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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Mai 2006; 18:03
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EU/BRD/Deren Heer/Prozesse:

> Linker MdEP vor Gericht

Bundeswehrgegner soll Polizisten verletzt haben

Am 16. Mai beschloss im Europaparlament eine breite Koalition aus
Konservativen, Liberalen, Sozialdemokraten, Gruenen und Rechtsextremen die
Aufhebung der Immunitaet des parteilosen Abgeordneten, der fuer die deutsche
PDS ins EP kam, und Vorstandsmitglieds der Informationsstelle
Militarisierung (IMI), Tobias Pflueger. Einzig seine eigene Fraktion, die
Fraktion der Linken und Nordischen Gruenen GUE/NGL, lehnte diesen Antrag
geschlossen ab.

Die Staatsanwaltschaft wirft Tobias Pflueger vor, waehrend einer
Demonstration gegen die Muenchner Sicherheitskonferenz 2005 Straftaten
begangen zu haben, als er Polizeibeamte um Auskunft ueber die brutale
Festnahme eines Demonstrationsteilnehmers bat. Dabei wies er sich ihnen
gegenueber als Europaabgeordneter aus und wurde von zwei Polizeibeamten --
ein halbes Jahr nach der angeblichen Tat -- angezeigt. Die erwuenschten
Informationen bekam er damals von den Beamten nicht.

Pflueger in einem Interview mit "Neues Deutschland": "Meine Vermutung ist,
dass die betroffenen zwei Polizisten damit gerechnet haben, ein Verfahren zu
bekommen. Vor diesem Hintergrund haben sie sich offensichtlich eine
Geschichte ausgedacht. So haette ich mich nicht ausgewiesen -- eine
Behauptung, die durch Zeugen widerlegt werden kann. Ausserdem soll ich die
Polizeiangehoerigen beleidigt haben. Besonders absurd ist der Vorwurf der
Koerperverletzung. Die soll darin bestanden haben, dass ich die Hand eines
Polizisten von meiner Schulter gestossen haette. Eine Beruehrung zwischen
uns fand jedoch nie statt."

Politische Freunde vermuten, dass Staatsanwaltschaft und Politik ganz
konkret ihn aus dem Verkehr ziehen wollen, da er einer der profilitiersten
Bundeswehrgegner Deutschlands ist, hatte er doch u.a. 1999 Soldaten dazu
aufgefordert, den "voelkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien zu
verweigern und/oder zu desertieren" -- und war in einem diesbezueglichen
Verfahren gegen ihn von einem Tuebinger Gericht vom Vorwurf der Aufforderung
zu einer Straftat freigesprochen. Was einer richterlichen Feststellung
gleichkommt, dass der Bundeswehreinsatz tatsaechlich verfassungswidrig war.
Auch wird vermutet, dass die Aufhebung der Immunitaet gerade zum jetzigen
Zeitpunkt kein Zufall waere, wo der Einsatz militaerischer Kraefte der EU
unter fuehrender Beteiligung der Bundeswehr im Kongo beschlossen und die
Bundeswehr anlaesslich der Fussballweltmeisterschaft im Inland eingesetzt
werden soll.

Pflueger selbst spricht von einer "fortgesetzten Verfolgung meiner Person".
Das erscheint weniger als Paranoia, wenn man weiss, wie oft in den letzt
Jahren eine Kriminalisierung versucht worden ist. Pflueger: "Auch 2003 und
2004 ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen mich. Alle Verfahren wurden
eingestellt oder endeten mit Freispruechen. Interessant ist, dass es im
EU-Parlament die Regelung gibt, gegen fortgesetzte Verfolgung das Instrument
der Immunitaet einzusetzen." Daher habe es auch im Vorfeld der jetzigen
Abstimmung Zusagen von Gruenen und Sozialdemokraten gegeben, den
Aufhebungsantrag zurueckzuweisen. "Diese Zusage wurde jedoch vom
sozialdemokratischen Fraktionsvorsitzenden Martin Schulz nicht eingehalten.
Hintergrund scheint zu sein, dass einige konservative Abgeordnete den 'Fall'
vor Gericht sehen und mir politisch 'eins auswischen' wollen. Aber gerade so
etwas sollte ja mit der Immunitaetsregelung verhindert werden." (akin)


Eine Dokumentation der Causa von 1999 findet sich unter
http://www.imi-online.de/liste.php3?mail=89

Interview vom 18. Mai 2006 mit ND im Volltext:
http://tobiaspflueger.twoday.net/stories/2027442/

Eine Petition gegen die Immunitaetsaufhebung soll sich finden unter:
http://www.thomas-mitsch.de/index.html?petition.html
Allerdings war der Server am Montag von mittags bis spaet in die Nacht nicht
erreichbar.



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