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Aussendungszeitpunkt: Montag, 14. Juni 2004; 20:56
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Tuerkei/Kurdistan:

> Versoehnliche Botschaft Leyla Zanas nach Freilassung

Nach 10 Jahren wurden vier ehemaligen kurdischen Abgeordneten letzte Woche
aus der tuerkischen Haft entlassen. 3500 weitere sitzen aber immer noch ein.

"Jetzt ist nicht die Zeit fuer Streit oder Abrechnungen, wir wollen nach
vorne schauen und ein neues Kapitel in der Tuerkei aufschlagen." Die kleine
Frau mit dem dunklen Pagenschnitt wirkte erschoepft. Eingeklemmt zwischen
ihren Mitstreitern und Hunderten von Anhaengern musste Leyla Zana nun, nach
zehn Jahren im Gefaengnis und erst wenige Minuten wieder in Freiheit,
unbedingt etwas sagen. Fast das ganze Land wartete gespannt am Fernseher,
welche Worte sie finden wuerde. Es war eine versoehnliche Botschaft, die die
bis dahin bekannteste kurdische Gefangene der Tuerkei in der Stunde ihrer
Freiheit verkuendete.

Fast zeitgleich mit Zanas Pressekonferenz im Hauptquartier der prokurdischen
Dehap-Partei in Ankara versammelten sich die ersten hundert Menschen vor dem
Rathaus in Diyarbakir, der kurdischen Stadt, als deren Abgeordnete sie 1994
ins Parlament in Ankara eingezogen war.

Es war ein historischer Tag fuer die Kurden in der Tuerkei. Zunaechst
fuellten sich am Morgen die Teegaerten, weil viele Kurden gemeinsam die
Premiere einer kurdischen Sendung im offiziellen Staatsfernsehen der Tuerkei
erleben wollten. "Ich glaubte, ich traeume und ich hatte Angst, aus dem
Traum wieder aufzuwachen", sagte anschliessend der kurdische Schriftsteller
Seyhmus Diken. Der Dehap-Buergermeister von Diyarbakir, Osman Baydemir,
aeusserte sich zurueckhaltender: "Es ist ein erster Schritt, aber damit
loest man noch nicht die kurdische Frage."

Nach zehn Jahren

Am Nachmittag dann trafen sich die Leute erneut, um ausgelassen die
Freilassung von Leyla Zana, Hatip Dicle Selim Sadak und Orhan Dogan, zu
feiern. Alle vier waren 1994 aus dem Parlament heraus verhaftet und wegen
Unterstuetzung der PKK zu 15 Jahren Haft verurteilt worden.

Nach einer Entscheidung des Europaeischen Menschenrechtsgerichtshofes wurde
das Verfahren 2003 neu aufgerollt - und das Urteil bestaetigt. Am
Mittwochvormittag entschied dann der Oberste Gerichtshof (Yargetay), die
vier kurdischen Politiker aus der Haft zu entlassen, obwohl eine
Entscheidung ueber das weitere Verfahren erst am 8. Juli getroffen wird.

Nach der Freilassung der vier prominenten Abgeordneten wies die
"Gesellschaft fuer bedrohte Voelker" in einer Aussendung darauf hin, dass in
der Tuerkei 3500 weitere kurdischen politischen Haeftlinge einsitzen. Rund
70 Prozent von ihnen seien wegen angeblicher Mitgliedschaft in der
kurdischen Arbeiterpartei PKK bestraft worden. Andere Urteile seien damit
begruendet worden, dass die Inhaftierten die PKK unterstuetzt, ihre
Anhaenger beherbergt und bewirtet, Plakate geklebt, Flugblaetter verteilt
oder an Demonstrationen teilgenommen haetten. so die GfbV in einer
Aussendung. (DER STANDARD, 11.06.2004; GfbV/akin)




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