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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. November 2004; 19:21
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Europaeische Union/Glosse:

> Gluecklicherweise homophob

Die EU-Kommission ist gescheitert. Auch schon was...


Es war ja nicht nur der schwulenfeindliche Rocco Buttiglione, der den
Unwillen so manchen Mitglieds des Europaparlaments bei den Hearings
hervorrief -- aber es war dieser designierte Kommissar, oder besser: sein
loses Mundwerk, das den Ausschlag gab, der Kommission das Vertrauen zu
verweigern.

Was waere gewesen, haette Buttiglione, wie man das von europaeischen
Politikern gewohnt ist, seine Ansichten fuer sich behalten und
dementsprechende Vorwuerfe mit moderaten Toenen abgewiegelt? Es haette zwar
nichts an seine Ansichten geaendert, er waere aber trotzdem kommissabel
gewesen. So aber, weil er nicht geschwindelt hat, sondern, wie das auch bei
seinem Herrn und Meister in Rom ueblich ist, seiner ganzen Praepotenz und
reaktionaeren Grundhaltung freien Lauf gelassen hat, war er nicht tragbar.

Dazu passt, dass von sozialdemokratischer Seite noch der Versuch gestartet
worden war, ihm mit einer Ehrenerklaerung, dass seine diesbezueglichen
Ansichten keinen Einfluss auf seine Amtsausuebung haben sollen, die Rutschen
zu legen -- als ob das irgendwelche realen Auswirkungen gehabt haette.

Dazu passt auch, dass die Idee ventiliert worden war, ihn vom Justizressort
zum Wettbewerbsressort zu verschieben -- ein Abgesandter Berlusconis, der
ueber den europaeischen Wettbewerb wachen soll, eine wirklich prickelnde
Idee.

Was aber bei dieser Debatte sehr schoen herauskam, war vor allem eines:
Nicht der Kommissionspraesident waehlt die Mitglieder der EU-"Regierung"
aus, wie doch gerne behauptet wird, sondern die einzelnen Ratsmitglieder --
sprich die nationalen Regierungschefs -- schicken ihre Vertreter. Und dann
stellt sich die Frage: Warum sollte ein EU-Parlament ueberhaupt einen
Vertreter Berlusconis akzeptieren, wo es doch groesste Probleme mit diesem
Tele-Duce hat. Immerhin ist ja bekannt, was Berlusconi vom Europaeischen
Parlament haelt -- spaetestens seitdem er einen deutschen Abgeordneten, der
gewagt hatte, ihn zu kritisieren, eine Rolle als KZ-Capo anbot.

Schliesslich sind wir von Budapest bis Lissabon alle "Staatsbuerger" der EU,
wieso bestellt die roemische Regierung ein EU-Regierungsmitglied? Oder
anders: Was kann der Rest der EU dafuer, dass bei uns die OeVP 42% hat --
wieso muessen die jetzt alle Ferrero-Waldner ertragen? Es ist schlimm genug,
dass die Versammlung der Regierungschefs nach wie vor die EU-Gesetzgebung
dominiert, warum muessen dann auch noch ihre Strohmaenner die Kommission
bilden?

Die EU ist ein undemokratischer Moloch, wo nationale Verwaltungsapparate und
Kapital-Lobbyisten das Sagen haben, es aber als demokratische Errungenschaft
angesehen wird, wenn man mit einer Million Unterschriften eine rechtlich
voellig belanglose Petition einbringen darf -- was soll man da also davon
erwarten? Aber die EU hat einen anderen Anspruch und das Europaeische
Parlament will ein wirklich erwachsenes Parlament werden, das auch einmal
mitreden darf, wenn die Grossen debattieren.

Aber selbst diesen eigenen Kriterien genuegt das EP nicht. Wenn es einmal
eine allzu frech gezimmerte Kommission ablehnt, ist es nur wie ein kleiner
Bub, der sich freut, dass er den Papa beim Schnapsen ein Bummerl angehaengt
hat und sich andererseits fuerchtet, weil der Papa vielleicht jetzt boese
sein koennte.

Es ist erfreulich, dass trotz aller Widrigkeiten das EP etwas getan hat, was
man ihm eigentlich nicht zugetraut hat. Ein "Sieg der Demokratie", wie
bisweilen zu hoeren war, ist dafuer aber dann doch ein zu grosses Wort.
*Bernhard Redl*



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