**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Maerz 2004; 12:45
**********************************************************

Aethiopien:

> Schafe, Huehner, Katzen, Floehe

Briefe aus Afrika. Teil 4

Lisa Langbein berichtet von einem Hilfseinsatz fuer "Aerzte ohne Grenzen"
(MSF)

*

Boditi 6. Jaenner 2004

Jetzt kommt schon wieder Weihnachten. Alle sind ganz aufgeregt, morgen ists
soweit. Ein Teil unserer Belegschaft ist heute frueh nach Addis abgereist,
sie werden bis Sonntag bleiben. Wie es halt so ist um Weihnachten rum...

Aber zurueck, wir waren am Sonntag tarsaechlich am Lake Langano. Begonnen
hats natuerlich mit zeitigem Aufstehen, drei Stunden dauerts dorthin. Etwa
nach einer Stunde Fahrt aendert sich die Landschaft, es wird savannig. Die
Baeume sind weiterhin gross, aber dazwischen ists ziemlich trocken. Viele
viele Rinder. Dann kommen Kakteen, die als Zaeune, aber auch als Baeume
wachsen. Wirklich sehr gross. Kaffeepause mit Kuchen an der grossen Kreuzung
und weiter auf der Hauptstrasse Richtung Addis - knapp eine Stunde - dann
waren wir da. Grosser See, einer der wenigen in Aethiopien der
bilharziosefrei ist. Steppensee wuerd ich sagen, Farbe: braun. Angeblich
sollens Mineralien und heilsame Schlaemme sein.

Ein richtiger Touristen-Ort. Mit Shop, Restaurant, Zimmern, Ausflugsboot,
Wasserschi und was so alles dazu gehoert. Sandstrand (heisser Sand!) und
Sonne (starke Sonne!). Ich war viermal im Wasser. Dann spaetes Mittagessen,
Fisch mit Knoblauch (viel Knoblauch, zwei Tage spuerbar) und Reis, dazu ein
Glas italienischen Weines, Luxus pur sozusagen. Und nicht die einzigen
Ferengis, andere auch da, also kein Aufsehen, alles ganz "normal".

Nach vier Stunden war aber Schluss, Beginn einer langen Rueckreise. Wir
waren mit zwei Autos unterwegs, sechs aus unserem Team, sechs nationale
Mitarbeiter. Leider hat das andere Auto schon bald zu kochen begonnen.
Mitten im Nirgendwo natuerlich. Absolut internationaler Anblick: eine Menge
von Maennern um eine offene Motorhaube. Hat eine ganze Weile gedauert, wie
bei einem Fieberkranken, kalte Umschlaege und viel Wasser... dann langsam
weiter, immerhin laenger als ich dachte, aber nicht so weit wie noetig. Der
naechste Aufenthalt, schon im Finstern, in einer Ortschaft, dasselbe Bild,
noch viel mehr Menschen. So eine Fahrt durchs Finstere ist auch eigenartig.
Die wenigsten Orte haben Strom, so ists wirklich finster. Und die Strasse
voller Loecher, die erst im letzten Moment im Scheinwerferlilcht sichtbar
werden. Aber viele Menschen und Tiere unterwegs. Ergebnis dieser Reise: alle
gut zu Hause angekommen, fuenf Stunden Fahrt statt drei und etwas muede.
Aber schoen wars.

In Boditi haben wir meistens Strom. Wenn er ausfaellt, dann gibts uebrigens
auch kein Fliesswasser. Aber wir haben einen Generator, also koennen wir uns
lichtmaessig helfen. Ganz finster ists selten. Aber wenn, dann leuchten die
Sterne noch deutlicher als eh immer. Was unsere Haustiere anbelangt, so sind
die meisten nur ganz kurz hier zu Gast, so wie die beiden Schafe oder auch
immer wieder einmal ein Huhn. Dauerhaft hier, aber selten sichtbar ist eine
schwarz-weisse gutgenaehrte Katze. Sie weicht uns Menschen aus, aber nicht
unserer Nahrung, sofern sie Zugang dazu kriegt (diebisches Kaetzlein). Ganz
anders die Tigerkatze im Lagerhaus, auch recht rundlich und sehr
gespraechig. Sie verlaesst ihre Behausung nicht und passt sehr gut auf
unsere Getreidesaecke auf. Ja, und nicht zu vergessen: unsere Floehe. Immer
wieder, ziemlich treu, besuchen sie uns. Die Zimmer werden reihum gesaeubert
und desinfiziert, aber der Nachschub scheint unerschoepflich.

