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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 17. Dezember 2002; 16:01
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Nachkwahlen:

> Na gut, dann halt nicht!

Warum nicht zwei Gruene Parteien?

Nehmen wir an, X. ist von der SP verdrossen und waehlt einzig und allein aus
dem Grund die Gruenen, um eine Wiederauflage von Schwarz-Blau zu verhindern.
Wobei weiters angenommen werden mag, dass X. sowohl Schwarz als auch Blau
gleichermassen widerwertig findet. Am Wahlabend ist ein leichter Gewinn der
Gruenen erkennbar und ein grosser der Schwarzen. Die naechsten Wochen
bringen X. eine Ueberraschung: die Gruenen schliessen nicht nur Gespraeche
mit der VP nicht mehr aus, sondern sind bereit, in serioese
Koalitionsverhandlungen zu treten - allerdings nur, wenn die VP ihrerseits
derartige Gespraeche mit der FP ausschliesst.

Eine Partei ist eine Partei ist eine Partei, denkt sich nicht nur X. - und
es ist zum Kotzen. Was blieb bei den Gruenen von den Protesten, dem
Widerstand gegen die Schwarz-Blauen? Weiteres beruehrt X. nicht mehr - er
waehlt einfach sicher nicht mehr die Gruenen. Problematischer erwischt es
Angehoerige der Partei und Stammwaehler. Die muesste durch die gruene
Kooperationsbereitschaft mit dieser VP schlicht der Schlag treffen.
Allerdings leben sie in Oesterreich, ein Zustand, der sie diese hochgradige
Unappetitlichkeit weitgehend unbeschadet ueberstehen lassen wird. Sie leben
in dem Land der unfassbaren Stagnation und Ideologielosigkeit schlechthin.

Wie vertrottelt sich Wahlverhalten in diesem Lande aeussern kann, zeigt die
unentwegte Beliebheit von Finanzminister Grasser. Wird hierzulande
tatsaechlich alles verziehen, braucht einer nur halbwegs fesch im Fernsehen
rueberkommen? Ist die politische Struktur schon derartig zerstoert? Koennen
Gruene einerseits gegen den Sozialabbau einer VP und einem Schuessel
demonstrieren und einige Zeit spaeter ohne Problem in Koalitionserwaegungen
eintreten? Geht es nur mehr um dabei sein, um Posten und Poestchen, egal mit
wem? Prinzipien und Standpunkte erscheinen als unfassbar weltfremd - die
Situation hat sich ja ganz geaendert... Oesterreich erscheint tatsaechlich
als Land, wo es sich immer irgendwie ausgehen wird. Man merkt nicht mal,
dass wieder etwas auf der Strecke geblieben ist.

Bleiben nur die Moeglichkeiten, dies einfach wie so vieles hinzunehmen - den
bisherigen Resignationen halt eine weitere hinzuzufuegen. Dem moralischen
und politischen Untergang des gruenen Projektes zuzusehen. Oder was zu tun.
Austrittsdrohungen haben nur dann Sinn, wenn die Partei mit Sicherheit damit
rechnen kann, dass sie auch erfolgen. Sie muessen auch manifestiert werden,
muessen mit klaren Fristen versehen werden. Wenn bis zu einem bestimmten Tag
die Verhandlungen mit der VP nicht beendet werden, zieht sich diese und jene
Gruppe ... von den Gruenen geschlossen zurueck. Dies muss auch keine gesamte
Beendigung des Gruenen Projekts bedeuten, es koennte viel mehr der Beginn
eines neuen sein. Man koennte sich ja gegebenenfalls unter der Bezeichnung
"Linke Gruene" wieder treffen und damit auch politisch auftreten. Die
Trennung waere ehrlicher und wuerde die gesamte Partei nicht
notwendigerweise als entsetzlich unpolitischen und idelogielosen Haufen
dastehen lassen.
*Fritz Pletzl*


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