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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 5. September 2006; 19:08
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Glosse/Gewerkschaften:

> Wenn wir die Gewerkschaften zu kaempferische Organisationen umbauen
> wollen, dann muessen wir die OeGB-Spitze reformieren.

Die typischen Einsparungsprogramme wie Personalabbau, Kuerzung der
Pensions-, Urlaubs- und Weihnachtsgelder, praegen den Hauptanteil der OeGB
Reform. Diese Reform trifft nur die Lebensqualitaet der kleinen
Gewerkschaftsangestellten. Aber die entscheidenden Probleme bleiben von der
OeGB Reform verschont. Dabei liegt die Ursache der OeGB Krise an der
Anbindung der Arbeitnehmerorganisationen an die gewerkschaftseigenen
Unternehmungen. Es ist das Ergebnis der Geschaeftspolitik der OeGB Fuehrung.
Noch dazu kommt die Verknuepfung der Gewerkschaften mit den Wirtschafts- und
Gewinninteressen des Unternehmertums nur ueber den Weg der
Spitzenfunktionaere zustande. Und in diesem entscheidenden Bereich gibt es
weit und breit keine Reform. Was nuetzt die beste Reform, wenn die
Verantwortlichen (die die Arbeitnehmerorganisationen an die
Kapitalinteressen fesseln) von der Reform ausgeschlossen sind.

Dass die Gewerkschaftsmitglieder keine Kontrollmoeglichkeiten ihrer
Gewerkschaften haben, hat sich als Nachteil fuer die gesamte
Arbeiterbewegung herausgestellt. Wie wir Alle erleben muessen, wird dieser
Zustand ruecksichtslos missbraucht. Dabei ist der wachsende Reichtum der
Spitzenfunktionaere als besonders schwerwiegend hervorzuheben. Monat fuer
Monat steigt das Vermoegen auf ihren Privatkonten. Ihr ueberzogenes
Einkommen fuehrt dazu, dass ihr Lebensstandard in krassen Widerspruch zum
Durchschnittsleben der Gewerkschaftsmitglieder steht. Sie vertreten
praktisch einen sozialen Lebensraum, dem sie nicht mehr angehoeren. Mit der
zunehmenden Vermehrung ihres Privatvermoegens werden sie selbst von der
Profitsucht der Wirtschaftstreibenden gefangen und unterordnen die
Interessen der Lohnabhaengigen der Gewinn und Profitlogik des Kapitals. Der
Beweis: Die Ausbeutung der Lohnarbeit durch das Kapital spielt sich taeglich
in allen gewerkschaftseigenen Unternehmungen ab.

Vom Arbeitnehmer- zum Managereinkommen.

Dieser Wechsel ist zugleich ein Lehrstueck ueber den Gesinnungswandel. Mit
dem Wechsel in eine Einkommensklasse, die fuer einen normal Sterblichen
unerschwinglich ist, aendern sich auch die Lebensinhalte der
Spitzenfunktionaere. Ihre Einkommens- und Gewinninteressen stellen seit
langem ein grosses Problem fuer die Vertretung der Interessen der
Gewerkschaftsmitglieder dar. Mit den Beteiligungen und Gruendungen von
Abzockergesellschaften wie Lotterien und Gluecksspielen, Zinshaeusern,
Immobilien- und Kapitalgesellschaften drueckt sich die Entfremdung der
Spitzenfunktionaere von den Interessen der ArbeitnehmerInnen am radikalsten
aus. Statt Gewerkschaftskampf gegen die Ausbeutung der Lohnarbeit zu
organisieren, beteiligen und unterstuetzen die Spitzenfunktionaere die
Gewinnsucht des Kapitals.

Im Uebrigen verliert eine Arbeitnehmerorganisation ihren Zweck, wenn sie den
Kapitalgeschaeften nachgeht. Wie soll das zusammenpassen, auf der einen
Seite die Lohnabhaengigen vor der Ausbeutung der Arbeitgeber zu schuetzen,
aber auf der anderen Seite selbst Eigentuemer und Arbeitgeber von
profitorientierten Unternehmungen zu sein.

