**********************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch
mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright
als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
**********************************************************
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 11. Juni 2002; 18:07
**********************************************************

Justizia, die Blinde:

> Freispruch fuer den Polizisten, der Imre B. erschoss

Am Dienstag, 4. Juni 2002 fand der Prozess gegen den Polizisten
statt, der am 19. Mai 2000 Imre B. erschoss. Nach zweistuendiger
Verhandlung und Befragung von zwei Zeugen wurde der beschuldigte
Polizist schliesslich vom Vorwurf der "fahrlaessigen Toetung" von
Richterin Anja Zisak am Bezirksgericht Fuenfhaus in Wien
freigesprochen. Der Staatsanwalt legte Nichtigkeitsbeschwerde
ein, das Urteil ist nicht rechtskraeftig.

Die Richterin erwaehnte bei ihrer Urteilsverkuendung, dass die
Beamten sich in einer Suchtgiftamtshandlung befanden (Anm: weder
bei dem Toten noch in seinem Auto wurde Suchtgift gefunden) und
erwaehnte noch mal die Anklage, in der festgehalten wird, dass
der Beamte den Finger fahrlaessig am Abzug gehalten haette.
Eigenen Angaben zufolge - es gibt keine weiteren ZeugInnen -
haette der Beamte, der Imre B. erschoss, den gekruemmten Finger
nicht am Abzug gehabt, sondern die Waffe mit gestrecktem Finger
gehalten. Es koenne jedenfalls nicht nachgewiesen werden, dass
der Finger am Abzug war. "Wo der Finger am Abzug war, kann nur
der Beschuldigte sagen. Und dass es so einen Reflex gibt, wurde
in einem Gutachten bewiesen," meinte die Richterin. Der
Sachverstaendige Wolfgang Denk haette eindeutig bestaetigt, dass
es zu Reflexen kommen kann. Es sei daher nicht auszuschliessen,
dass der Angeklagte beim Oeffnen der Tuere reflexmaessig
abgedrueckt haette und "keineswegs bewusst".

Als Begruendung fuer den Freispruch gab die Richterin an, dass
die Strafprozessordnung (StPO) eine strenge Beweislast verlange.
Wenn nicht ohne Zweifel entschieden werden koenne, bliebe nur ein
Freispruch.

Lediglich der Umstand, dass der Angeklagte Imre B. nicht mit der
Dienstwaffe, sondern mit seiner Privatwaffe erschossen hat, zeige
einen "nicht ganz sorgfaeltigen Gebrauch mit Waffen."

Zivilrechtsklage gegen Republik Oesterreich

Die Kinder von Imre B. (11 und 13 Jahre) schlossen sich als
Privatbeteiligten der Klage gegen den Beamten mit einer Forderung
von 1.000 Euro Schmerzensgeld und Unterhaltsleistungen an. Ihr
Vater Imre B. war zur Unterhaltleistung verpflichtet und kam
dieser bis zu seinem Tod auch nach. Die Anwaeltin der Kinder
verfuegt vor Gericht als Opfervertreterin ueber so gut wie keine
Rechte und ist nicht befugt, Einspruch gegen das Urteil zu
erheben. Die Anwaeltin kuendigte jedenfalls an, eine
Zivilrechtsklage gegen die Republik Oesterreich zu fuehren, um
zumindest den Anspruch auf Unterhalt fuer die Kinder zu
erstreiten. Die Republik Oesterreich haftet als Dienstgeberin des
Todesschuetzen bei Amtshandlungen. *no-racism.net*
 

**********************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1010 wien, wipplingerstrasze 23/20
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, buero mo + di)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
Redaktion: akin.buero@gmx.at
Abo: akin.abo@gmx.at
http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000, 223-102-976/00, Zweck: akin