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Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 9. April 2002; 16:29
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Prinzipielles:

>VERBOTEN!

Schweigen kann ja nicht der Weisheit letzter Schluss sein, auch
wenn mir angesichts der gegenwaertigen Weltlage eigentlich die
Worte fehlen.

Was sich im Moment zwischen Israel und Palaestina abspielt, ist
grausam, grauenhaft und die logische Folge der Fehler der
Vergangenheit. Die Bibel hat doch recht: Die Suenden der Vaeter
leben fort bis ins siebente Glied. Es sind interessanterweise
nicht die Suenden der Muetter.

Alle MitspielerInnen in diesem Spiel mit toedlichem Ausgang
folgen einer wohlbekannten Dramaturgie (wie die USA nach dem
11.September): Das Drehbuch sieht vor: Auge um Auge, Zahn um
Zahn, so muss es sein. So ist es dann auch. Die Dramaturgie sieht
vor: Sieger, Helden, tote Feinde, High Noon unter heisser
Wuestensonne. Und so wird's gespielt. Hochgeruestet bis an die
Zaehne der eine Feind, flink, gelenkig und clever der andere
Feind. Hochmotiviert sind beide, weil sie wissen, dass diese
letzte Anstrengung auch die letzte Schlacht vor dem Paradies sein
wird.

Aber in Wien?

Kritik ist nicht erlaubt.

Kritik an Israel ist in der Kultusgemeinde nicht erlaubt, wie in
den Tagen des Stalinismus Kritik an der Sowjetunion nicht erlaubt
war. Weil es sich erstens sowieso um Propaganda des Feindes
handelt und weil Mann und Frau nur entweder fuer oder gegen die
Sowjetunion sein kann. Wer fuer die Sowjetunion ist, darf nicht
kritisieren, um dem Feind nicht zu helfen, und wer kritisiert,
ist automatisch ein Feind.

Kritik an den Palaestinensischen KaempferInnen und PolitikerInnen
ist nicht erlaubt, weil sie sowieso nur feindliche Propaganda
ist. Denn wer Palaestina kritisiert, ist automatisch ein Feind.

Menschen, die wollen, dass die beiden Seiten miteinander reden
sollen, sind FeindInnen beider Seiten, Verraeter und
Verraeterinnen an der guten, richtigen und gerechten Sache.
Geredet darf nicht mehr werden. Es koennt sich ja um Kritik
handeln.

Miteinander gegen was Drittes sein (Wehrmachtsausstellungs-Demo)
ist auch nicht mehr erlaubt. Es kann doch nicht angehen, dass ich
mich in einer Demo neben jemandem finde, der in Bezug auf Israel
oder Palaestina womoeglich eine andere Meinung hat als ich. Ist
auch verboten.

Wie war das seinerzeit bei Zwentendorf, da waren ja auch Rechte
in der Demo? Machen wir das alles jetzt rueckgaengig? Muessen wir
jetzt fuers AKW sein, weil Nazis damals dagegen waren? Und
muesste nicht jemand, der fuer Israel ist, jetzt auch automatisch
fuer die Apartheid sein? Schliesslich hat Israel die
suedafrikanische Apartheid-Regierung unterstuetzt.

Wenn wir all das konsequent ueberdenken und unsere Positionen
entsprechend einrichten, dann kommen wir zu ganz unglaublichen
Kehrtwendungen: Jeder Christenmensch ist dem
Vatikan verpflichtet, auch wenn er/sie einer amerikanischen
Methodistengemeinde angehoert. Schliesslich ist laut
Kultusgemeinde - aber auch laut den UnterstuetzerInnen der
Intifada - jeder juedische Mensch dem Staat Israel verpflichtet.
Darum brennen wieder Synagogen.

Ich dachte, dass wir inzwischen ein Stueckchen weiter gekommen
sind, aber nein, wir sind wieder einmal so weit: Schwarz/weiss
ist die Welt, hier sind die
Guten, das sind wir, und die andern sind die Boesen. Und jeder
Mensch, der nur einen leisen Zweifel
anmeldet an dieser Weltsicht, der ist einer von den
Boesen. Kritik und Zweifel nuetzen nur dem Feind und sind daher
verboten.

VERBOTEN!

*Ilse Grusch*

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