Bild: Notbremse

Das war der Eisenbahnstreik:
Regierung zieht Zerschlagung der ÖBB durch und
will nur beim Dienstrecht mit sich reden lassen

Streik-Aussendung der Steuerinitiative im ÖGB (11.11.)
Drohungen von ÖBB und Regierung (orf.at, 12.11.)
Pressestimmen (orf.at, 14.11.)
Kommentare und Aussendungen bei Labournet Austria
Kommentare in der Online-Volksstimme:
Fauler Kompromiss (15.11.)

Gewerkschaftslink: http://www.eisenbahner.at/

 

akin-Kommentar (18.11.):

Zweifelhafter Erfolg

Das war also jetzt einmal ein richtiger Streik. Die Eisenbahner hatten erstmals die Softballschlaeger sein lassen und die schwere Artillerie herausgekramt: Den unbefristeten Streik. Dass beide Seiten das nicht lange durchstehen wuerden, war aber auch klar und so fuhr nach knapp drei Tagen alles wieder.

Das formale Ergebnis betrachtend, koennen sich jetzt beide Seiten zuruecklehnen: Die Gewerkschaft sagt, sie haette das neue Dienstrecht verhindert, die Regierung kann auf der Zerschlagung der OeBB beharren und verweist darauf, dass die Gewerkschaft eingesehen habe, dass bei den Beschaeftigten 100 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden muessten. Es ist das herausgekommen, was viele Kommentatoren vorhergesehen hatten: Ein Ergebnis, mit dem beide Seiten einigermassen das Gesicht wahren koennen.

Nun kann es aber nicht Hauptaufgabe einer Gewerkschaft sein, das Gesicht zu wahren. Was ist (immer vorausgesetzt, die Parlamentsmehrheit haelt sich daran) der reele Gehalt der Vereinbarung? Die Gewerkschaft kann verbuchen, dass die angestrebten Aenderungen nicht ganz so schnell durchgesetzt werden, wie es ohne ihren Streik geschehen waere. Das war es aber auch schon.

Denn die Filetierung der OeBB war das Kernstueck der "Reform". Die Aenderung des Dienstrechtes diente lediglich dazu, die Privatisierung schneller voranzutreiben, damit die zukuenftigen Kaeufer es nachher nicht ganz so schwer haben werden.

Dass die Regierung jetzt relativ leichten Herzens auf die Radikalversion der Dienstrechtsumgestaltung verzichtet, koennte naemlich auch einen ganz anderen Grund haben: "Wenn man aus Budgetgruenden in die privatrechtlichen Vertraege der Eisenbahner eingreifen koenne, koennte man auch per Gesetz den mit EADS im Kaufvertrag vereinbarten Preis fuer die Ankauf der Abfangjaeger um 10 Prozent senken, weil der Bund draufkommt, dass er die Kosten nicht mehr tragen will." Das sagt kein Gewerkschafter, sondern jemand der tatsaechlich mitzureden hat: Karl Spielbuechler, Mitglied des Verfassungsgerichtshofes und habilitiert ueber Buergerliches und Arbeitsrecht. Diese Aussage bezog sich zwar nicht auf die letzten Regierungsvorhaben, sondern auf das OeBB-Pensionsreformgesetz 2001, das derzeit am Pruefstand des Hoechstgerichts steht, ist aber auch fuer die Dienstrechtsreform von Belang. So betonte auch der Praesident des VfGH, Karl Korinek, Anfang Oktober gegenueber Journalisten, dass das laufende Verfahren "den derzeitigen Reformvorhaben den Boden entziehen" koennte, wenn das Hoechstgericht der Meinung sein sollte, dass ein Eingriff nicht zulaessig sei.

Moeglicherweise hat die Regierung also nur etwas zurueckgezogen, was ihr in ein, zwei Jahren sowieso wieder um die Ohren geschmissen worden waere.

So wird wohl zuerst filetiert werden, um dann, unter ganz anderen rechtlichen, aber auch gewerkschaftlichen Bedingungen, doch noch die Arbeitsbedingungen aendern zu koennen. Was folgt, ist á la Post/Telekom-Privatisierung die Auslieferung der rentablen Anteile an das Grosskapital und das Kaputtsparen der Unrentablen. Mit anderen Worten: Die Eisenbahner haben sich reinlegen lassen.

Bernhard Redl