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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 1. Februar 2005; 19:49
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Alles, was Recht ist:

> Strafrechtler fuer mehr vorzeitige Haftentlassungen

Drei fuehrende Strafrechtsexperten der Linzer Johannes Kepler Universitaet
treten fuer mehr bedingte vorzeitige Haftentlassungen ein. Das dabei
entstehende Risiko sei "verkraftbar", argumentieren sie mit den Ergebnissen
einer Studie des Institutes fuer Strafrechtswissenschaften, die Montagabend
in einer Veranstaltung in Linz vorgestellt wurde.

Der emeritierte Universitaetsprofessor Reinhard Moos, der
Universitaetsprofessor Helmut Hirtenlehner und der Assistenzprofessor Alois
Birklbauer haben in der Studie den Erfolg bedingter Entlassungen aus einer
Freiheitsstrafe bei Sexual- und Raubdelikten untersucht. Insgesamt werde die
bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug in Oesterreich sehr zurueckhaltend
angewendet. Dabei sei der Anteil jener Gefangenen, denen eine bedingte
Entlassung verweigert werde, weil sie faelschlich als zu gefaehrlich
eingestuft werden, sehr gross. So seien 66 Prozent der Sexual- und 50
Prozent der Raubstraftaeter, denen eine bedingte Entlassung verweigert
wurde, weil sie als zu gefaehrlich galten, entgegen dieser negativen
Zukunftsprognose nicht mehr rueckfaellig geworden.

Die Wissenschaftler stellten weiters fest, dass bedingt entlassene
Straftaeter weniger haeufig rueckfaellig werden als jene, die ihre gesamte
Strafe verbuessen mussten: 34 Prozent jener Sexual- und 50 Prozent jener
Raubstraftaeter, die die gesamte Freiheitsstrafe absitzen mussten, wanderten
demnach erneut ins Gefaengnis. Dagegen wurde nur etwa ein Viertel der
bedingt entlassenen Straftaeter erneut zu einer unbedingten Freiheitsstrafe
verurteilt.

Die Strafrechtsexperten geben allerdings zu bedenken, dass die
unterschiedlichen Rueckfallsraten kein Ausdruck einer erzieherischen Wirkung
der bedingten Entlassung sei. Die Ursachen dafuer laegen vielmehr in der
richtigen Auswahl der Straftaeter durch die Gerichte. Dabei koennten auch
jene Gerichte, die nur sehr zurueckhaltend von der bedingten Entlassung
Gebrauch machen, keine besseren Rueckfallsergebnisse vorweisen und die
Gesellschaft nicht besser schuetzen als jene, die verhaeltnismaessig
grosszuegig vorzeitig entlassen.

Weil die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug nicht weniger, aber auch
nicht mehr Rueckfallskrimininalitaet hervorbringe als die Entlassung bei
Strafende, und der Entzug der Freiheit nur das letzte Mittel sein duerfe, um
die Gesellschaft vor Rechtsbrechern zu schuetzen, fordern die Autoren der
Studie "einen vermehrten Gebrauch von diesem Rechtsinstitut". Angesichts des
hohen Anteils jener, denen faelschlich eine negative Zukunftsprognose
erteilt wurde, kommt die Studie zum Schluss, dass die vorzeitige Entlassung
aus der Freiheitsstrafe weiter gefoerdert werden muesse, weil das Risiko
bedingter Entlassungen aus dem Strafvollzug fuer die Gesellschaft jedenfalls
"verkraftbar" sei. Fuer eine Ausweitung der bedingten Entlassung wuerden
auch die hohen Kosten des Strafvollzugs sprechen. (APA)

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