwin Buchinger kaempft gegen die Faulen

Der Sozialminister begab sich in einem Interview mit dem "Augustin"
inhaltlich ganz in die Naehe der Anti-"Sozialschmarotzer"-Rhetorik

Wenn eine Zeitung, die laut Definition eines Professors am
Publizistik-Institut "das soziale Gewissen Wiens" ist, einen Minister zu
Wort kommen laesst, der sich als das "soziale Gewissen Oesterreichs"
vorstellt, wird diese Begegnung von Uebereinstimmung gepraegt sein. Sollte
man meinen. Tatsaechlich war die Kluft so tief, wie die Obdachlosenherberge
"Gruft" unter den teuersten Penthaeusern dieser Stadt liegt. In einem
doppelseitigen Interview, das die morgen, Mittwoch erscheinende neue Ausgabe
der Wiener Strassenzeitung Augustin enthaelt, sieht Sozialminister Erwin
Buchinger die bestehende Sozialhilfe fuer "ausreichend" hoch, um die
Betroffenen nicht zu einem Leben in Faulheit zu animieren.

Buchinger im O-Ton: "Offensichtlich reicht's schon aus. Es muss einen Anreiz
geben, dass jemand, der arbeitsfaehig ist, auch diese Arbeitsfaehigkeit
aktualisiert, wenn er eine Leistung von der Gesellschaft haben will. Wenn er
's nicht will, kann's jeder halten, wie er will. Ich bekenne mich dazu, dass
jene, die diese Leistung aufbringen -- durch eigene Arbeit -- auch diesen
Anspruch stellen, dass sie auch von anderen verlangen, die von ihren
Leistungen leben, dass sie auch bereit sind, zum Wohlstand der Gesellschaft
durch Arbeit beizutragen (...) Sie und ich, alle die wir leben, konsumieren
wir Produkte und Dienstleistungen, die muss wer produzieren. Dies ist das
Unangenehme an Faulheit, dass sie nichts beitraegt zur Produktion von Waren
und Dienstleistungen."

Mit dieser Haltung haette Buchinger harmonisch in die verflossene
Schuessel-Regierung gepasst, kommentierte Angela Traussnig, Sprecherin des
Augustin. "Von einem sozialdemokratischen Minister haette man erstens
erwarten koennen, den ,Sozialschmarotzer'-Diskurs der Konservativen zu
hinterfragen statt zu imitieren; zweitens haette man den Hinweis erwarten
koennen, dass die Masse der Arbeitslosen sich nicht wegen Faulheit selbst
aus der Produktion ausschliesst, sondern dass sie ausgeschlossen wird." Dass
Buchinger in Folge ausgerechnet die Billa-ArbeiterInnen als Opfer des
"Unwesens der sozialen Haengematte" namentlich nenne, koenne nur als
Zynismus betrachtet werden, so Angela Traussnig.

Ein kurzer Ausschnitt aus dem Gespraech zwischen Augustin (Kurto Wendt und
Heide Hammer) und dem Sozialminister belege, so die Augustin-Sprecherin, wie
abgehoben Buchinger von der Alltagssituation der Billa-Arbeiterinnen agiere:

Augustin: "Stellen sie sich vor, es ist 4 Uhr morgens in Muerzzuschlag. Sie
steigen in einen Bus, der nur mit Frauen besetzt ist, die zu ihrer Arbeit
bei Billa und Merkur in Wien fahren. Wie erklaeren sie ihnen, warum sie als
Frauen weniger verdienen, seltener Aufstiegschancen kriegen und warum Sie
als Sozialminister so viel verdienen wie der halbe Autobus?"

Buchinger: "Na ich glaube, da liegen sie mit ihrer Einschaetzung, dass ich
soviel verdiene wie der halbe Autobus, komplett falsch."

"Sie verdienen 15.300 Euro."

Buchinger: "15.800 Euro brutto, aber sie duerfen brutto mit netto nicht
verwechseln. Ich wuerd' auch gar nicht viel erklaeren .."

"Billa MitarbeiterInnen an der Kasse verdienen 1000-1100 Euro brutto."

Buchinger: "Ich weiss jetzt nicht, was exakt eine Billa-Verkaeuferin
verdient."

"Einigen wir uns darauf, dass es ein Vielfaches ist."

Buchinger: "Nein. Entscheidend ist ja, was netto rauskommt. Brutto
interessiert weder die Dame bei Billa noch mich."

(Aussendung Augustin)



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