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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 21. Jaenner 2003; 14:22
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Graz darf alles:

> Offener Protestbrief

gegen die Wahlpropaganda der FPOe im Grazer Gemeinderatswahlkampf


Sehr geehrter Herr Vizebuergermeister!

Sehr geehrter Herr Stadtwerkedirektor!

Die ueberparteiliche ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus protestiert in
aller Entschiedenheit gegen die von der FPOe vorgenommene Affichierung von
rassistischen Wahlplakaten in den Strassenbahnen bzw. Bussen der GVB sowie
auf Plakatwaenden.

Die von der FPOe favorisierte Parole "Drogendealer ab in die Karlau* statt
in den Gemeindebau" ist ebenso rassistisch wie sachlich unhaltbar.
Rassistisch ist diese Parole deshalb, weil sie die von einigen
Gemeinderatsfraktionen seit langem zu Recht geforderte Oeffnung von Grazer
Gemeindewohnungen fuer alle rechtmaessig sich aufhaltenden AuslaenderInnen
(also auch fuer DrittstaatenauslaenderInnen!) mit der diffamierenden
Kampagne "Auslaender sind Drogendealer" verknuepft. An dieser Stelle sei der
Hinweis gestattet, dass unseres Wissens keine einzige wahlwerbende Gruppe,
welche eine Oeffnung der Grazer Gemeindebauten fuer
DrittstaatenauslaenderInnen einfordert, gleichzeitig Drogendealer in
Gemeindebauten unterbringen moechte, weshalb sich jene Parteien, welche
diese Forderung erstmals tatkraeftig unterstuetzen, sich nicht als heimliche
Steigbuegelhalter fuer Drogendealer verunglimpfen lassen muessen. Wir
moechten daher darauf hinweisen, dass nahezu alle NGOs, welche mit
DrittstaatenmigrantInnen und Asylwerbern sowie Fluechtlingen arbeiten, die
Forderung nach Aufenthaltsverfestigung mit Staatsbuergerschaft und
unverzueglichem Zugang zum Arbeitsmarkt seit Jahren als die angemessene
Integrationsperspektive von allen Parteien in der Stadt, im Land und im Bund
dringend einmahnen.

Jene Grazer Gemeinderatsfraktionen, welche diese uralte und berechtigte
Forderung von menschenrechtspolitischen NGOs endlich in ihr Wahlprogramm
aufnehmen, verdienen daher Respekt auch vom politischen Gegner und nicht
Diffamierung.

Die Parole "Drogendealer ab in die Karlau statt in den Gemeindebau" strotzt
auch vor absurden Verstoessen gegen Logik und Hausverstand. Glauben Sie,
sehr geehrter Herr Vizebuergermeister, allen Ernstes, dass Sie bzw. die FPOe
jemals kontrollieren koennen, ob ein unbescholtener in- oder auslaendischer
Buerger sich um eine Gemeindewohnung bewirbt oder ob es sich beim Bewerber
um einen Drogendealer handelt? Glauben Sie, sehr geehrter Herr
Vizebuergermeister, tatsaechlich, dass Drogendealer bei der Bewerbung um
eine Gemeindewohnung im diesbezueglichen Formular die Berufsbezeichnung
"Drogendealer" angeben, damit sie von der FPOe oder von der Buergerwehr
sofort erkannt werden koennen?

Da ich Sie in unseren bisherigen Gespraechen immer wieder als sehr offenen
und dialogfaehigen Partner kennen gelernt habe, wuerde es mich wirklich
interessieren, welche Motive und Kalkuele fuer eine derart rassistische
Wahlpropaganda im Brennpunkt stehen und wie Sie ganz persoenlich diese
rassistische Wahlkampfpropaganda mit den grundsaetzlichen Zielen der
Menschenrechtsstadt Graz in Einklang bringen wollen? Fuer ein persoenliches
Gespraech stehe ich Ihnen daher gerne zur Verfuegung!

Wir ersuchen daher dich, sehr geehrter Herr Direktor der Grazer Stadtwerke,
lieber Wolfgang Messner, ganz herzlich, diesen rassistischen Unfug in
unserem oeffentlichen Eigentum GVB unverzueglich entfernen zu lassen, weil
auch du als Fuehrungskraft eines der wichtigsten Grazer Unternehmen fuer das
Ansehen und Wohlergehen der Menschenrechtsstadt Graz mitverantwortlicht
bist, und weil wir dich als grundsatzpolitisch sattelfest kennen!

Die ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus appelliert daher abschliessend an
Sie, lieber Herr Vizebuergermeister, diese rassistischen Plakate aus unserem
Stadtbild zu entfernen, und die ARGE appelliert an Herrn Stadtwerkedirektor
Dr. Wolfgang Messner, zumindest aus den GVB-Bussen und Strassenbahnen diese
Werbeplakate zu entfernen und stattdessen Richtlinien zur
Antidiskriminierungspolitik in der Werbung der GVB gemeinsam mit Grazer NGOs
und anderen Behoerden und ExpertInnen zu entwickeln.

Wir hoffen, dass unser Appell an zwei wichtige Fuehrungskraefte der Stadt
Graz nicht ungehoert verhallt und wuerden uns ueber eine kurze Stellungnahme
freuen. Ich hoffe, Sie koennen unserer, von zahlreichen anderen ExpertInnen
geteilten Kritik zustimmen. Ich verbleibe abschliessend mit der Bitte um
Ihre geschaetzte Stellungnahme sowie

mit den besten Gruessen

*Christian Ehetreiber*
ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus (via MUND, gekuerzt)


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