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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 18. November 2003; 21:08
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Gruene/Oberoesterreich/Debatte:

Fritz Pletzl hatte in "Kritisches Schweigen" (akin 29/03) die Linzer Gruenen
kritisiert, dass sie ihr Anliegen, die schwarzgruene Koalition in OOe
rueckgaengig zu machen, zurueckgezogen haben.

> keine koalitionszusage

Sehr geehrter herr pletzl, danke fuer ihre glosse zum schwarz-gruenen
arbeitsuebereinkommen im land ooe. auch wenn der oeffentliche disput
beigelegt ist und jetzt die gruenen in ooe an einer "gruenen handschrift" in
der landespolitik arbeiten und wir an der umsetzung der "gruenen
verkehrswende" in linz, moechte ich doch auf einige ihrer anmerkungen
eingehen.

ob unser disput um das schwarz-gruene arbeitsuebereinkommen heftig war oder
nicht, nun, das einzuschaetzen ist wohl eine frage des standpunktes. aus
sicht eines pr-verantwortlichen waren die reaktionen auf unsere oeffentlich
geaeusserte kritik sehr emotional und heftig. auch aus wien erreichten uns
mails und anrufe, die nicht den eindruck entstehen liessen, unser diskurs
ueber eine entscheidende weichenstellung der gruenen sei "nicht sehr
heftig". weiters: eine "kraeftige koalitionszusage" werden sie von den
gruenen linz sicherlich nicht vernommen haben koennen.

und weil sie meinen, uns bliebe dank umzug in ein neues buero der "anblick
von oevp-mitarbeitern" erspart: ich bin froh, dass uns in der linzer
stadtregierung in zukunft die fpoe-mitarbeit erspart bleibt. wobei ich da
schon zwischen inhalten und menschen trenne.

und dann der vorwurf, die gruenen wuerden "Nichts sagen, keinen konkreten
Standpunkt einnehmen, bedaechtig blicken, ...". stimmt nicht. wir haben in
linz sehr genau gesagt, was wir wollen, naemlich eine verkehrswende hin zu
sanfter mobilitaet und zu weniger autos in der stadt, was einiges an
aengsten ausgeloest hat. auch unseren standpunkt zur integration von
migrantInnen haben wir immer klar formuliert. auch das hat sich wohl
differenzierend auf das wahlverhalten der linzerInnen ausgewirkt.
*gottfried roithinger*

***

> Geebnete Wege

Hallo, lieber Gottfried! Freut mich, dass die Gruenen verkehrsmaessig Druck
machen wollen. Ebenso ist natuerlich auch euer Bemuehen um eine vernuenftige
und europaeischen Standards angepasste Integrationspraxis anzuerkennen.
Alles gut, schoen und vorbildhaft. Nur - es bleibt leider dabei, dass die
oberoesterreichischen Gruenen mit ihrer Entscheidung den Weg fuer die
Legitimation der Bundes- und Landes-OeVP ebnen. Sie sind drin, auch wenn du
meinst, die Diskussionen waeren eher heftig und bar einer kraeftigen
Koalitionszusage gewesen. Sie sitzen unter anderem mit dem Argument in der
schwarz-gruenen Koalition, 9 % fuer die Gruenen seien ein klarer
Waehlerwille, "dem jetzt", so Rudi Anschober, "von den anderen Parteien klar
entsprochen werden muesse". Gut, die OeVP hat 43,42% eingefahren, aber was
passiert eigentlich mit den 38,33% der Stimmen fuer die SPOe? Das liebe
Wahlvolk hat der OeVP einen hauchduennen Zuwachs von 0,73 %-Punkten
beschert, aber der SPOe einen von 11.3 %-Punkten! Wo ist da eigentlich der
Waehlerwille?

Ihr habt in Linz sehr genau gesagt, was ihr wollt, meinst du - naemlich eine
Verkehrswende hin zu sanfter Mobilitaet und zu weniger Autos in der Stadt.
Sehr lobenswert und sehr gruen, und das hat auch einiges an Aengsten
ausgeloest, aber wie denkst du, laesst sich der Zuwachs fuer die SPOe und
fuer euch erklaeren? Und wie die minimale Steigerung von 0,73% fuer die VP
und der Absturz fuer die Unsagbaren von der FP? Dies duerfte mit der
Bundespolitik und mit der VP/FP-Regierung doch in einem sehr engen
Zusammenhang stehen, oder? Bekanntermassen verfuegt die OeVP in
Oberoesterreich ueber zwoelf Abgeordnete zum Nationalrat, darunter die
bekannten Namen von Maria Fekter, Norbert Kapeller, Helmut Kukacka, Reinhold
Mitterlehner, Walter Muraurer. Davon fallen besonders Fekter, Kukacka und
Mitterlehner durch groesste Parteitreue samt entsprechender Parlamentsreden
auf. Deren Abfaelligkeit und das absolute Unverstaendnis gegenueber
Arbeiternehmeranliegen ist auch fuer politisch voellig Uneingeweihte zu
spueren.

Diese 12 NR-Abgeordneten haben im Parlament noch nie auch nur eine Sekunde
gezoegert, um irgendeine Sozialabbau-Massnahme von Schuessel und Grasser zu
verhindern. Warum auch sollten sie? Endlich an der Macht, endlich den
Bundeskanzler - und endlich den Sozis diktieren, wo es lang geht. Und so ist
raschestes Austauschen aller Gremien durch Schwarze das Gebot der Stunde.
Was tut ihr bitte, wenn wieder einmal eine Gesetzesflut der Bundesregierung
als Abstimmungsfeuerwerk durchgezogen wird - mit null Gegenstimmen der VP
und null Enthaltungen? Gibt es dann nachher in Oberoesterreich das grosse
Augenzwinkern? Naja, das sind die in Wien, bei uns laeuft ja alles anders.
Gar nichts ist anders, die Radikalitaet der Pensionskuerzungen betrifft den
Floridsdorfer in Wien ebenso wie den Urfahrer in Linz. Privatisierungen,
Zerschlagungen und Zerstueckelungen des Oeffentlichen und Halboeffentlichen
Sektors betreffen alle Bundeslaender.

Die VOEST duerfte da noch in bester Erinnerung sein. Am meisten war ich von
dem Spruch angetan, nur moeglichst schnell privatisieren, denn die schwache
Boerse wuerde dringend Anlagevermoegen benoetigen. OeVP- und
FPOe-Phantasten verschleudern das Volksvermoegen, Freunde! Ihr habt ein
Zeichen gesetzt, der Koalition zu einem Vorsprung verholfen, der fuer sie
nicht mit Geld aufzuwiegen ist. Das Zuenglein an der Waage zu spielen, ist
allerdings nur solange erfolgsversprechend, soweit es entsprechende
politische Konstellationen gibt, die dieses Spiel auch ermoeglichen. Und
solange die werte Waehlerschaft nicht wissen will, wohin euer politischer
Zug nach dieser Koalition geht. Aber siehe FDP - die Regeln aendern sich oft
sehr schnell. Es bleibt bloss die Erinnerung an die Beliebigkeit, mit der
hier ein politischer "Partner" gefunden wurde, um zB. einen Landesrat
unterzubringen.
*Fritz Pletzl*