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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. Maerz 2004; 23:28
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Antisemitismus/Debatte:

> Gedanken zur Versachlichung

zu akin 5&6/04 (akin-pd 17. und 24.2.2004)


Antisemitismus soll weder bejammert noch bedauert, sondern aktiv bekaempft
werden.

Vor dem Antisemitismus kann man nicht fluechten. Man muss sich ihm
widersetzen.

Antisemitismus richtet sich nicht nur gegen Juden, sondern gegen alle
Menschen, die von der Gesellschaft ausgegrenzt werden:

Organisationen der Arbeiterbewegung haben den Antisemitismus immer
abgelehnt. Unter anderem auch deshalb, weil er von den Problemen der
Arbeiter abgelenkt hat. Daran kann auch die Tatsache nichts aendern, dass es
in verschiedenen linken Organisationen Antisemiten gibt. Es gibt auch in
diversen christlichen Kirchen immer noch Antisemiten, obwohl die Kirchen
diesbezueglich einen bemerkenswert positiven Wandel vollzogen haben.

Jede Verallgemeinerung ist falsch. Weder sind alle Muslime Antisemiten, noch
alle Juden Antimuslime. Bis zur Gruendung des Staates Israel waren die
Beziehungen zwischen Juden und Muslimen viel reibungsloser als die
Beziehungen zwischen Juden und Christen.

Wer ist also Antisemit? Diese Frage ist fast so schwer zu beantworten wie
die Frage, wer Jude ist.

Nicht jeder, der den Zionismus ablehnt, ist Antisemit. Jenen, die das
glauben, moechte ich in Erinnerung rufen, dass es eine fromme orthodoxe
Gruppe im Judentum gibt, die den Zionismus ablehnt.

Theodor Herzl - nicht Thomas Herzl - der durch sein Buch "der Judenstaat"
als Begruender des Zionismus gilt, hat darauf hingewiesen, dass die Juden,
die in Palaestina einwandern, in ein Land kommen, das von anderen Menschen
bewohnt ist. Darauf muesse sehr behutsam Ruecksicht genommen werden. Leider
wurde seine Mahnung zu wenig beachtet,

Die Pogrome in Russland und Polen fuehrten dazu, dass die zionistischen Idee
grossen Auftrieb erhielt. Hitler bewirkte die erste grossse
Masseneinwanderung von Juden in Palaestina. Die naechste grosse Einwanderung
erfogte nach der Staatsgruendung aus dem arabischen Raum. Die letzte
groessere Einwanderung kam sodann aus der ehemaligen Sowjetunion:

Die Masseneinwanderung hat aufgehoert; Studien ueber ein Ansteigen des
Antisemitismus in Europa koennen aber keine groessere Einwanderungsbewegung
hervorrufen, da die Anzahl der in Europa lebenden Juden gering ist. Vorsicht
und Wachsamkeit ist wichtig - aber Angst ist dumm, denn diese laehmt und
macht krank.

Zur Lage im nahen Osten:

Wenn man zum Frieden im Nahen Osten kommen will, muss man sich von der
Vorstellung loesen, dass die einen die Guten und die Anderen die Boesen
sind. Terror wird von beiden Seiten eingesetzt., wobei die Israelis
zweifellos staerker sind und daher ihre Kampfmassnahmen mit viel geringerem
Risiko erfolgen. Es sei auf einige Tatsachen hingewiesen:

Seit der Gruendung des Staates Israel ist die Anzahl der Opfer auf
arabischer Seite wesentlich hoeher als auf israelischer Seite. Die
israelische Seite hat ihr Territorium staendig auf Kosten der arabischen
Bevoelkerung erweitert - weit ueber den Teilungsplan der UNO hinaus. Trotz
der militaerischen und wirtschaftlichen Ueberlegenheit Israels kann die
Existenz dieses Staates nur gesichert werden, wenn es zu einer annehmbaren
Vereinbarung mit der palaestinensischen Bevoelkerung kommt. Jizchak Rabin
hat das erkannt. Niemand kann behaupten, dass er deshalb ein Antisemit war.

*Walter Stern*



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