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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 6. Mai 2003; 19:57
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Glosse:

> Hallo, Opposition..!?

Mit der Koalitonsbildung von Vranitzky 1986 mit der VP war der Beginn der
Entfremdung der Gewerkschaften von der SP. Der oft auf Personalunion ruhende
jahrzehntelange Gleichklang von Partei und OeGB wich seither einer
verdrossenen Schlaefrigkeit. OeGB-Proteste gegen die Sparpakete reichten
zwar bis in die Klima-Zeit -- mit Gusenbauer und dem Marsch in die
Opposition in der ersten VP-FP-Koalition herrschte jedoch eine
Schwamm-Drueber-Mentalitaet. Man hatte sich wieder lieb, der Feind war mit
der verhassten Regierung der gleiche, man war sich wieder einig. Was
faszinierenderweise nichts an der politischen Schlaefrigkeit der beiden
aenderte.

Mit der 2. Koalition ueberschlagen sich seitdem Konzepte und Strategien --
die SP bastelt mit saemtlichen Unterorganisationen, Denk- und Politschmieden
am Wechsel. Die Rezepte gegen Schuessel sind jedoch keinesfalls transparent,
zeigen keine durchgehende Handlungsanleitung und sind dadurch kaum griffig
als politischer Weg der SP zu vermitteln. Die Parteifuehrung scheint
politisch unfaehig, die zunehmenden Geschenke von Schuessel an die
Opposition anzunehmen, die aus eklatanten politischen Fehlern bestehen. Es
mag an der schauderhaften medialen Situation in Oesterreich liegen, dass sie
sich in einer der heissesten innenpolitischen Phasen mit Gusenbauers
Weinkenntnissen beschaeftigen, aber was kommt ausser oppositionellen
Pflichtuebungen tatsaechlich von ihm?

Von einem durchgehenden Richtungsprogramm der SP ist ebensowenig zu merken
wie von Gusenbauers angekuendigtem Schattenkabinett noch in der 1.
VP-FP-Koalition. Die Sozialdemokraten scheinen auf der europaeischen Palette
sozialistischer Parteien hin und her zu pendeln. Mal 3. Weg eines Tony
Blair, dann wieder etwas mit Bruessel akkordierter Sozialabbau a lá
Schroeder, mal wieder je nach Gelegenheit traditionell arbeitnehmer- und
schichtspezifisch orientiert wie ehemals Jospin. Was wollen die
Sozialdemokraten -- wo soll`s hingehen? Die zielgruppenspezifische
Vermarktung der Politik macht nur dann Sinn, wenn die einzelnen
Waehlersegmente klar angesprochen werden koennen. Der beschworene
Wiederaufbau der Partei zur Machtuebernahme scheitert an der mangelnden
Attraktivitaet des politischen und personellen Angebotes. Wird Politik als
die Kunst des Moeglichen mit der Macht, dies auch durchzusetzen,
gleichgesetzt, geriert sich die SP als die nicht ganz glaubwuerdige
Verteidigungspartei der Errungenschaften ihrer Vergangenheit -- diesmal
allerdings ohne Macht.

Bei aller politischer Skepsis gegenueber den Sozialdemokraten sind deren
ideologischen Fundamente weitaus glaubwuerdiger als die der Gruenen. Die
Oeko-Partei gibt sich durch bedaechtige politische Null-Aussagen den
Anschein einer Massenpartei, die auf saemtliche Segmente ihrer Waehlerschaft
Ruecksicht nehmen muss. Tatsaechlich scheint momentan der von ihrer
aeusserst inhomogenen Anhaengerschaft vorgebene politische Plafond der
Partei mit einer nicht gerade ueberragenden Mandatsstaerke erreicht. Der oft
bejubelte Zweikampf um Zehntelpunkte mit einer abgestuerzten FP ist sohin
der Ausdruck ihrer politischen Schwaeche -- ebenso der spontane Rueckzug auf
Oeko-Themen bei Fragen der Positionierung. Sofern ihr der zu erwartende
minimale Zuwachs als politisches Ziel ausreicht, befinden sie sich in der
Lage, nichts tun zu muessen und trotzdem kontinuierlicher Nutzniesser der
innenpolitischen Krisen zu sein.

Die politische Zukunft der Partei ist erst dann abzusehen, wenn Van der
Bellen als universales politisches Seditativum abtritt. Trotz ihrer
Harmlosigkeit ist den Gruenen vor allem vorzuwerfen, dass sie seit 1986
einen wachsenden Teil der Linken an sich bindet. Umgekehrt koennte der
Vorwurf an die Linken lauten, dass sie nach wie vor trotz politischer
Stagnation und Beliebigkeit die Gruenen waehlen. Dadurch fehlt der
Parteileitung jeglicher Anreiz einer moeglichen Umpositionierung. Warum
sollte sie auch -- man laesst die Dinge laufen. Es ist jedoch vor allem die
institutionalisierte Parteigeschichte der Gruenen , die die zur Zeit
notwendigen politischen Schritte fuer die Linke verhindert: Das Entstehen
einer radikalen ausserparlamentarischen Linken.

*Fritz Pletzl*



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