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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. Dezember 2003; 19:01
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KPOe/EKH:

> Glasnost

Ueber den Umgang mit dem EKH (in der KPOe-Wahrnehmung, die "Wielandschule")
gibt es unterschiedliche Haltungen in der Partei. Im folgenden drei
repraesentative Stellungnahmen.

1. Ein Diskussionsbeitrag auf dem 32. Parteitag (Juni 2003)

Auf dem 32. Parteitag der KPOe (Juni 2003) aeusserte sich Karl Russheim,
Gemeinderat aus Trofaiach, folgendermassen:

"Liebe Genossinnen und Genossen. Ich moechte da eine Frage anschneiden, die
ich nie richtig beantwortet bekommen habe vom Gen. Graber. Wir haben jetzt
praktisch alles verkauft, was wir gehabt haben, ausser das Globus-Haus, dass
wir verpachtet haben. Aber es gehoert uns noch die Wielandschule. Die
Wielandschule bringt uns nichts, da muss die Partei jedes Jahr ein Geld
hineinzahlen, dass sie ueberhaupt bestehen kann. Immer wieder, wenn ich den
Gen. Graber getroffen habe und mit ihm diskutiert habe, habe ich gesagt,
verkauft die Wielandschule! Zurerst hat es immer das Argument gegeben, wir
koennen das nicht, das kommt bei den Linken schlecht an in Wien, wenn wir
das Haus dort verkaufen und raeumen lassen. Inzwischen wird wohl jeder in
der Partei darauf gekommen, dass die Leute, die in dem Haus drinnen sind,
nicht unsere Buendnispartner sind, in keiner Weise. Das zweite war dann,
dass man gesagt hat, das Haus ist nicht zu verkaufen, weil das kauft uns
keiner ab, weil der Vertrag, was besteht, kauft keiner so ein Haus, wenn er
die nicht hinausbringt. Ich bin der Meinung, dass diese Argumente nicht
richtig sind. Ich habe gesagt, uebergebt mir das, ich verstehe zwar nichts,
aber der erstgroesste Haeusermarkler in Wien der kauft das und zwar aus dem
Grund, weil der Standort der dort ist, mitten in Wien schon so viel wert
ist. Der macht sich keine Sorgen wie er die Leute dort hinausbringt aus
diesem Haus. Also, wuerde ich sagen, wenn wir schon kein Geld mehr haben und
das haben wir sicher nicht, dann versuchen wir wenigsten jetzt die
Wielandschule loszubringen, das wir noch ein Geld hereinbringen, wo wir
sowieso nichts mehr davon haben."

2. Der Brief an die Gemeinde Wien

Folgenden Brief hat der Parteivorsitzende, Walter Baier im November an die
Wiener Vizebuergermeisterin gerichtet:

"Sehr geehrte Frau Vizebuergermeisterin,
werte Frau Laska,
wie den Medien zu entnehmen ist, befindet sich die Kommunistische Partei
Oesterreichs in der Lage, fuer das in ihrem Eigentum stehende Haus in der
Wielandgasse 3 ("Wielandschule"/"Ernst Kirchweger-Haus") eine andere Loesung
als die Fortfuehrung des bisherigen Zustandes anzusteuern.
Die Problematik des Hauses besteht darin, dass dort
ImmigrantInnen-Organisationen, Fluechtlinge und Kulturprojekte ein
selbstverwaltetes Nebeneinander gefunden haben, dessen Aufrechterhaltung aus
kultur- und kommunalpolitischer Sicht mehr als gerechtfertigt ist.
Andererseits sieht sich die KPOe finanziell ausserstande die bisherigen
Rahmenbedingungen weiter zu garantieren. Ich meine, dass auch aus der
Perspektive der Gemeinde Wien die Weiterfuehrung der Projekte bei
Respektierung ihrer Eigenart und ihrer Autonomie Sinn macht.
Ueber diese Fragen und die sich daraus ergebenden Moeglichkeiten moechte ich
gerne ein Gespraech mit Ihnen fuehren. Unueblicherweise wurde diese Absicht
bereits ueber die Medien kolportiert, ich meine aber, dass dies einer
sachlichen Aussprache nicht im Wege stehen muss.
Ich werde mich in den naechsten Tagen ueber Ihr Buero um die Verabredung
eines Termines bemuehen."

3. Beschluss der KPOe-Wien

Auf der Landeskonferenz der KPOe-Wien am 8. Dezember wurde der folgende
Beschluss gefasst.

"Die Landeskonferenz der KPOe Wien ist sich des doppelten Problems um die
ehemalige Wielandschule bewusst, es handelt sich um ein finanzielles und um
ein politisches Problem.
Aus Sicht der finanziellen Notwendigkeiten der KPOe ist es logisch, zum
jetzigen Zeitpunkt eine Verkaufoption nicht ausschliessen zu koennen. Es
soll jedoch in Zusammenarbeit mit den im EKH taetigen Initiativen auch nach
anderen Finanzierungsmoeglichkeiten gesucht werden, um einen Verkauf
tunlichst abwenden zu koennen.
Die heute zusammen das `Ernst Kirchweger Haus (EKH)' bildenden politischen,
kulturellen und sozialen Initiativen stellen einen wichtigen Teil der Wiener
Linken und Sozialbewegung dar. Die gemeinsame Entwicklung einer den Verkauf
verhindernden finanziellen Loesung soll den Charakter des EKH als soziales
Zentrum erhalten, verbreitern und absichern. Die Landeskonferenz sieht in
solchen Bemuehungen die Moeglichkeit, eine finanziell tragfaehige Loesung
wie auch einen politischen Erfolg im Interesse der Wiener Linken UND der
KPOe finden zu koennen.
Die Landeskonferenz bekraeftigt dementsprechend die Grundhaltung der KPOe,
mit ihrem Eigentum politisch verantwortlich umzugehen und spricht sich fuer
die gemeinsame Entwicklung eines Nutzungskonzepts mit den EKH-Initiativen im
Rahmen der finanziellen Notwendigkeiten der KPOe aus."

Und eine Berichtigung

AKIN schreibt in Nummer 30: Die KPOe verfuege ueber 500 Immobilien.
(Anm.d.Red.: siehe auch akin-pd 18.11.2003): Das ist unrichtig. Tatsaechlich
sind es 32, von denen die meisten aber auf Grund ihrer Lage nicht finanziell
verwertbar waeren.
*Walter Baier* (gek.)

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Anmerkungen: Das mit den 500 Immobillien kam uns auch ein bisserl viel vor.
Wir hatten allerdings den Text vor Drucklegung einer massgeblichen
KPOe-Vertreterin lesen lassen, die an dieser Zahl nichts auszusetzen gehabt
hatte. Daher nahmen wir sie als korrekt an.
Daß diese Woche gleich zwei KPÖ-Funktionäre in der akin über ihre Partei
schreiben, hat jetzt nichts damit zu tun, daß wir etwa plötzlich deren
internes Diskussionsorgan geworden wären, sondern ist reiner Zufall. Die
beiden Texte wurden unabhängig voneinander geschrieben und erreichten uns
zur selben Redaktionsperiode.
Nach wie vor steht die akin allen linken Gruppen zur Führung ihrer
Diskussionen offen, so eben auch der KPÖ. Sollte Interesse an Fortführung
dieser Diskussionen bestehen, so werden wir selbstverständlich dies nach
Maßgabe unserer Mittel unterstützen.
*Die Redaktion*


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