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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 12. November 2002; 14:56
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Neuquahlen/Debatte:

> Wer nicht waehlt, hat von vornherein Schuessel gewaehlt!

"Wenn man also glaubt, dass Wahlen etwas veraendern koennen, und wenn man
glaubt, dass die Gruenen in der Regierung gegen die SPOe, den
Beamtenapparat, das Kapital, die EU und ihr eigenes Realo-Denken zumindest
ein bisserl was von dem durchsetzen koennen, was in ihrem Programm steht,
sind sie sicher waehlbar." So schreibt Bernhard Redl in "akin" 27/02 in
seiner "Rezension des Gruenen Wahlprogramms".

Dieser Feststellung, dass die Gruenen bei freundlicher Betrachtung durchaus
am 24. waehlbar sind, kann ich nichts ueberzeugend entgegenstellen,
kandidiere ich doch bei den Gruenen und mit dem 7.Platz auf der Wiener
Landesliste bin ich bei guenstigem Wind, d. h. im Falle einer Gruenen
Regierungsbeteiligung, nicht ganz ohne Aussicht, ins Parlament einzuziehen.

Dennoch will ich die Sache hier grundsaetzlicher angehen. Auch im "akin"
wurde ja schon die Frage diskutiert, ob es einen Sinn macht, zur Wahl zu
gehen, oder ob der ganze parlamentarische Zauber nicht einfach zu ignorieren
sei?

Hierzu zwei Anmerkungen:

Wir duerfen nicht vergessen, dass die Nazis 1933 in Deutschland durch
Parlamentswahlen an die Macht gekommen sind und dass die ersten Gesetze zur
Ausschaltung der demokratischen Kraefte (z. B. Ermaechtigungsgesetz) im
Parlament beschlossen wurden. Auch Wahlen koennen ganz entscheidend Weichen
stellen. Und so war bei unseren letzten NR-Wahlen, wo durch die OeVP dann
eine rechtspopulistische, rechtsextreme und allarmierende praefaschistische
Tendenzen in sich tragende Partei in die Regierung gehievt wurde. Und so
wird es auch jetzt wieder sein. Wer am 24. zuhause bleibt, verhindert eine
fuer die oesterreichische Bevoelkerung politisch nicht bedeutungslose Wende
und unterstuetzt von vorn herein das schwarz-blaue Establishment. Und fuer
die DurchschnittspensionsbezieherInnen, die Lehrstellensuchenden, den
berufstaetigen Single, die StudentInnen, Kulturschaffenden und manche
andere ist es nicht gleichgueltig, ob Schwarz-Blau wiederum an die Macht
kommt oder ob es eine andere Regierungskoalition (z. B. Rot-Gruen als das
"kleinste Uebel") geben wird.

Spielbein und Standbein

Also es ist wichtig - auch fuer die Leute aus der autonomen und
anarchistischen Szene - zur Wahl zu gehen und eine Partei aus dem Spektrum
zwischen den Gruenen, der SPOe oder KPOe und der Sozialistischen
Linkspartei zu waehlen. Wer aber nicht zur Wahl geht, hat auf alle Faelle
Schuessel gewaehlt!

Und aus meiner Sicht macht es auch Sinn, die Gruenen und somit auch mich zu
waehlen. Ich weiss wohl von der rudimentaeren Wirksamkeit eines vielleicht
einsamen linken Parlamentariers, doch kann meine Praesenz eine kleine, aber
letztlich nicht ganz unwesentliche atmosphaerische Veraenderung und in
begrenzten Faellen sogar konkrete Hilfe und Interventionen bewirken.
Inhaltlich ist heute, nachdem ich den Bereich der Kultur- und Kunstpolitik
eher verlassen habe, Sozialpolitik - vor allem eine Politik fuer und mit
aeltere(n) Menschen - meine Sache. Auch vertrete ich, wo immer es mir
moeglich ist, die Position einer System- und Institutionen-Kritik (so auch
in Bezug auf die repraesentative Demokratie und auf die Form der
herkoemmlichen Parteien) und halte nach wie vor systemueberschreitende bzw.
systemsprengende Reformen (z. B. in der Arbeitswelt) fuer unumgaenglich.

Ich habe bisher nie den Kontakt zur ausserparlamentarischen Opposition und
zu einer direkten Politik der Strasse verloren und ein parlamentarischer
Background gibt mir fuer diese Strategie zumindest geringfuegig erweiterte
Moeglichkeiten. Wichtig war und ist mir noch immer die Standbein-
(Institutionen) und Spielbein- (Bewegungen, APO) Strategie. Auch freue ich
mich heute schon auf die Tiraden von Khol & Co inbezug auf meine Person.
Manche Kostproben hiervon konnte ich ja schon - zuletzt bei der
FPOe-Kampagne gegen meine Vorlesung an der Uni zu dem Thema "Die neue Kultur
des politischen Widerstands" - erleben.

Abschliessend moechte ich aber noch betonen - und das soll mein bisher
Gesagtes in ein richtiges Licht ruecken - mein zentrales Anliegen wird eine
Gruene SeniorInnenpolitik sein und das wird in einer Partei, die sich so
gerne als die Partei des juengeren urbanen Mittelstandes stilisiert,
wirklich wichtig sein. *Dieter Schrage*


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