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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Februar 2007; 15:29
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Deren Heer/"Wirtschaft"/Bildung:

> Uni Linz: Forschen fuer den Krieg?

Da die Unis von der oeffentlichen Hand zunehmend ausgehungert werden,
greifen sie verstaerkt zur Drittmittelfinanzierung. Forschungsinhalte werden
so zusehends der oeffentlichen Kontrolle entzogen, geforscht wird fuer
grosse Konzerne, deren Profitinteressen im Vordergrund stehen. Wissenschaft
dient nicht mehr dem gesellschaftlichen Fortschritt, WissenschafterInnen
forschen immer oefter fuer die Ruestungsindustrie. An der Uni Linz ist der
Ruestungs- und Atomkonzern Siemens mittlerweile der groesste
Kooperationspartner fuer Forschungsprojekte (insgesamt 26 an der
technisch-naturwissenschaftlichen Fakultaet, die allermeisten davon wurden
nach der Jahrtausendwende gestartet).

Geforscht wird u.a. unter der Federfuehrung von Prof. Gustav Pomberger
(Inst. fuer Wirtschaftsinformatik) an Navigationssystemen mit erweiterter
Realitaet (Information and Navigation Systems through Augmented Reality -
INSTAR). Potentielle Anwendungsbereiche liegen neben der Medizintechnik v.a.
in der militaerischen Flugsystem-Navigation und -Planung. Auch der
"Cybersoldier" kann mithilfe von AR-Systemen eine Vielzahl taktischer
Informationen zur Orientierung im Gelaende und zur Position gegnerischer
Waffensysteme direkt in sein Gesichtsfeld einblenden. Ebenfalls militaerisch
anwendbar ist ein Projekt, bei dem ein hochaufloesendes, robustes und
schnelles Radarsystem entwickelt wurde (Linearization Concepts and
Algorithms for High Resolution FM Radar Systems). Darueber, um welche Summen
es sich bei den Projektgeldern handelt, die Siemens zur Verfuegung stellt,
wollte Rektor Ardelt keine Auskunft geben.

Kompensationsgeschaefte mit der Ruestungsindustrie

Fuer den Aufbauschwerpunkt "Informationselektronik" sind an der Uni Linz 3
bis 4 neue Institute vorgesehen; der Bund soll die Errichtungskosten (5 Mio.
Euro) uebernehmen, bis zum Jahr 2009 wird eine 50 %ige Landesfinanzierung
der Kosten zugesagt. "Die verbleibenden 50 % der Kosten bis 2009 sowie die
Gesamtkosten ab 2010 muessen von Bund, Land und Wirtschaft abgedeckt werden,
u.a. durch Kompensationsgeschaefte mit EADS", heisst es im Entwicklungsplan
2006 - 2012 der Uni Linz. EADS ist der groesste kontinental-europaeische
Ruestungskonzern, Siemens ist unter dessen Federfuehrung massgeblich an den
beiden Cash-Cows der europaeischen Kriegsindustrie beteiligt: beim
NATO-Raketenabwehrsystem MEADS (geschaetzte Gesamtkosten 12.000 Millionen
Euro), beim von EADS produzierten Eurofighter fertigt Siemens die
elektronische Ausstattung. Im Rahmen des "Herkules"-Projektes werden bis
2017 Rechenzentren, Software, Telefone, Sprach- und Datennetze der deutschen
Bundeswehr modernisiert. Den Zuschlag fuer den Auftrag erhielt ein
Konsortium, an dem Siemens und IBM zu 50,1 % beteiligt sind (restliche 49,9
%: Bund). Der Auftrag umfasst 7,1 Milliarden Euro.

EU: Milliardensummen fuer Ruestungsforschung

Die EU wird ab 2007 ein sicherheitspolitisches Forschungs-programm auflegen.
Bisher foerderte die EU offiziell nur zivile Forschung, Ausgaben fuer
Ruestungsforschung waren verboten. Diese Trennung soll nun ueberwunden
werden. Ab heuer werden zusaetzliche Milliardensummen fuer wissenschaftliche
Arbeiten im Interesse der Kriegsindustrie bereitgestellt. Gemeinsam mit der
europaeischen Verteidigungsagentur, die nationale
Ruestungs-forschungsprogramme aufeinander abstimmt und dem "Beirat fuer
europaeische Sicherheitsforschung" werden demnaechst die ersten Auftraege
vergeben.
(Werkstatt Frieden&Soli)

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> Friedensorganisation unerwuenscht

Waehrend Ruestungskonzerne wie Siemens von der Uni Linz hofiert werden, hat
man mit Organisationen wie der "Werkstatt Frieden & Solidaritaet" keine
Freude mehr. War es frueher fuer NGOs problemlos moeglich, in der Linzer
Mensa Flugblaetter aufzulegen, so beschied die Uni-Direktion im vergangenen
Jahr ploetzlich, dass dafuer 55 Euro pro Tag zu entrichten und das Flugblatt
zwei Tage vorher zur Begutachtung vorzulegen seien. Stein des Anstosses war
bezeichnenderweise ein Flugblatt, das sich mit der Bildungspolitik von
Konzernen und EU auseinandersetzte. Die Werkstatt weigerte sich, diese 55
Euro pro Tag zu zahlen. Gespraechsangebote der Werkstatt wurden abgelehnt,
statt dessen drohte die Uni-Direktion mit Klagen und die Abhaltung einer
urspruenglich bereits genehmigten Veranstaltung am Campusgelaende wurde
verboten.
(Werkstatt Frieden&Soli / bearb.)


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