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Aussendungszeitpunkt:   Dienstag, 27. November 2001;15:59
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Gewerkschaft:

>Nur mit gutem Pass
Die AUGE hat auf dem letzten Privartangestellten-Gewerkschaftstag vehement gegen die
neue GPA-Geschaefts- und Wahlordnung argumentiert, deren Alternativ-Antraege wurden
allerdings mit erdrueckender Mehrheit der sozialdemokratischen und christlichen
GewerkschafterInnen (meist Betriebsratsmitglieder) niedergestimmt. Diese Antraege
verlangten die Abschaffung der Sonderrechte fuer Betriebsratsmitglieder in der GPA,
weil diese Nicht-EWR-Mitglieder, atypische und erwerbslose Mitglieder in bestimmten
wichtigen GPA-Organen (Organe der sog. Wirtschaftsbereiche) von allen Wahlrechten
ausschliessen, wenn im Betrieb dieser Mitglieder ein Betriebsrat existiert. Denn wenn
ein Betriebsrat existiert, dann vertreten die GPA-Angehoerigen des Betriebsrats
automatisch die Gewerkschaftsmitglieder des Betriebs. Da das passive Wahlrecht aber
immer noch an "bessere" europaeische Staatsbuergerschaften gebunden ist, koennen
Nicht-EWR-Mitglieder keine Funktionen in diesen Organen uebernehmen.

Einzige Chance fuer einfache Nicht-BR-Mitglieder in Betrieben mit BR, in ein
GPA-Organ zu kommen, besteht daher in den GPA-Bezirksforen,
GPA-Interessengemeinschaften und GPA-Themenplattformen.

In den GPA-Bezirksforen (frueher Ortsgruppenversammlungen) wurden jedoch bisher nur
fraktionell, unter Betriebsratsmitgliedern aufgeteilte Einheits-Wahlvorschlaege zur
Wahl gestellt, bei denen einfache Nicht-BR-Mitglieder immer wieder zu kurz kamen. Die
Huerden der GPA-Geschaefts- und Wahlordnung zur Einbringung eines eigenen
Wahlvorschlages mit ueberwiegend Nicht-BR-Mitgliedern (z.B. auch
Nicht-EWR-MigrantInnen, Atypische oder Erwerbslose) auf den Bezirksforen koennen ohne
BR-Unterstuetzung praktisch nicht genommen werden. *Rolf Nagel, AUGE / bearb.*

*

Kommentar:

Die Gewerkschaftsbeamten

Die Geschichte mit den Betriebsraeten waere nicht so interessant, wenn sie nicht
Licht auf ein spezielles Problem wuerfen: Die strukturelle Gemangelage von
Gewerkschaft, Arbeiterkammern und Betriebsraeten! Das eine ist ein privater Verein,
die anderen beiden Institutionen beruhen auf staatlichen Gesetzen. Das waere kein
Problem, wenn die Arbeitswelt so waere, wie man sich das halt in relevanten Kreisen
so vorstellt: Gewerkschaftsbuerokraten scheinen immer noch in Kategorien von
hundertprozentiger gewerkschaftlicher Organisation und einer rein oesterreichischen
Arbeitnehmerschaft zu denken. Dem war aber nie so und dem ist auch heute nicht so.

Die Verbandelung von Sozialdemokratie, Staat und Gewerkschaft hat ueber Jahrzehnte
hinweg dazu gefuehrt, dass diese Bereiche immer zusammengewachsen sind. So bestimmen
ja auch die AK-Wahlen die Kraefteverhaeltnisse im OeGB mit; genauso wie die Zahl der
Betriebsraete, die sich zu einer Fraktion bekennen, darueber entscheidet, ob dieser
Fraktion auch tatsaechlich der offizielle Status einer solchen zugestanden wird. Und
so entsteht auch die absurde Situation, dass ein Betriebsrat, der von allen
Betriebsbediensteten gewaehlt wurde, die Gewerkschaftsmitglieder in den Gremien zu
vertreten hat. Bei einer abflauenden Organisationsdichte muss dies natuerlich zu
Verschiebungen bei den Meinungsbildern innerhalb der Gewerkschaftsorgane fuehren.

Wie weit das Denkmodell einer offizioesen Organisation von der Gewerkschaft gediehen
ist, zeigt auch die Reaktion eines GPA-Funktionaers auf die diesbezueglichen Proteste
der AUGE: "Dort wo die Delegierten des Gewerkschaftstages Gremien, die Betriebsraeten
vorbehalten bleiben, beschlossen haben, gibt es in der GPA ebenfalls keine wie immer
geartetete Unterscheidung nach Nationalitaet. Ein Ausschluss, fuer Angehoerige aus
Staaten die nicht der EU, dem EWR oder Staaten mit Assoziationsabkommen angehoeren,
ergibt sich faktisch aber dadurch, dass es uns noch nicht gelungen ist das
Arbeitsverfassungsgesetz dahingehend zu aendern, dass alle auslaendischen
ArbeitnehmerInnen, auch passives Wahlrecht bei Betriebsratswahlen haben" heisst es in
einem Antwortbrief. Dass aber das Statut der GPA weder vom Bundesgesetzgeber bestimmt
wird noch ein unabaenderliches Naturgesetz ist, sondern ganz allein Sache der
Gewerkschaft und allerhoechstens noch des Dachverbands OeGB, uebersieht man
geflissentlich.

Wie weit es die Gewerkschaftsbuerokratie noch hat, bis sich in allen Bereichen bis
hin zum OeGB-Bundesvorstand tatsaechlich das immer wieder geforderte Prinzip der
Direktwahl durchgesetzt, ist an derlei Aussagen leider nur zu gut abzulesen.
*Bernhard Redl*


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