**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 4. April 2006; 18:33
**********************************************************

Bank/Arbeit/Wirtschaft/Gewerkschaft:

> Bawag-Verkauf: Nicht uebereilt, aber moeglichst schnell

Bei der OeGB-Vorstandsabstimmung ueber den BAWAG-Verkauf gab es durchaus
auch Dissenz. Der Stimme enthalten haben sich die Unabhaengigen
GewerkschaftenInnen, ein Vertreter der Gewerkschaftsjugend (FSG) und der
Vorsitzende der Gewerkschaft Kunst, Medien, Freie Berufe (fraktionslos),
dagegen gestimmt haben die Vertreterin des Gewerkschaftlichen Linksblock
(GLB) und ein weiterer Vertreter der Gewerkschaftsjugend (FSG).

"Wir haben uns im OeGB Bundesvorstand der Stimme enthalten. Weil fuer uns
der Beschluss zum Verkauf vor allem unter dem Vorzeichen des politischen
Drucks auf den OeGB stattgefunden hat und keine ausreichende Diskussion zu
einer moeglichen, neuen Positionierung einer Bank im OeGB-Eigentum
stattgefunden hat," erlaeutert Markus Koza, Mitglied der Unabhaengigen
GewerkschaftenInnen die Position seiner Fraktion. "Es gibt viele Argumente,
die durchaus fuer eine Trennung von Gewerkschaft und Bank sprechen. Die
Argumente dafuer liegen - angesichts des BAWAG-Debakels, der unmoralischen
Spekulationsgeschaefte und der Verstrickung der ehemaligen OeGB-Spitzen in
dieser Causa - auf dem Tisch. Es gaebe allerdings auch genuegend Gruende,
eine Neupositionierung der Bank zu versuchen. Und die Chance, diese
Neupositionierung als Bank im Sinne der ArbeitnehmerInnen, im Sinne der
Foerderung der 'Realwirtschaft' zu versuchen, wurde nicht ausreichend
verfolgt," so Koza weiter. "Das ist bedauerlich, weil eine
Gewerkschaftsbank, die in diesem Sinne agieren wuerde, durchaus ihre
Berechtigung haette. Jedenfalls haette dem gestrigen Beschluss eine
Diskussion vorangehen sollen -- und ein Beschluss am Ende der Diskussion
stehen muessen. Dieser haette dann durchaus auch den Verkauf beinhalten
koennen."

Notwendig sei nun eine offensive Informationspolitik seitens des OeGB
gegenueber seinen Mitgliedern: "Wo bleibt ein Schreiben an jedes Mitglied,
wo sich der OeGB fuer das Debakel und Verhalten der Gewerschaftsbank
entschuldigt und seine Mitschuld und -verantwortung eingesteht? Wo bleibt
ein offensives, transparentes Herangehen an das Thema? Es waere endlich an
der Zeit, entsprechende Schritte zu setzen, um wieder Vertrauen bei den
Mitgliedern zu gewinnen. Weil -- dass der OeGB mit dem allen nichts zu tun
hat und nur das BAWAG-Management boese war, glaubt ohnehin niemand mehr,"
schliesst Koza.

Der Gewerkschaftliche Linksblock (GLB) ist prinzipiell gegen den Verkauf.
Karin Antlanger, GLB-Bundesvorsitzende bezeichnete die Vorgangsweise als
Panikreaktion und kritisierte, dass der OeGB springt, wenn SPOe-Chef Alfred
Gusenbauer den Verkauf der BAWAG verlangt: "Damit wird einmal mehr trotz
gegenteiliger Behauptungen bestaetigt, wie sehr die OeGB-Fuehrung am
Gaengelband der Parteipolitik der SPOe haengt."

Antlanger erinnerte daran, dass bei der tags zuvor stattgefundenen Sitzung
des OeGB-Bundesvorstandes uebereinstimmend von allen fuehrenden
OeGB-FunktionaerInnen mit Verweis auf die gute wirtschaftliche Situation der
Bank festgestellt wurde, dass die BAWAG weiterhin im Eigentum des OeGB
bleiben muesse: "Es ist hoechst unglaubwuerdig, wenn ueber Nacht alles
anders ist. Den Verkauf einer Bank darf man nicht in einer Viertelstunde
entscheiden."

Wenn der interimistische OeGB-Praesident Rudolf Hundstorfer erklaert, dass
der OeGB weiterhin Partner der BAWAG bleiben werde, dann muss dazu gesagt
werden, dass er aber nach einem Verkauf nichts mehr mitzureden hat, wie die
Gelder des OeGB kuenftig veranlagt werden. Kritisch eingebracht wurde vom
GLB dazu auch, ob das Vermoegen des OeGB wie etwa der Streikfonds kuenftig
um den Preis hoher Renditen auch in Ruestungs-, Pharma-, Atom- oder
Gentechnikaktien veranlagt werden koennte. Von dem bei der Sitzung
anwesenden BAWAG-Chef Ewald Nowotny gab es dazu keine Stellungnahme.Der
Argumentation Nowotnys fuer den Verkauf, dass eine Bank immer wachsen muesse
und dies mit den Interessen des OeGB unvereinbar sei widersprach Antlanger
und wies mit dem Hinweis auf die Rationalisierung im Bankbereich auch
Nowotnys Argument zurueck, ein solches Wachstum sichere Arbeitsplaetze. Wie
bereits bei der Sitzung am Vortag erklaert, lehnt der GLB den Verkauf der
BAWAG ab. Antlanger meinte, eine gewerkschaftseigene Bank muesse nicht alle
Geschaefte des "normalen" Bankwesens mitmachen, sie plaedierte dafuer zum
Gedanken der seinerzeitigen Arbeiterbank zurueckzukehren.

Wie wenig der OeGB sich selbst in seiner eigenen Argumentationsweise
auskennt, zeigt ein halboffizielles Argumentationspapier im
Frage-Antwort-Stil. Dort heisst es: "Frage: Der OeGB hat immer gesagt, die
Ankuendigung eines Verkaufs senkt den Wert des zu verkaufenden Unternehmens.
Wird die BAWAG P.S.K. nach den Turbulenzen und Veroeffentlichungen der
vergangenen Tage nicht weit unter Wert verkauft werden muessen? - Antwort:
Der OeGB wird den Verkauf selbstverstaendlich nicht uebereilen, sondern zum
wirtschaftlich guenstigsten Zeitpunkt durchfuehren." Und gleich einen Absatz
darunter: "Frage: Warum wird die BAWAG P.S.K. so schnell (so ploetzlich)
verkauft? - Antwort: Angesichts der politischen Diskussionen im Vorfeld des
Wahlkampfes ist es Ziel des OeGB, die BAWAG P.S.K. schnell aus den
Schlagzeilen zu bringen. Der OeGB Bundesvorstand ist sich seiner politischen
Verantwortung fuer die Bank, die KundInnen, die Beschaeftigten und den
Finanzplatz bewusst und hat daher raschest im Sinne der Ertragskraft der
Bank entschieden." Der Widerspruch scheint niemandem aufzufallen... (UG,
GLB/akin)

*

WWWebtip zum Thema

Die KPOe sammelt Unterschriften fuer eine OeGB-Urabstimmung ueber den
BAWAG-Verkauf: http://www.kpoe.at/cgi-bin/petition.cgi?p=oegbbawag



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero@gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin