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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 16. September 2003; 06:06
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Asyl/Kommentar:

> Ein alpenlaendischer Berlusconi

Ein Fall unter vielen: Innenminister Strasser hatte eine georgische
Asylwerberin mit einem vier Monate alten Baby und einem zweijaehrigen Kind
auf die Strasse stellen lassen. Das haette er nicht tun sollen. Es hatte
naemlich Folgen. Der Oberste Gerichtshof hat nun (zum zweiten Mal!)
Strassers Bundesbetreuungs-Richtlinie fuer rechtswidrig erklaert.

Strassers Reaktion zeigt einmal mehr, wes Geistes Kind er ist: Er wirft den
Richtern vor, ihr Urteil werde 12 Millionen Euro pro Monat kosten. Es stehe
die "Gefahr" im Raum, dass nun "tatsaechlich jeder Asylwerber in
Bundesbetreuung genommen werden muss". Der Rechtsstaat kostet Herrn Strasser
zu viel. Am billigsten waere es, man schaffte ihn endlich ab.

Herr Strasser spielt mit Zahlen, um gegen Fluechtlinge Stimmung zu machen.
Er verschweigt, dass in Deutschland jeder Asylwerber waehrend des Verfahrens
einen Rechtsanspruch auf staatliche Versorgung hat und dass Deutschland
trotzdem nicht bankrott gegangen ist.

Dabei ist unser Nachbarstaat keineswegs als fluechtlingsfreundlich bekannt;
er haelt ein paar Spielregeln ein, die man hierzulande noch nicht kennt,
vollstreckt aber ansonsten die Abschottungspolitik der Festung Europa mit
unbarmherzig deutscher Gruendlichkeit.

Die Verpflichtung, Asylwerber nicht wegen ihrer Herkunft zu diskriminieren,
haben nicht die Hoechstrichter erfunden: Sie ergibt sich aus der Genfer
Fluechtlingskonvention (Artikel 3); sie ergibt sich aus der
oesterreichischen Verfassung, aus dem Gleichheitsgrundsatz. Aus
rechtsstaatlichen Grundwerten, die Strasser genauso missachtet wie die
Rechtsprechung des Obersten Gerichthofs:

Seit dem ersten OGH-Urteil im vergangenen April hat Strasser zahllose
weitere schutzsuchende Menschen auf die Strasse gestellt. Bis er nun den
zweiten, wohlverdienten Rueffel erhielt: Seine Asylrichtlinie, so der OGH,
ist "durch das Bundesbetreuungsgesetz nicht gedeckt und verstoesst gegen
dessen Grundwertungen."

Herr Strasser versteigt sich zur Behauptung, Oesterreich werde nach dem
OGH-Beschluss "eine Adresse fuer Wirtschaftsmigranten, die in die
Europaeische Union wollen". Jeder Fremde, der in Oesterreich einen
Asylantrag stellt (selbst ein Deutscher), werde Anspruch auf Betreuung durch
den Staat, Wohnung, Essen und Sozialversicherung haben.

Das erinnert fatal an Strassers beruechtigte (von den Medien zu rasch
vergessene) Hetzparole: "Wenn wir nichts tun, gehen wir einer Vision
entgegen von 7 Millionen Oesterreichern, 15 Millionen Indern und 20
Millionen Chinesen ". Das ist seine Mentalitaet; sie unterscheidet sich von
Joerg Haiders wirrer Gedankenwelt um keinen Deut.

Herr Strasser wird langsam nervoes. Er hat selbst in den eigenen Reihen kaum
noch Freunde. Er hat zu viel falsch gemacht. Es wird Zeit, dass er geht.
*Michael Genner, Asyl in Not*

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