Donnerstag, 8.1.

Weihnachten also (fast) vorbei. Viele sind aber noch nicht zurueck, es ist
wie bei uns, dauert einfach laenger als einen Tag. Wir waren eingeladen bei
Ashinafi und seiner Frau zum Mittagessen. Dort gibts eine Art Christbaum,
grosse Zweige, behangen mit Luftballons und Grusskarten. Hendl und Eier
gabs, anschliessend Kaffezeremonie. Weihnachten ist hier ein sehr
kirchliches Fest. Alle gehen zu mehreren Messen, viel Gesang und auch
Taenze, hat man mir erzaehlt. Gesaenge haben wir sogar bis zu uns gehoert.
Ashinafi wohnt etwa eine halbe Stunde weg von hier, aber in einer Richtung,
die ich noch nicht so gut kenne. Sehr huebsch, huegelig mit wiederholten
Fernsichten. Die Baeume sind recht vielfaeltig, da gibt's Nadelbaeume fast
wie bei uns, dann diese Schirmbaeume (Schirmakazien? Lacht mich ruhig aus,
ich kenn mich nicht aus in der Botanik) und riesige Exemplare
(platanenartig?), die ganz dicke Staemme haben koennen und grosse Halbkugeln
bilden. Und viele Eukalyptusbaeume. Natuerlich ueberall Bananenstauden, auch
viele "falsche Bananen", die schauen ganz aehnlich aus, tragen aber keine
Fruechte. Die Wurzeln werden zu Mehl verarbeitet und auch die Blaetter
werden verwertet.

Sonntag der 11. 1.

War gerade bei Schwester Mena zum Kaffee, sie gehoert zum Orden der Toechter
de heiligen Anna und betreibt eine Art Missionsstation mit Kindergarten,
Schule, Kirche und Klinik (so hab ich sie ja kennengelernt).

Dann mussten wir noch zu Mogus zu einem weiteren Kaffee und jetzt bin ich
wieder da, beim Computer, weil ich muss die Sachen fuer meine
Ambulanz-Schwester und Pfleger fuer morgen herrichten. Und die letzte Woche
abrechnen.

Gestern sind wir rausgegangen, in einen Bezirk und haben - auf der Wiese -
MalariapatientInnen behandelt. Eine technisch-logistische Herausforderung
fuer mich, zu Beginn waren wir eigentlich viel zu langsam, aber nach einer
Weile gings ganz schoen. Befragung, Zettelchen, Thermometer, Paracheck,
Medikation, Erklaerung. Immer fuenf und wieder fuenf Menschen. Sechs Stunden
warens dann, ohne Pause. Dann ist das Team zusammengebrochen quasi, ich
uebrigens auch, habs nur besser kaschiert... Dienstag geh ich wieder, denk
ich mir. Muss mir noch ein Team ausdenken dafuer (damit nicht alles andere
liegenbleibt).

Gestern abends haben wir auf Teos Computer einen Film ueber Bob Marley
angeschaut. Teo ist Reggae-Fan und es gibt hier in der Naehe eine
Rasta-Gemeinde. Zumindest von zwei Rastafari weiss ich auch im MSF-Team.
Einer ist Fahrer und besorgt mir meine Zigaretten und der andere ist in
einem Outreach Team.

So, also morgen ist wieder Montag und ich werde durchstarten so gut ich
kann. Ich brauch noch ein paar Daten, einen guten Plan fuer die Mobile
Behandlung, einen Bericht ueber die vergangene Woche und den Ueberblick
ueber meine Pfleger in den Gesundheitsstuetzpunkten.
*Fortsetzung folgt*



*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
akin.buero@gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin