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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 17. Jaenner 2006; 14:40
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Verkehr(t)/Kampagne:

> Nahverkehr aufs Abstellgleis

Mit einer Gesetzesnovelle zum oeffentlichen Personennah- und Regionalverkehr
will sich der Bund weiter aus der Verantwortung zurueckziehen -- eine
Aussendung der Eisenbahnergewerkschaft

Folgendes hat die Bundesregierung mit dem OePNRVG-neu vor:

• Streichung des Grundangebots nach §7 OePNRVG: Niemand ist mehr fuer ein
Grundangebot an Nah- und Regionalverkehr verantwortlich.

• Aufteilung aller Finanzmittel auf die Laender auf Basis 2003 mit
VPI-Indizierung. Der Bund bezahlt derzeit nur 11,5 Mio Euro und stockt
diesen Betrag zum "Verkaufen" der Reform auf 30 Mio auf.

• Schwaechung der Verbuende: Im neuen Entwurf fehlen die Ziele und Aufgaben
fuer Verbuende.

• Keine Handhabe gegen Parallelverkehre: Oesterreichs Problem mit
ineffizienten Parallelverkehren geht weiter: Die Handhabe zum "Abstrafen"
von Parallelverkehren (Bahn/Bus) wird gestrichen.

Folgendes befuerchten wir durch die Reform:

• Rueckzug der Laender aus dem Oeffentlichen Verkehr aus Geldmangel: Die
Laender werden sich die Kostensteigerungen nicht leisten koennen. Der Bund
zieht hinterruecks (Infrastrukturbenuetzungsentgelt, OeBB) viel mehr Geld
aus dem Verkehr heraus als er vorne hinein steckt. Aus NOe spricht man von
der Stilllegung von bis zu 2/3 des Regelbetriebs auf den Regionalbahnen.

• Rueckzug aus dem Reformchaos OeBB: Der OeBB fehlt seit der "Reform" an
allen Enden das Geld. Alleine im Personenverkehr klafft eine Luecke von 200
Millionen Euro fuer die Erneuerung des durchschnittlich 21 Jahre alten
Wagenparks. Die Steiermark ist ein gutes Beispiel: Dort fehlen 28 Mio Euro
fuer den bestehenden Verkehr. Das gesamte Landesverkehrsbudget betraegt aber
nur gut 20 Millionen. Der Bund verweigert die Abdeckung.

• Rueckzug aus den Finanzproblemen im OePNRV: Nach Expertenschaetzungen wird
der Nahverkehr in den naechsten 5 Jahren ohne strukturelle Reformen bis zu
20% teurer. Die Bundesregierung macht lediglich eine Finanzreform und
ueberlaesst die explodierenden Budgets den Laendern.

• Der Bund bereichert sich ueber IBE (Infrastrukturbenuetzungsentgelt):
Hinzu kommt eine rapide steigende Schienenmaut (IBE), die durch Verordnung
des Verkehrsministers festgelegt wird. Aus diesem Titel kommen pro Jahr noch
mal 20 Mio Euro auf die Laender zu. Nach OeBB-Rechnung steigt die
Schienenmaut von 2001 bis 2010 um 89%. Der Bund verweigert den Laendern die
Abgeltung dieser Erhoehung.

• Keine Zustaendigkeit fuer Interregional- und Fernverkehr: Es gibt keine
koordinierende Instanz fuer die Bereitstellung eines
landesgrenzen-ueberschreitenden Taktverkehrs. Kukacka verspricht diesen
Taktverkehr in der Oeffentlichkeit, waehrend er sich gleichzeitig aus seiner
Verwirklichung verabschiedet.

Das hat wiederum folgende Folgen:

• Den Laendern fehlt die Planungssicherheit, um ihren Regionalverkehr an ein
leistungsfaehiges Hauptnetz (Taktknoten) anbinden zu koennen.

• schlechtere Anschluesse und Flickwerk: Oesterreich hat grosse
landesgrenzenueberschreitende Pendlerstroeme. Diese Pendler werden bei
Laenderplanung Anschluesse verlieren und auf das Auto ausweichen muessen.

Statt dessen: eine "richtige" Nahverkehrsreform:

1. Politische Zielbestimmung:Wir muessen wissen, was OePNRV fuer uns leisten
soll. Beispiel Schweiz: Dort gibt es einen Volksentscheid, dass alle
Siedlungen mit mehr als 100 Bewohnern ganzjaehrig oeffentlich erschlossen
sein muessen, und alle Linien (Bus oder Bahn) mit mehr als 500 Passagieren
pro Tag im Stundentakt fahren. Derzeit wissen wir zwar, wie viel
Oesterreichs oeffentlicher Verkehr kostet, aber nicht einmal, wie viele
Menschen er erreicht und wie viele er transportiert.

2. Gemeinsame oesterreichische Strategie:Wir muessen uns gemeinsam
entscheiden, wie wir am effizientesten unser Ziel erreichen. Diese
Bundesverkehrsstrategie muss vom Bund gemeinsam mit den Laendern erarbeitet
und verbindlich beschlossen werden. Kern dieser Strategie muss ein
Taktverkehr sein. Diese Strategie muss oesterreich- einheitlich sein, sonst
bekommen wir 9 Schrebergaerten.

3. Eigenverantwortliche Planung und Bestellung:Wenn alle wissen, wo wir hin
wollen, kann man Kompetenzen neu ordnen: Der Verkehr auf den Hauptstrecken
sollte Bundesangelegenheit bleiben. Der Verkehr in der Flaeche (Bus, aber
auch Regionalzug) sollte Laenderkompetenz sein.

4.Dann erst Aufteilung der Finanzen nach der Aufteilung der Kompetenzen. Die
derzeit geplante Finanzreform spannt den Karren vors Pferd und tut den
letzten Schritt, bevor wir ueberhaupt wissen, wie der erste Schritt aussehen
soll. (Dies drueckt sich uebrigens auch in der Verhandlungsfuehrung des
Bundes aus: Seit September liegt der mittlerweile vierte Entwurf fuer eine
Reform vor, der mit dem ersten nicht mehr viel gemein hat).

Wir waren noch nie so knapp an einer echten Reform. Es gibt weit gehende
Uebereinstimmung fuer oben skizzierten Plan von den Laendern, den
Verbuenden, den Verkehrsplanern, VCOe, ArbeitnehmerInnen und mehr. In
wenigen Jahren ist eine spuerbare Verbesserung des Oeffentlichen Verkehrs in
Oesterreich machbar.

Die Planungen und Gesetze sind binnen eines Jahres moeglich, die ersten
Ergebnisse gibt es nach 2-3 Jahren. Langfristig braucht so ein Konzept (wie
in der Schweiz) 10 Jahre.

Kurzfristig muessen wir Schaeden beheben (OeBB) und Investitions-Rueckstand
aufholen. Langfristig soll ein deutlich besserer OePNRV nicht mehr kosten
als schon derzeit. Das Motto heisst: zuerst denken, dann Geld ausgeben. Das
ganze Projekt kostet deutlich weniger als ein einziges Strassen- oder
Bahngrossprojekt. (gek.)

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Kampagne im Web

Obiger Text stammt von der Kampagnenseite der Eisenbahnergewerkschaft
http://www.busundbahn.at , wo auch eine Protestpetition unterzeichnet werden
kann. Wer weiterfuehrende Informationen dort sucht, sollte die Rubriken "10
Argumente" und "Fakten" meiden -- dort gibt es hauptsaechlich Gejammer.
Tatsaechliche Fakten verstecken sich im "Buergermeisterportal":
http://www.busundbahn.at/buergermeister/bm-downloads.htm , wo auch der
ungekuerzte Text obiger Aussendung nachzulesen ist.


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