Die Teilung der Arbeit, die den Einen zum Herrschenden und die anderen zu
Dienenden macht, verteilt die Menschenrechte ungleichmaessig. Vor dieser
ungerechten Verteilung der Rechte, die den Eigentuemern Vorrechte gegenueber
den Lohnabhaengigen einraeumt, sollten uns die Gewerkschaften schuetzen.
Aber die Gewerkschaften haben, im Widerspruch zur menschlichen
Gleichberechtigung, diese alten Formen von Besitz und Arbeitsteilung zu
ihren internen Gesetzen erhoben. Damit schufen sie im OeGB selbst jene
Zustaende, vor denen sie uns eigentlich bewahren sollten.

Ohne eine Reform der OeGB-Spitze bleibt alles beim Alten. Wenn also was
reformiert werden muss, dann das alte Herrschaftssystem im OeGB. Eine
Periode an der Macht ist mehr als genug. Der regelmaessige Wechsel bei den
freigestellten FunktionaerInnen waere ein wichtiger Schritt zu ihrer
Kontrolle. Die Rueckkehr zu der urspruenglichen Arbeit nach einer
Funktionaersperiode ist das beste Rezept gegen das Entstehen des Geschaefts-
und Bonzenwesens in den Gewerkschaften. Wie man sieht, hat die
Arbeitsteilung, in der immer die Gleichen herrschen und der Rest zum Dienen
und Gehorchen verurteilt ist, nichts mit Gleichberechtigung zu tun, im
Gegenteil, sie erwuergt alle demokratische Bestrebungen. Jede Reform, jeder
Fortschritt ist zum Scheitern verurteilt, solange dieses buergerliche System
in den Gewerkschaften erhalten bleibt. Daher brauchen wir privilegienfreie
Gewerkschaften und keine Spitzenfunktionaere auf Lebenszeit.

Fazit:

Die politische Fuehrung der Gewerkschaftsbewegung kann nicht aus der
Gewerkschaftsbuerokratie kommen. Sie sollte durch Lohnabhaengige aus den
Reihen der Mitglieder ersetzt werden, die maximal vier Jahre mit einen
Durchschnittsverdienst an der Gewerkschaftsspitze stehen und nach Ablauf
dieser Zeit wieder ihrer urspruenglichen Arbeit nachgehen. Dieser Reformweg
wuerde die Gewerkschaften endlich aus der Kontrolle des Unternehmertums
loesen und die Arbeiterbewegung wieder ihren Urspruenglichen Zweck
zufuehren.
*Gilbert Karasek, Personalvertreter*

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> OeGB wills wissen!

Seit 4. September 2006 fragt der OeGB, was er falsch gemacht hat, per
Fragebogen in der "Solidaritaet" und per Web-Umfrage: Diese soll jedem
Mitglied und den interessierten Nicht-Mitgliedern die Moeglichkeit bieten,
Vorschlaege zur Reform einzubringen und vorhandene Diskussionspunkte zu
priorisieren:
http://www.oegbreform.at
Eine eigens eingerichtete Hotline (Tel.: 0800 5777 44, befragung@oegb.at)
fuer Fragen gibts auch.
Die Umfrage laeuft bis 18.Oktober und ist anonym.

Ausserdem laedt der OeGB zu Regionalkonferenzen, die auch allen
Interessierten offenstehen, zu denen man sich aber rechtzeitig anmelden
muss. Die Konferenzen findet man unter der Rubrik Termine auf
http://www.oegb.at/ . Dort ist auch ein Anmeldeformular verfuegbar.
Fuer die Wiener Konferenzen am 4. und 5.Oktober kann man sich auch unter
Tel. 050301 - 21350 anmelden.


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