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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Februar 2007; 15:33
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Opernball:

> Futter fuer die Kartei

Bei der heurigen Anti-Opernball-Demo feierte die Polizei einen
Riesenerfolg - wieder ein Haufen neuer junger Leute in der Stapo-Kartei.


"Der da mit der Kamera!" Manchmal sind Wiens Polizisten schon sehr witzig.
Vor allem wenn sie in Zivil sind -- oder besser in Punkeruniform. 40jaehrige
Maenner, schwarz gekleidet mit Palaestinensertuechern, Springerstiefeln und
Polizistengesichtern -- sehr unauffaellig! Und dann haben sie nichts
Besseres zu tun, als den Schreiber dieser Zeilen zu photographieren, weil er
selbst gerade einen Polizeikordon ablichtete. Sehr glaubwuerdige Tarnung und
unheimlich sinnvolle Aktion...

Weniger witzig war der Kessel vor dem Museumsquartier. Die Polizei
berichtete, es haette eine Schlaegerei gegeben. Und nahm das zum Vorwand,
etwa 80 zumeist sehr junge Leute bis zu 3 Stunden bei eiskaltem Regen
festzuhalten, um sie einzeln zu perlustrieren, zu photographieren und ihre
Personalien zu notieren.

Was das fuer eine Schlaegerei gewesen sein soll, konnte mir niemand der
Leute, die aus diesem Kessel schliesslich entlassen worden waren, sagen.
Geruechte besagen, es waere eine Schlaegerei unter Fussballfans gewesen --
womit die Opernballdemo wohl nur schwer in Verbindung zu bringen ist. Laut
Polizei soll es eine Schlaegerei unter den Punks gewesen sein - diese hat
zwar sonst niemand gesehen, aber vielleicht gab es sie doch. Wenn man an die
Polizisten mit Palaestinensertuechern denkt, kann man da schon auf Gedanken
kommen...

Dem Vernehmen nach duerfte der Polizeieinsatz aber ohne allzuviel Hiebe
vonstatten gegangen sein. Was bleibt ist die Vormerkung mehrerer Dutzend
neuer Gesichter in der Stapo-Kartei. Es zeigte sich hier wieder einmal, wie
wichtig es ist, dass irgendeine Organisation mit Reputation (bspw. die
Gruenen) eine Kundgebung anmeldet, um zu vermeiden, dass junge, politisch
engagierte Leute so leicht unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand
kriminalisiert werden koennen.

Sonstige Aktivitaeten

Weiters gab es im Laufe des Abends noch eine Mini-Demo durch die Innenstadt,
wo es auch im Umfeld zu keinen weiteren Festnahmen gekommen sein soll.

Direkt vor die Oper in die Kaerntnerstrasse kamen ebenfalls immer wieder
offensichtlich Demonstrationswillige, die aber angesichts weniger anderer
Protestierender und des Sauwetters schnell wieder die Szenerie verliessen.

Eine weitere Kundgebung in der Oper von fuenf Aktivistinnen mit
Eintrittskarten, die gegen Euratom protestierten, sorgte kurzfristig fuer
Wirbel, aber nach ein paar Pressephotos zogen die Aktivistinnen wieder so
schnell ab, wie sie gekommen waren. Die Tierschutzorganisation Peta hingegen
protestierte angemeldet und unbehelligt gegen die Pelztraegerinnen, die die
Oper besuchten.

Fuer das groesste Chaos allerdings sorgte die Polizei selbst, da die
Absperrmassnahmen den Spaetabend-Autoverkehr doch nachhaltig
durcheinanderbrachten. Schliesslich kamen laut Polizei 600 Beamte zum
Einsatz, die nicht so leicht zu koordinieren waren. Auch der Fahrer einer
Stretch-Limousine, der sich auf der engen Ring-Nebenfahrbahn verfahren
hatte, sorgte mit seinen hilflosen Reversier-Versuchen fuer ein Gelingen des
Abends.

Hilton fluechtete

Da die Umgebung der Oper und die Oper selbst wie jedes Jahr zerniert waren,
verlegte sich der Protest teilweise auch auf das Vorprogramm. So musste
Paris Hilton aus dem Atrium der Lugner City fluechten, nachdem die
Kommunistische Jugend (KJOe) Flugblaetter von der Balustrade geworfen
hatten, um dagegen zu protestieren, dass "sich auch am heurigen Opernball
die selbsternannten ‚Reichen und Schoenen' ein Stell-Dich-Ein liefern
werden, um mit ihren Geld zu protzen" waehrend denen, "die ihren Reichtum
Tag fuer Tag erarbeiten, nur ein immer kleineres Stueck vom Kuchen uebrig
bleibt". Die uebrigen Wurfgeschosse, die gegen Hilton und Lugner talwaerts
segelten, sei, so die KJOe "ein Umstand, fuer den wir nicht verantwortlich
zeichnen, den wir aber gewiss nicht bedauern."
*Bernhard Redl*

Weiterer Demobericht: http://de.indymedia.org/2007/02/168566.shtml

Die KJOe-Aktion: http://www.kjoe.at/article.php?story=20070215180752752



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