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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 23. Maerz 2004; 12:50
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Kommentar:

> Fussball im Kapitalismus

Mittwoch abend. Fussball. Admira gegen Rapid. Ein Transparent im
Rapid-Sektor: "18:00 - Scheiss ORF". Dieses bezog sich darauf, dass
der ORF wegen seiner Liveuebertragungsbeduerfnisse die Vereine dazu bringt,
die Matchzeiten so frueh anzusetzen, dass viele Berufstaetige nicht zu den
Spielen koennen.

Fuer den ORF ist das Transparent "Rowdytum". Vor Beginn des Spiels versuchte man
Polizei und Ordnerdienst dafuer zu gewinnen, dieses Spruchband zu entfernen,
wozu diese allerdings nicht willens waren.

Der ORF war jedoch ueber die Verbindung seines Namens mit faekaler
Ausdrucksweise derart pikiert, dass er das Spiel nur teilweise uebertrug und
im Anschluss daran Rapid mitteilen liess, "dass bis zu einer voelligen
Klaerung dieser Problematik auf eine Direktuebertragung von Heimspielen des
SK Rapid verzichtet wird".

Zwei Tage spaeter gabs ein Gipfeltreffen zwischen ORF-Sportchef Oberhauser
und Rapid-Praesident Edlinger. Nach den Gespraechen war der ORF wieder
bereit, zu uebertragen, dafuer hatte aber der Verein zu versprechen, seine
Fans im Zaum zu halten. Rapid haette ansonsten -- in einer Situation, wo die
meisten Bundesliga-Vereine an der Grenze zum Bankrott spazierengehen --
wegen der Uebertragungsrechte zuviel Geld verloren.

Andererseits hat auch Gegner Admira Probleme -- durch die eingeschraenkte
Uebertragung (schliesslich war es ein Admira-Heimspiel) fuehlen sich zwei
Bandenwerber um die Uebermittlung ihrer Werbebotschaft betrogen -- und
wollen ihr Geld zurueck.

Die Folge: Fussballvereine werden sich in Zukunft als Zensoren ihrer eigenen
Fans betaetigen muessen, um nicht die Veraergerung von Fernsehstationen und
Sponsoren zu riskieren.

Freie Meinungsaeusserung in der freien Welt ist das, was niemanden stoert,
der Geld hat. So betrachtet, ist dieser Vorfall gar nicht mehr laecherlich,
sondern in seiner Paradigmatik durchaus wert, nicht nur in den
Sportredaktionen beachtet zu werden.

Auch deswegen, weil dabei noch ein Aspekt hervorzuheben ist: Fussballfans
sind zahlende Gaeste! Und eigentlich muesste man annehmen, dass man auch auf
diese Ruecksicht nehmen muss. Zum einen, was Beginnzeiten angeht, zum
anderen, was ihr Recht angeht, das auf ihre Transparente zu schreiben, was
sie fuer sinnvoll halten. Aber Fans sind so wie Zeitungsabonennten oder
Waehler -- auf einzelne kann man verzichten, denn die Masse wehrt sich eh
nicht. Und sollte sie es mal doch tun, ist das Wohlwollen des Big Money
immer noch wichtiger.

Und das gilt am Fussballplatz genauso wie in der Hohen Politik.
*Bernhard Redl*



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