**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 20. Juni 2006; 17:30
**********************************************************

Mexiko:

> Tote in Oaxaca

Im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca war die politische resp. militaerische
Situation in den letzten Tagen alles andere als ruhig. Ein Streik der
Lehrerinnen und Lehrer in der Region wurde nach einem Polizeiangriff am
14.Juni zu einer blutigen Angelegenheit.

Die Informationslage in Oaxaca ist jedoch alles andere als klar. Ganz
offensichtlich desinformieren die offiziellen Medien und mehrere
mexikanische Oppositionsmedien im Internet sind nur sehr bruchstueckhaft
erreichbar. Indymedia Mexiko ist seit Tagen ausgefallen -- ob wegen
ueberlasteter Server oder wegen staatlicher Eingriffe laesst sich kaum
sagen. Die Berichte ueber Todesfaelle in Folge des Polizeieinsatzes
schwanken zwischen 3 und 11 Opfern. Die meisten Solidaritaetsgruppen (u.a.
in Deutschland, der Schweiz und Texas) sowie die wenigen verfuegbaren
oppositionellen mexikanische Quellen sehen aber zumindest den Tod zweier
Lehrerinnen und eines Kindes als gegeben an.

Die Vorgeschichte: Einen Monat blockierten Zigtausende Angehoerige des
Lehrpersonals die Innenstadt von Oaxaca-Stadt durch Sitzstreiks. Dabei
wurden auch ganz gezielt Filialen von auslaendischen Konzernen (Walmart,
McDonalds etc.) sowie staatliche Behoerden blockiert. Die Lehrer
protestierten damit nach fehlender Verhandlungsbereitschaft von Staats- und
Bundesbehoerden fuer verbesserte Einkommen, ein verbessertes
Erziehungssystem, fuer die Freiheit politischer Gefangener und ein Ende der
Repression.

Letzten Mittwoch kamen dann, beordert von PRI-Gouverneur Ulises Ruiz Ortiz,
massive Polizeikraefte in die Stadt, bewaffnet mit Traenengas und scharfer
Munition, unterstuetzt von Hubschraubern, und gingen massiv gegen die
Streikenden vor, von denen sich die meisten in Sicherheit bringen konnten.
Stunden spaeter stroemten sie aber wieder auf den Hauptplatz zurueck und
begannen ihre Blockade von neuem. Einem einzelnen, unbestaetigten Bericht
zufolge haetten die Streikenden jedoch dann einen einstweiligen Rueckzug
beschlossen.

In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, dass Ortiz seinem Parteifreund
Roberto Madrazo bei dem kommenden Praesidentschaftswahlen einen Sieg in
seinem Bundesstaat versprochen hat -- die Proteste waeren dafuer nicht
gerade hilfreich. Insofern verwundert es nicht, dass die bei Praesident Fox
angeforderten und auch oeffentlich angekuendigten Bundespolizeitruppen
Oaxaca nie erreichten.

Atenco: Vergewaltigung als Repression

Dies ist der zweite Vorfall von massenhafter Polizeigewalt in Mexiko binnen
weniger Wochen. Am 3.Mai kam es nahe Mexiko-Stadt in der Kleinstadt San
Salvador Atenco zu einer neunstuendigen Strassenschlacht, weil einige
Blumenhaendler von der Polizei vertrieben worden waren. Es gab viele, zum
Teil schwer Verletzte, auf beiden Seiten. Ein unbeteiligter 14-jaehriger
Bub wurde von der Polizei erschossen. Am naechsten Tag rueckten 3000
Polizisten in den Ort ein, um Ruhe & Ordnung wiederherzustellen. Die Ruhe
sah so aus, dass nicht nur zahlreiche Verhaftungen stattfanden, sondern dass
zumindest sieben Frauen im Polizeigewahrsam vergewaltigt worden seien --
sagen nicht nur oppositionelle Kraefte, sondern auch die staatliche
Menschenrechtskommission CNDH.

Die Strafrechtsbehoerden haben andere Ansichten: Von den anfaenglich 211
Verhafteten wurde ein kleiner Teil nach einigen Tagen ohne Anklage
freigelassen. Gegen urspruenglich 189 Personen wollte die Staatsanwaltschaft
wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigung" vorgehen. Ende Mai lautete die
Beschuldigung gegen 29 nach wie vor inhaftierte Personen auf "Entfuehrung".
140 weitere gegen Kaution freigelassene Personen muessen sich wegen der
"Blockade oeffentlicher Kommunikationswege" verantworten.
*Bernhard Redl*

Quellen u.a.:
http://www.chiapas.ch/
http://www.noticias-oax.com.mx
http://www.ila-bonn.de/artikel/ila296/mexico.htm
http://www.labournet.de/internationales/mexiko/lehrer.html
http://www.indymedia.org/en/2006/06/840917.shtml
http://de.indymedia.org/2006/06/150141.shtml


***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin