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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 3. Dezember 2002; 14:51
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Steuern:

> Oesterreich hat gewaehlt. Was nun?

Aussendung der "Steuerininitiative im OeGB"

Der Wahlkampf hat gezeigt, dass die Steuer- und Abgabenpolitik der
Eckpfeiler der Wirtschaftspolitik ist und auch in der Zukunft bleiben wird.
Diesen Aspekt hat die Steuerinitiative in der Vergangenheit immer wieder
betont und ihre Forderungen davon abgeleitet. Sei es in Fragen der
Pensionssicherung, der Aufrechterhaltung eines leistungsfaehigen
Gesundheitswesens fuer alle Buerger, der Funktionstuechtigkeit des
oeffentlichen Dienstes, der Aus- und Weiterbildung, der Bekaempfung der
Arbeitslosigkeit und der Armut oder in der Frage einer Lohnsteuerreform:
Immer wieder geht es um das Steuergeld!

Alle Parteien haben uns sichere Pensionen versprochen. Was heisst jedoch
sicher? Erzielt man Sicherheit durch Anhebung des Pensionsalters, durch
Erhoehung der Beitraege oder ist damit gar an eine Kuerzung der
Pensionshoehe gedacht? Bedeutet Sicherheit die Aufgabe oder Zurueckdraengung
des bewaehrten Umlagesystems zu Gunsten eines Kapitaldeckungssystems? Haben
sich die WaehlerInnen tatsaechlich fuer diese Art einer Pensionssicherung
entschieden? Aus Sicht der Steuerinitiative wird die entscheidende Frage
sein, ob die Steuerpolitik der neuen Regierung darauf abzielen wird, diese
Pensionen durch eine Umverteilung der gesellschaftlichen Wertschoepfung von
oben nach unten zu finanzieren!

Die Parteien haben uns die Sicherung des Gesundheitswesens versprochen. Wir
brauchen mehr Geld dafuer, weil wir laenger leben und somit auch laenger
gepflegt oder medizinisch betreut werden muessen. Wird die neue Regierung
bereit sein, unser Gesundheitswesen ueber eine strukturelle Aenderung des
Steuersystems zu sichern und zu finanzieren oder aber wird Sicherheit in
diesem fuer uns alle wichtigen Bereich heissen, dass Leistungen gekuerzt
oder so verteuert werden, dass sie nicht mehr fuer alle BuergerInnen
zugaenglich bzw. leistbar sind?

Die Arbeitslosigkeit soll bekaempft werden. Bedeutet dies, dass die neue
Regierung die Arbeitslosen bekaempfen wird, indem sie ihre Bezuege kuerzen,
die Bestimmungen der Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes verschaerfen
bzw. das Ausraeumen der Versicherung zur Budgetsicherung fortsetzen wird?
Oder aber wird die neue Regierung dafuer Sorge tragen, dass genuegend
Steuergeld fuer die berufliche Qualifikation der Arbeitslosen zur Verfuegung
gestellt werden kann, dass die Lohnnebenkosten gesenkt werden, ohne dass es
zu einem Absinken der sozialen Leistungen kommt? Wird die neue Regierung, um
diese notwendige Finanzierung zu gewaehrleisten, die Wertschoepfungsabgabe
einfuehren, eine Abgabe, die jene Firmen steuerlich beguenstigt, die
Arbeitsplaetze schaffen und erhalten, und die jene mehr besteuert, die
Arbeitsplaetze vernichten, dabei die Gewinne jedoch maximieren? Wofuer haben
sich dieOesterreicherInnen am Wahltag entschieden?

Bildung und Ausbildung soll ein Schwerpunkt der Regierungsarbeit sein.
Bedeutet das die Errichtung eines Zweiklassen-Bildungssystems, in dem die
Kinder der Wohlhabenden an teuren Privatschulen und Spezialuniversitaeten
ihren beruflichen Erfolgsweg beginnen und der uebergrosse Rest der
Bevoelkerung seinen Werdegang in weniger gut geruesteten oeffentlichen
Schulen und Universitaeten, deren Besuch immer hoehere Kosten verursacht,
beginnt? Wird die Finanzierung der Bildung zur Privatsache am freien Markt
werden oder nach wie vor eine vorrangig staatliche Aufgabe bleiben, welche
die Chancengleichheit und den freien Zugang zu einem qualitativ hochwertigen
Bildungswesen fuer alle BuergerInnen gewaehrleistet? Moderne europaeische
Volkswirtschaften brauchen eine jaehrliche Steigerung des
Bruttoinlandsproduktes von ca. 2,5% um die gegebene Zahl von Arbeitsplaetzen
zu sichern. Andernfalls fuehrt die Produktivitaetssteigerung zur Vermehrung
der Arbeitslosigkeit. Das bedeutet, dass in einem Land mit hohen sozialen
Standards die Bekaempfung der Arbeitslosigkeit nur erfolgreich sein kann,
wenn es gelingt die berufliche Qualifikation zu steigern. Wird die neue
Regierung unter dem bildungspolitischen Schwerpunkt die Privatisierung des
Bildungsbereichs und die Kuerzung staatlicher Mittel dafuer verstehen oder
aber wird sie dafuer sorgen, dass der Staat ueber jene Mittel verfuegen
kann, die er fuer die Aufrechterhaltung unseres international angesehenen
Bildungswesens sowie fuer die Bekaempfung der Arbeitslosigkeit braucht? Wie
werden die Parteien den Waehlerauftrag deuten?

Wir leben in einem der reichsten Laender der EU und der Welt. Trotzdem
steigen seit 20 Jahren die Gewinne schneller als die Loehne, hatte
Oesterreich heuer die geringsten Lohnsteigerungen aller EU- Staaten,
besitzen 10% der Bevoelkerung an die 50% des Volksvermoegens, tragen die
kleinen Leute anteilsmaessig am meisten zum Steueraufkommen der Republik
bei. Und trotzdem sind 13% der Bevoelkerung armutsgefaehrdet. Die Steuer-
und Abgabenpolitik ist der Schluessel zum modernen Wohlfahrtsstaat. Es geht
nicht um die Bekaempfung der Wohlhabenden und Superreichen, sondern um die
Aufbringung der notwendigen Mittel um den Sozialstaat zu sichern. Ein Land
wie Schweden beweist der gesamten EU, dass eine gerechte Besteuerung der
wohlhabendsten Schicht des Landes den Wohlfahrtsstaat nicht gefaehrdet
sondern sichert. Denn der Sozialstaat ist der wirtschaftlich gesehen
konkurrenzfaehigste Staat!

Wird die neue Regierung die notwendigen Schritte setzen um die neoliberale
Umverteilung von Arm zu Reich zu verhindern und um die oeffentlichen
Aufgaben des Staates erfuellen zu koennen? Wird sie die notwendigen
Massnahmen dafuer im Inland ergreifen und im Rahmen der EU auf deren
Umsetzung draengen? Wird diese neue Regierung verstehen, dass das
Waehlervotum, welches auf den Versprechen der einzelnen Parteien beruht, ein
Auftrag ist, den es umzusetzen gilt? Aus der Sicht der Steuerinitiative gibt
es nur eine Moeglichkeit, die Wahlversprechen auch tatsaechlich umzusetzen.
Wir brauchen eine Reform des Steuersystems, eine Reform, die sich an
folgender Schwerpunktsetzung orientiert:

* Einfuehrung einer Wertschoepfungsabgabe
* Steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit
* Oekologischer Umbau des Steuersystems
* Senkung der Lohnnebenkosten ohne Gefaehrdung des bestehenden Sozialsystems
* Anhebung von Vermoegens- und Gewinnsteuern (mindestens auf das
Durchschnittsniveau der EU-Staaten)
* Besteuerung von Stiftungen im Ausmass von Arbeitseinkommen
* Besteuerung von Finanzspekulationen, um das Kapital in die produktive
Wirtschaft zu lenken (Tobintax)

Die Versprechen der Politiker werden wir auch nach der Wahl nicht vergessen!
Am notwendigen Umbau des Steuersystems, daran, welche steuerpolitischen
Lenkungseffekte die neue Regierung setzen wird, werden wir ihre Arbeit
beurteilen.

Weitere Informationen erhalten Sie auf http://www.steuerini.at oder bei
Steuerinitiative im OeGB, Gerhard und Hans Kohlmaier, Doelterg. 5/4/7, 1220
Wien, Mail: gerkohl@yahoo.com

***

Anmerkung des LayOuters: Dieser Text wurde am Wahltag um 16 Uhr versandt.
Haetten die Autoren gewusst, wie die Wahl ausgehen wuerde, haette der Text
vielleicht anders ausgesehen. Schuessels diesbezuegliche Versprechen waren
ja nicht gerade sehr weitgehend...


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