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Aussendungszeitpunkt: 19. Dezember 2000 - 15:32
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Glosse/Moderne Zeiten:

> Neujahrswunsch

Wer heutzutage Informationen sucht, tut das haeufig im Internet.
Ob die Information deswegen besser wird, ist mehr als fraglich.
Aber dennoch: Zur Publikation von Standpunkten ist es eine tolle
Sache. Solange die Site nicht voellig frei erfunden ist, kann man
authentische Aussagen von Institutionen, Vereinen, Firmen etc.
bekommen. Und das sehr schnell und problemlos.

In der Theorie. Praktisch sieht die Sache ganz anders aus. Da
kommen Seiten im Kriechtempo auf den Bildschirm, weil sie so
partout mit Java, Flash und anderen Nettigkeiten versehen sein
muessen. Wenn man da nicht gerade einen einigermaszen
funktionierenden Kabelmodem- oder ADSL-Anschlusz hat, kann es
schon mal passieren, dasz der Seitenaufbau minutenlang dauert. Von
jenen armen Hunden einmal ganz abgesehen, die noch auf aelteren
Maschinen arbeiten muessen -- die gibts, man sollte es nicht
glauben. Die koennen manche Seiten deswegen zuweilen auch gar
nicht lesen, weil diese fuer ihr Equipment einfach zu aufwendig
gestaltet sind.

Dann gibt es auch noch so tolle WWW-Beitraege, die nur dann lesbar
sind, wenn man alle Sicherheitsmasznahmen abschaltet, damit auch
noch die tollsten Skripten ausfuehrbar werden. Dann wird das Bild,
das sich dem Besucher widmet, ganz beeindruckend und zum Hinknien
toll und ganz viel Ehrfurcht vor der Kreativitaet des Designers
einfloeszend -- was macht es dann schon, wenn Viren und
Spionageprogramme froehlich sich am eigenen System zu schaffen
machen koennen.

Aber das Allernervtoetendste sind jene Seiten, die auch bei besten
Verbindungen und teuersten Computern und geradezu taxiorangen
Sicherheitsstufen nur schwer lesbar sind: Ein Beispiel sind solche
Praesentationen, die mit bunten Hintergrundbildern so versehen
sind, dasz man die Buchstaben wie in einem Vexierbild suchen musz.
Ein anderes Beispiel sind Textdurchlaeufe, die man flott mitlesen
musz, ansonsten man gar nichts davon mitkriegt. Vor- und
zurueckblaettern geht nicht, ausdrucken geht nicht und auch
abspeichern geht mit einfachen Mitteln nicht. Lektuere just in
time! Schaut geil aus und entspricht sicher auch den postmodernen
Verliebtheiten von Fluechtigkeit und Formgefuehl. Der
Verstaendlichkeit und Vertiefbarkeit der inhaltlichen
Auseinandersetzung dient es nicht.

Schoen waer's, wenn diese Cyber-Kunsthandwerke sich auf den
kommerziellen oder tatsaechlich kunstszenischen Bereich
beschraenkten. Leider ist dem nicht so. Die Aestheten sind
ueberall und so werden auch inhaltsschwere Webbeitraege selbst
sehr progressiver Gruppen mit quietschbunten Nebensaechlichkeiten
ueberfrachtet, auf dasz ein jeder sofort sieht, welche tollen
Tools der Webdesigner beherrscht und dasz der Inhalt sich
gefaelligst der Form unterzuordnen hat.

Ich verstehe es ja, aehnlich wie beim Fernsehen ist das mit dem
Internetsurfen: Da huepft man von Kanal zu Kanal resp. von Site zu
Site und wo es ganz besonders huebsch ist, da verbleibt das Auge
vielleicht ein paar Sekunden laenger. Aber ist das notwendig?
Heiszt Internet an sich, dasz man sich nur mehr am gut betuchten
Fastfood-Informations-Kunden zu orientieren hat und nur mehr auf
der Infotainment-Welle daherkommen darf, um hohe "Einschaltquoten"
lukrieren zu koennen? Es musz doch moeglich sein, dasz gehobene
Information ohne groszartigen Firlefanz ihre Abnehmer findet.

Bin ich konservativ? Vielleicht, aber wenn das bedeutet, dasz ich
einen Text im Netz in Ruhe lesen moechte und ohne dabei das
Gefuehl haben zu muessen, in einen Werbeblock geraten zu sein,
dann stoert mich das nicht weiter. Ein Kulturpessimist bin ich
aber sicher nicht. Denn ich habe ja doch immer noch die Hoffnung,
dasz es doch wieder einmal besser wird. Daher mein Wunsch fuers
neue Jahr an alle, die sich betroffen fuehlen: Macht Eure
Homepages einfacher! Macht Eure Homepages einfacher! Macht Eure
Homepages einfacher! Der Kommunikation zuliebe. *Bernhard Redl*

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