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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 25. Mai 2004; 15:51
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Italien/Prozesse:

Genua: Weitere 50 Anklagen

In den naechsten Tagen werden rund 50 Personen, die 2001 an den G8 Protesten
Teil nahmen, Mitteilungen ueber den Abschluss der Ermittlungen erhalten. Die
Betroffenen haben dann 20 Tage Zeit, um etwaige neue Beweise anzubringen
oder um Anhoerung zu bitten. Sobald die Klagezulassung durch ist, gibt es
einen zweiten G8 Prozess. Ob die Gerichtsverfahren gebuendelt stattfinden
werden, ist bisher unbekannt, aber sehr wahrscheinlich. Im bereits laufenden
Gerichtsverfahren gegen 25 italienische Prozessteilnehmer befasst sich das
Gericht auch schon mit 26 Personen zur gleichen Zeit.

Sollte es fuer alle 50 zum Prozess kommen, steigt die Zahl der
strafrechtlich verfolgten Protestteilnehmer auf 76. Damit kann sich die
Staatsanwalt von dem Druck befreien, den insbesondere Vizepremier Gianfranco
Fini in den letzten Jahren unablaessig ausuebte. Fini warf der
Staatsanwaltschaft wiederholt vor, dass in Sachen Genua mehr Polizisten als
Demonstranten unter Anklage standen. Auf polizeilicher Seite muessen
ebenfalls 76 Beamte bzw. Gefaengnisbedienstete vor Gericht. Mit den neuen in
Kuerze bevorstehenden Anklagen waere so ein Verhaeltnis 1:1 erreicht.

Die Unterzeichner der Ermittlungen gegen die 50 Personen, die es jetzt
treffen wird, sind die gleichen, die den aktuell laufenden Prozess fuehren.
Besonders die Staatsanwaeltin Canepa hat bei den bisherigen Verhandlungen im
laufenden Verfahren klar gezeigt, dass sie um jeden Preis eine vorsaetzlich
geplante Systematik der Beschuldigten nachweisen will.

Die Angeklagten im Verfahren gegen die 26 sollen wegen Verwuestung und
Pluenderung belangt werden. Dieser Straftatbestand setzt systematisches
Handeln voraus, den Canepa und der mit ihr ermittelnde und anklagende
Kollege Canciani meinen, eindeutig nachweisen zu koennen. Auffallend war bei
den bisherigen Verhandlungen auch, dass bei Zeugenbefragungen sehr intensiv
nach Hinweisen auf die Anwesenheit von deutschsprachigen Personen gesucht
wird, obwohl kein Deutscher unter den jetzigen Angeklagten ist. Der Nachweis
eines internationalen Rahmens wuerde die Annahme vorsaetzlichen Handelns
unterstuetzen.

Die Klassifizierung einer Gruppe als kriminelle Vereinigung setzte bisher
die klare und feste Zugehoerigkeit zu einer eindeutig strukturierten und
fest umschriebenen Organisation voraus. Nun droht eine Veraenderung diese
Definitionskriterien, um lockere Organisationsstrukturen unter diese
aufnehmen zu koennen.

Eine Bestaetigung fuer diesen Trend, lose Zusammehaenge als organisierte
kriminelle Vereinigungen zu erheben ist die vor wenigen Tagen erfolgte
Aufnahme von einigen anarchistischen Gruppen in die beruehmte internationale
Terrorismus-Blacklist. Die Staatsanwaelte Canepa und Canciani beschaeftigen
sich uebrigens auch mit einigen der Briefbomben sowie mit mehreren Verfahren
gegen Linke und Anarchisten, deren Aktivitaeten als Teil landesinternen
Terrorismus bezeichnet werden.

Erst in den naechsten Tagen und Wochen wird etwas ueber die genauen
Vorwuerfe gegen die Betroffenen der bevorstehenden Anklagen zu erfahren
sein. Bisher ist bekannt, dass vier Angehoerige des Turiner sozialen
Zentrums Askatasuna auf der Liste stehen und zahlreiche Mitglieder der
oesterreichischen Theatergruppe Volxtheaterkaravane. Die Staatsanwaltschaft
ist ueberzeugt davon, dass mehrere von ihnen an den Strassenunruhen
beteiligt waren. Bei den Deutschen weiss man nur, dass es sich um zwei
Gruppen handelt. Es koennte sich also um einige derjenigen handeln, die noch
im Juli 2001 beim Verlassen Genuas verhaftet wurden. Moeglich ist aber auch,
dass es sich um Leute handelt, die mit vielen anderen in einer Anlage der
Provinz in Quarto bei Genua uebernachteten. Die Anlage war als logistische
Staette zur Unterbringung von Protestteilnehmern zur Verfuegung gestellt
worden. Nicht zur Verfuegung gestellte Teile der Anlage wurden je nach
Sichtweise aufgebrochen bzw. besetzt.

In regierungsnahen Medien wurden in schon damals Vorsaetzlichkeit und
geplantes, organisiertes Vorgehen unterstellt. Es gibt eine Uebersetzung aus
der Zeitung "Il Manifesto" vom Juli 2001, die es sich lohnt, noch mal
nachzulesen, um sich einiger Details zu erinnern:
http://www.ballhausplatz.at/johcgi/ball/TCgi.cgi?target=thema&thema=62&ID_News=968
(Gipfelsoli/bearb.)





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