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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 14. Maerz 2006; 17:10
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Glosse:

> Reine Selbstueberschaetzung

Schwer zu sein ein Sicherheitssprecher, denkt sich derzeit wohl wieder mal
Peter Pilz. Wenn er ueberhaupt darueber nachdenkt. Oder wenn er darueber
nachdaechte, dass er sich frueher noch als "Friedenssprecher" titulieren
liess. Aber das ist lange her.

Vor kurzem liess er wieder mal was fallen bezueglich "EU-Vergemeinschaftung
der Sicherheitspolitik". Freudig berichtete darueber das OeVP-Organ "Neues
Volksblatt": "Pilz kann sich bei gemeinsamer EU-Verteidigungspolitik
Empfehlung fuer Nein zur Neutralitaet vorstellen". Und von etlichen linken
Gruppen bezog er wieder einmal die ueblichen Pruegel.

Doch die Aufregung ist natuerlich Routine, wiederholte Pilz doch nur einen
schon damals heftig gescholtenen Beschluss des Erweiterten Bundesvorstandes
der Gruenen von 2004.

Und irgendwie tut man Pilz auch unrecht, denn verknuepft mit dieser
Forderung will er auch, dass sich die EU zur Nichtteilnahme an Kriegen
verpflichte und einen Abzug fremder Truppen sowohl aus dem
Gemeinschaftsgebiet als auch aus dem uebrigen Europa -- uebersetzt heisst
das wohl: "Ami go home". Mit diesen Verknuepfungen sieht die Sache schon ein
wenig anders aus, kaeme doch ein solches Statut der oesterreichischen
Neutralitaet ziemlich nahe.

Das will aber niemand von den linken Kritikern hoeren -- und sie haben recht
damit! Denn wenn die oesterreichischen Gruenen so ein Programm postulieren,
sind die Details europapolitisch ziemlich egal. Kaeme der Vorschlag vom
franzoesischen Praesidenten und von der deutschen Bundeskanzlerin koennte
man (sofern man ihnen so etwas glaubte) durchaus den Ansatz ernstnehmen und
wirklich in seinen Details als umsetzbar ansehen. Wenn das hingegen eine
kleine Oppositionspartei in einem bedeutungslosen Land verbreitet, bleibt in
der Oeffentlichkeit dieses Landes nur uebrig, dass auch die Gruenen schon
die Neutralitaet abschaffen wollen -- siehe Volksblatt. Im uebrigen Europa
wird das sowieso geflissentlich ignoriert. Eine Presseaussendung ist halt
nur so gut wie das daraus resultierende Echo.

Einem politischen Anfaenger kann man derlei Stuemperhaftigkeiten schon
verzeihen. Pilz, ein Meister auf der medialen Klaviatur, muesste es aber
besser wissen. So koennte man vermuten, dass die Gruenen eine
Doppelstrategie fahren -- einerseits sich beim zukuenftigen
Koalitionspartner einschleimen, andererseits den Kritikern vorhalten zu
koennen, sie haetten nicht das ganze Konzept gelesen.

Aber das glaube ich nicht. Ich glaube eher daran, dass diese Partei immer
noch daran krankt, sich in ihrer eigenen Bedeutung zu ueberschaetzen. So wie
die Gruenen ueberzeugt sind, eine Koalition mit der OeVP unbeschadet zu
ueberleben, so glauben sie, die Militaerpolitik der EU in ihrem Sinne
beeinflussen zu koennen -- und erreichen damit genau das Gegenteil.

Lenin haette sie wahrscheinlich "nuetzliche Idioten" genannt...
*Bernhard Redl*

Materialien:
http://www.gruene.at/frieden_sicherheit/artikel/lesen/5493/
http://www.volksblatt.at/folgeseite.asp?inc=artikel/artikel_politik25

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