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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 8. Februar 2005; 19:00
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EU/Menschenrechte:

> Ein Schritt nach vorne, zwei zurueck?

EU-Agentur fuer Grundrechte: Bemuehung um Belanglosigkeit

Die EU plant die Umwandlung der Beobachtungsstelle fuer Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit EUMC in die "Agentur fuer Grundrechte".
Kommissionspraesident Barroso will sich angeblich mit voller Ueberzeugung fuer
diese Agentur engagieren. Im Mai 2005 soll der ausgearbeitete Vorschlag
vorliegen, ab 2007 soll die Agentur arbeiten. Aber Skepsis ist angebracht, denn
die Kommission wird bei ihrer Entscheidung kaum den Stimmen der NGOs mehr
Gewicht beimessen als den Stimmen der Regierungen, die in der Kommission selbst
vertreten sind.

Die Vertreter der Regierungen aeusserten den Willen, die Agentur so klein als
moeglich zu halten und der politischen Kontrolle zu unterwerfen. Die Umwandlung
der EUMC zur Agentur ist fuer viele ein willkommener Anlass, deren Kompetenzen
zu beschneiden. Der Vertreter des oesterreichischen Aussenministeriums forderte
etwa, die Agentur duerfe nicht Monitoring der einzelnen Staaten betreiben,
sondern duerfe nur der Kommission "beratend" zu Seite stehen. Mehr als eine
Alibi-Funktion wuerde man der Agentur also nicht zugestehen. Dazu ist zu
erwaehnen, dass von der EUMC in Oesterreich viel Rassismus und Antisemitismus
festgestellt wurde, nicht zuletzt in der Regierungspartei FPOe, die darin ein
ideologisches Hauptbetaetigungsfeld habe. Auch die Asylpraxis in Oesterreich und
die Asylgesetzgebung entspraechen nicht den Mindestanforderungen der
Menschenrechte, genauso stand in juengster Vergangenheit die Polizei haeufig
durch rassistisches Vorgehen im Zentrum der Kritik.

Eine auf die Reduktion der Agentur abzielende Wortmeldung kam auch vom
franzoesischen Justizministerium, das unter anderem die Ansicht vertrat, im
Verwaltungsrat der kuenftigen Agentur muessten die Vertreter der Staaten
sitzen - als Ausdruck des Willens dieser Staaten. Damit waere die politische
Kontrolle gewaehrleistet, nicht aber die Unabhaengigkeit, die von anderen
Teilnehmern mit besonderem Nachdruck gefordert wurde. Die politische Kontrolle
der Agentur wuerde diese sinnlos machen. Dies hat nicht zuletzt der Bericht zum
Antisemitismus in der EU gezeigt, dessen Veroeffentlichung lange hinausgezoegert
wurde. Hervorgehoben wurde im Bericht u.a. der oft gewalttaetige Antisemitismus
in Frankreich, der vor allem unter muslimischen Einwanderern grassiere. Der
Bericht war unbequem und wurde, aufgrund politischen Drucks, unter Verschluss
gehalten - bis ein EU-Abgeordneter ihn auf seiner Homepage veroeffentlichte.

Die haeufigste Forderung seitens der verschiedenen Organisationen war denn auch
die Unabhaengigkeit der Agentur: Keine politischen Konditionierung, ein freies
Sammeln von Informationen und deren Analyse sowie deren Publizierung ohne
Hindernisse und Erschwernisse. Eine weitere klare Forderung war die der
angemessenen Finanzierung.

Die Menschenrechtsorganisationen und NGOs, die an der Anhoerung teilnahmen,
kritisierten ausserdem die Grundschwaeche des Projektes: Die Kommission hat den
etwas schwammigen Begriff "Grundrechte" gewaehlt und den Begriff
"Menschenrechte" vermieden. Das ist ein schlechtes Zeugnis fuer Europa, das
sich weltweit als Lehrmeister der Menschenrechte aufspielt. Fast 60 Jahre nach
Verabschiedung der Internationalen Menschenrechtserklaerung sowie nach
zahlreichen Zusatzkonventionen durch UNO, Europarat und EU selbst, ist die
EU-Kommission nicht gewillt, den Begriff "Menschenrechte" zu verankern. Auch die
"Grundrechte-Charta" dokumentiert dieses Versagen. (GfbV/stark bearb.)

Quelle: http://www.gfbv.it/3dossier/eu-min/ue-agen25-de.html


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